Sonntag, 3. Februar 2019

Gelbwesten: Der Palast erwägt Referendum als Ausweg

Macron hat Grund, sich vor der neuartigen Opposition zu fürchten. Auch wenn die Teilnehmerzahl beim gestrigen Acte XII laut offiziellen Angaben zurückging

Gerüchte aus dem Präsidenten-Palast bestätigen, dass der Staatschef die Möglichkeit eines Referendums erwägt, um einen Ausgang aus der Krise der Gelbwesten zu schaffen. Das berichtet heute der Figaro mit Berufung auf die Zeitung Journal du Dimanche (JDD). Dort ist zu erfahren, dass das Innenministerium bereits mit Druckerei-Betrieben und Papierhändlern Kontakt aufgenommen habe.

Als Datum des Plebiszites hatte Macron den 26. Mai ins Spiel gebracht. An diesem Tag findet die Wahl zum EU-Parlament statt, organisatorisch würde das also passen. Allerdings ist gar nichts sicher. Macron sei von diesem Szenario - die EU-Parlamentswahl mit einem Referendum zu kombinieren - "fast überzeugt", steht in der Sonntagszeitung. Deren Überschrift ist pure Regenbogenpresse: "Macron, das geheime Referendum".

Die Wirklichkeit dazu sieht so aus: Macron ist im Wahlkampf. Ähnlich wie sein Freund Trump erinnert er sich angesichts der Schwierigkeiten, in denen er politisch steckt, an die Zeit, als er groß gehandelt wurde. Er versucht, an den Triumph des Wahlkampfes anzuknüpfen. Seit die Gilets jaunes mit Wucht auf die öffentliche Meinung einwirken, regiert Macron nicht mehr, sondern ist in den Wahlkampfmodus zurückgekehrt, wie Beobachter feststellen (siehe hier, etwa ab Minute 40).

Tatsächlich ist nichts bekannt über eine Fragestellung - nichts, nicht einmal eine Andeutung. Es ist bislang bloßer Bluff, ein Spiel mit einer Hauptforderung aus den Protesten. Macron erwähnte die vage Möglichkeit, ein Referendum abzuhalten, bei seinen abgehobenen Konfessionen gegenüber ausgewählten Journalisten, die ihn in der vergangenen Woche im Elysée-Palast besuchen durften. Nun schaut man, ob von Quellen im Palast noch mehr zu erfahren ist.

mehr:
- Gelbwesten: Der Palast erwägt Referendum als Ausweg (Thomas Pany, Telepolis, 03.02.2019)



siehe auch:
The French police’s brutality against the gilets jaunes can no longer be denied (New Statesman, 30.01.2019)
- Menschenrechtskommissarin untersucht französische Polizeigewalt (AchGut.ch, 30.01.2019)
- Gelbwesten-Update – Macrons Gewaltexzesse (Übersicht über Artikel, Blauer Bote, 27.01.2019)

Das gute Leben

Evaluation Soziales Feedback wird großgeschrieben: Mit unorthodoxen Mitteln feiert eine Berufsschule in Hameln Erfolge

Die Schultoilette ist stets ein Ort mit Aussagekraft. Wenn im niedersächsischen Hameln die Schülerinnen und Schüler der Elisabeth-Selbert-Berufsschule in der Pause diesen Ort aufsuchen, betreten sie einfache, aber saubere Sanitärräume. Keine demolierten Spülkästen, keine Kritzeleien an den Wänden, offensichtlich hat es hier niemand nötig, in unbeobachteten Momenten seine Wut mit Gewalt auszuagieren. Denn vieles an dieser Berufsschule mit knapp 2.000 Schülern läuft besser. Schülern, die an anderen Schulen scheiterten, gelingen hier oft erstaunliche Erfolge. Wie schafft diese Schule das?

Berufsschulen sind ein Sammelbecken, das Angebot der Bildungswege ist umfangreich. Zu den Berufsfeldern der Elisabeth-Selbert-Berufsschule gehören Hauswirtschaft und Ernährung, Agrarwirtschaft, Sozialpädagogik, Gesundheit und Pflege. Hier lernen nicht nur angehende Bäcker und Friseurinnen ihr Handwerk oder Hotelfachfrauen und Ergotherapeuten ihren Beruf, es gibt viele verschiedene Bildungsgänge: vom Hauptschulabschluss, den man nachholen kann, bis zum Abitur. Vom Erwerb grundlegender Kenntnisse in der deutschen Sprache bis zur Ausbildung in modernen, von Digitalisierung geprägten Handwerks- und Dienstleistungsberufen.

