Dienstag, 5. April 2011

Geschichte des Spinnens

Das Spinnrad war schon im 9. Jahrhundert in Asien (Indien und China) bekannt, gelangte aber erst gegen Ende des 12. Jahrhunderts nach Europa. Im 13. Jahrhundert war das Spinnen mit dem Spinnrad allerdings für viele Zünfte verboten, in manchen Regionen noch bis ins 16. Jahrhundert, da man die hohe Qualität der Garne schützen wollte, die mit einer Handspindel gefertigt wurden. Berichte besagen, dass die mit dem Spinnrad gesponnene Wolle zu schwach, ungleichmäßig und knotig gewesen sei. Im 18. Jahrhundert wurden die ersten Spinnmaschinen entwickelt: 1764 die »Spinning Jenny«, 1769 die »Waterframe«.


Das Spinnrad betätigten traditionell Frauen, die Spinnerinnen, die sich während der Arbeit häufig Geschichten erzählten. Daher stammen die Begriffe »flachsen« (ursprünglich: »Fasern aus Flachs herstellen«) und »spinnen« (ursprünglich: »Fäden herstellen«), die umgangssprachlich benutzt werden und so viel wie »Unsinn erzählen« oder auch »Märchen erzählen« meinen. Diesem Kontext entspringen auch das »Seemannsgarn«, also die meist sehr fantasievollen Erzählungen der Seeleute, und die Redewendung »den Faden verlieren«. Das Spinnrad ist also zum Symbol des Geschichtenerzählens geworden.
aus dem Brockhaus-Kalender »Abenteuer Geschichte«

Das erste Ghetto Europas

Am 29. März 1516 veranlasste der venezianische Senat, die Juden ausschließlich im Stadtteil Cannaregio anzusiedeln. Die Insel nannte man »gheto novo«, weil sich dort eine Gießerei (venezianisch: »getto«) befand. Grund für die Ghettoisierung war eine typische antisemitische Stimmung: Seit dem 10. Jahrhundert galten die jüdischen Kaufleute als gefährliche Konkurrenz, selbst die Einreise wurde den Juden bis weit ins 14. Jahrhundert verwehrt. Erst als Venedig dringend Geld brauchte, lockerte man das Verbot. Allerdings mussten die Juden hohe Steuern zahlen und als Stigma erst einen gelben Kreis auf ihrer Kleidung, später dann einen roten Hut tragen.


Das »gheto novo« war eng. Dieses Problem lösten die Eingepferchten, indem sie Hochhäuser mit bis zu neun Etagen errichteten. Allen Widrigkeiten zum Trotz erlebte die jüdische Gemeinde im 16. bzw. 17. Jahrhundert durch den Handel mit Stoffen und Juwelen eine materielle Blüte. Räumliche Freiheit brachte ihnen allerdings erst Napoleon 1797: Der Franzose verlieh den Juden das freie Bürgerrecht. Nach seiner Niederlage kam es jedoch zu einer erneuten Ghettoisierung. Erst 1866 erhielten sie von König Vittorio Emanuele II die absolute rechtliche Gleichstellung.
aus dem Brockhaus-Kalender »Abenteuer Geschichte«