mehr:
- Das gute Leben (Gunhild Seyfert, der Feitag, 03.02.2019)

Vier Kriege werden um Venezuela gefochten

Der Machtkampf um das südamerikanische Land verläuft auf vielen Ebenen - und ist noch lange nicht entschieden

Der Krieg um Venezuela ist in vollem Gange - und er wird bislang vor allem psychologisch geführt. Gut eine Woche nach seiner bislang gescheiterten Machtübernahme lanciert der selbsternannte "Interimspräsident" Juan Guaidó täglich neue Meldungen, mit denen er den vermeintlichen Zuwachs seiner Unterstützerbasis zu belegen versucht.

Präsident Maduro trat am Samstag indes vor hunderttausenden Anhängern auf und beschuldigte die Teile der Opposition, die hinter Guaidó stehen, mit Hilfe der USA einen Staatsstreich organisieren zu wollen. Seine Gegenspieler machen es ihm dabei nicht allzu schwer.

Sie traten bei einer parallelen Großdemonstration am Samstag im wohlhabenden Osten von Caracas unter einer riesigen projizierten US-Flagge auf und bejubeln offene Gewaltdrohungen von US-Vertretern gegen die amtierende Regierung des südamerikanischen Landes. Dennoch ist der Kampf um Venezuela auch in der zweiten Woche nach Guaidos versuchter Selbstinthronisierung noch lange nicht entschieden.

Auch wenn Venezuela das Ziel ist, wird die Auseinandersetzung vor allem auf der internationalen Bühne geführt. Mexiko, Uruguay und die Karibische Gemeinschaft (Caricom) laden in einigen Tagen nach Montevideo zu einer Vermittlungskonferenz ein. Der Staatenverband positioniert sich damit - von der westlichen Presse weitgehend ignoriert - gegen rechtsgerichtete Regierungen der sogenannten Lima-Gruppe, die sich nach dessen Selbstausrufung umgehend auf die Seite Guaidós geschlagen haben.

Vertreter von Guaidó führen von Washington aus derweil mit Unterstützung einiger US-Abgeordneter, dem Weißen Haus und Diplomaten ihre internationale Kampagne mit dem Ziel weiter, die Regierung Maduro zu stürzen. Carlos Vecchio, der von der US-Regierung als "Geschäftsträger" der "Botschaft" Venezuelas in Washington anerkannt wurde, bezeichnete einen Dialog mit Maduro als reine Zeitverschwendung. Es müsse stattdessen der Druck auf den Straßen, von der Nationalversammlung aus und von internationalen Verbündeten aufgebaut werden.

mehr:
- Diese vier Kriege werden um Venezuela gefochten (Harald Neuber, Telepolis, 03.02.2019)
siehe auch:
Die Imperialistische Intervention in Venezuela: UPDATE 3 (Einar Schlereth’s Blog, 03.02.2019)
Alfred de Zayas: "Venezuela erinnert mich an die Irak-Invasion" (Post, 29.01.2019)
EU-Parlament stimmt für Anerkennung Guaidós (Post, 29.01.2019)
Tagesdosis 28.1.2019 – Der nächste Putsch made in USA (Podcast) (Post, 28.01.2019)
Die venezolanische Krankheit (Sebastian Balzer, FAZ, 07.08.2017)
Warum das Erdöl Venezuela in den Ruin treibt (Christian Steiner, NZZ, 09.05.2017)
- Der Fluch des Öls, diesem „Kot des Teufels“ (WELT, 09.03.2014)

Venezuela- Erdöl und Misere | Mit offenen Karten {12:10}

Doku Underground
Am 31.10.2018 veröffentlicht 
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Wie konnte es in Venezuela so weit kommen? Das Land verfügt über die größten Erdölreserven weltweit. Dennoch stecken Wirtschaft, Politik und Gesellschaft des Landes heute in einer schweren Krise, vor dem Hintergrund zunehmender staatlicher Repression. Von Simón Bolívar über Hugo Chávez bis Nicolás Maduro.
Venezuela verfügt über die größten Erdölreserven weltweit. Dennoch stecken Wirtschaft, Politik und Gesellschaft des Landes heute in einer schweren Krise, vor dem Hintergrund zunehmender staatlicher Repression. Von Simón Bolívar über Hugo Chávez bis Nicolás Maduro - „Mit offenen Karten“ untersucht, wie es so weit kommen konnte.
Magazin (Frankreich 2018, 12 Min)