Montag, 5. November 2007

Höhere US-Militärhilfe an repressive Staaten

Nach Angaben des Forschungsinstituts Center for Defense Information haben die USA seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ihre Militärhilfe und Rüstungsexporte an Staaten erhöht, deren Regierungen die Menschenrechte verletzen. Den Angaben zufolge erhielten die 25 verbündeten Staaten in Asien, Afrika und Nahen Osten in den fünf Jahren seit den Anschlägen achtzehnmal so viel Militärhilfe wie in den fünf Jahren vor September 2001. Die Rüstungsexporte der US-Unternehmen an die 25 Länder seien von 72 Millionen Dollar in den fünf Jahren vor 2001 auf drei Milliarden Dollar gestiegen. Nach Auskunft des Forschungsinstituts gibt es in mehr als der Hälfte der 25 Staaten schwere Übergriffe gegen Dissidenten und Minderheiten.

aus Publik-Forum 19/07

Der Film »Ausnahmezustand« (The Siege) mit dem Idar-Obersteiner Bruce Willis verdeutlicht sehr gut das Problematische an der fehlenden Kontinuität amerikanischer Außenpolitik und damit der Militärhilfe. Da dies in der Wikipedia-Inhaltsangabe nicht erwähnt wird: die Sprunghaftigkeit der amerikanischen Außenpolitik ist gerade Anlaß für die Terroranschläge, um deren Aufdeckung es in dem Film u.a. geht.


720 Millionen pro Tag für den Irakkrieg

Nach Berechnungen der Friedensorganisation American Friends Service Committee – sie wird in erster Linie von den pazifistischen Quäkern getragen – kostet der Krieg gegen den Irak die USA täglich 720 Millionen Dollar. Diese Summe umfasse die speziell für diesen Krieg bewilligten Militärausgaben, die Ausgaben für den Irakkrieg im Rahmen der allgemeinen Verteidigungsausgaben, die Kosten für das Ersetzen des im Irak zerstörten Militärgerätes, die Zinsen für die durch den Krieg entstandenen Staatsschulden sowie die langfristige Versorgung der mehr als 25 000 verwundeten Soldaten. Die Befürworter des Irakkrieges reagierten auf die Kostenberechnung nicht direkt. Der Publizist Frederick Kagan vom konservativen Forschungsinstitut American Enterprise Institute in Washington, der als einer der intellektuellen Väter des Irakkrieges gilt, wollte die Kostenrechnung nicht infrage stellen, betonte jedoch, die Kostenfrage sei nicht von Bedeutung, wenn man davon überzeugt sei, dass der Krieg die USA sicherer mache.
aus Publik-Forum 19/07
siehe auch:
- Irakkrieg kostet 720 Millionen Dollar pro Tag (RP Online, 23.09.2007)


aktualisiert am 29.10.2014

Strom und Wärme aus der Tiefe

Energiepioniere unter sich: Erwin Knapek (rechts), Bürgermeister in Unterhaching, mit Bohrungsleiter Eckhart Bintakies vor Deutschlands größtem Erdwärmekraft-
werk




In der bayerischen Stadt Unterhaching wird es bald Strom und Wärme aus der Tiefe des Erdbodens geben. Anfang Oktober ging dort Deutschlands größtes Erdwärmekraftwerk ans Netz. Dabei erwärmt 122 Grad heißes Wasser aus dem bayerischen Molassebecken ein Wasser-Ammoniak-Gemisch, das bereits bei rund 70 Grad eine »vernünftige Verdampfung« aufweist, Dieser Druck treibt eine Turbine an und produziert Strom. Darüber hinaus wird die Wärme genutzt. Insgesamt liefert das Kraftwerk künftig Fernwärme für rund 10 000 Einwohner. Rund 120 Großkunden – darunter vor allem Wohnungshaugenossenschaften und Unternehmen – wurden bereits an die Fernwärme angeschlossen. Die Kosten für das neu errichtete Erdwärmekraftwerk und das ebenfalls neu errichtete Fernwärmenetz belaufen sich auf 70 Millionen Euro.

Diese Summe wird zum Teil vom Bund getragen. Die Anlage befindet sich zu 100 Prozent im Besitz der Stadt und soll über einen Zeitraum von 20 Jahren abgeschrieben werden. »Bei einer erwarteten Lebensdauer des Kraftwerks von 40 Jahren kann man damit schon Geld verdienen«, sagt Reinhard Galbas, Fernwärmespezialist der Geothermie Unterhaching GmbH. Zudem erspart die Anlage der Umwelt viele schädliche Gase: Jährlich sollen 12 000 Tonnen Kohlendioxid, 7 Tonnen Schwefeldioxid und 11 Tonnen Stickoxid weniger in die Luft geblasen werden, als dies bei einem vergleichbaren Werk mit fossilen Brennstoffen der Fall wäre, so der Hersteller, die Siemens AG.

aus Publik-Forum 19/07

Weil das aber zu schön wäre, profiliert sich unser Rüttgers auf Kosten des Gemeinwohls: siehe den Post darunter:

Rolle rückwärts mit Jürgen Rüttgers

Viele Städte liefern wieder selbst Wasser und Strom, ohne private Anbieter. Nordrhein-Westfalens Regierung will das verhindern
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Von Günter Hoffmann

Die Mischung von Demonstranten vor dem Düsseldorfer Landtag im Frühjahr dieses Jahres war bunt. Führende CDU-Kommunalpolitiker marschierten Seite an Seite mit Sozialdemokraten und Grünen, kommunale Arbeitgeber gemeinsam mit Vertretern der Gewerkschaften. Mehr als 25 000 Menschen demonstrierten gegen die geplante Änderung der Gemeindeordnung. Vergebens. Am 1. Januar tritt ein Gesetz in Kraft, das die wirtschaftliche Tätigkeit der Städte und Gemeinden zugunsten der Privatfirmen drastisch einschränkt. »Privat vor Staat« begründet Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, der sich gerne als soziales Gewissen seiner Partei präsentiert, dieses Gesetz. Für seinen Parteifreund Herbert Napp, den Bürgermeister von Neuss, wird diese Reform dagegen »zum Tod der Kommunalwirtschaft in allen Bereichen führen«.

Die Gesetzesnovelle kommt just zu einem Zeitpunkt, an dem in vielen Rathäusern ein radikales Umdenken einsetzt. Bisher galt es für viele Lokalpolitiker als nahezu selbstverständlich, das Haushaltsdefizit durch den Verkauf ihrer kommunalen Kliniken, Stadtwerke, Müllentsorgung oder Wohnungsbaugesellschaften zu sanieren vorausgesetzt, der Widerstand der Bürger vereitelte nicht ihre Pläne. Doch die Erfahrungen mit der Privatisierung zwingen inzwischen immer mehr Kommunalpolitiker zum Umdenken. Denn es erwies sich häufig als Trugschluss, dass die privaten Betreiber kompetenter, effizienter und kostengünstiger als die eigene Verwaltung seien. Im Gegenteil. Die Verkaufspreise und die hohen Renditeerwartungen der privaten Anbieter führten häufig zu einem sprunghaften Anstieg der Gebühren und Preise, trotz schlechter oder reduzierter Leistungen. Und wo sie günstiger als die kommunalen Betriebe arbeiten, geschieht dies häufig auf Kosten der Mitarbeiter; unbezahlte Überstunden, gekürzte Urlaubszeiten und Stundenlöhne zwischen vier und sechs Euro sind keine Ausnahme mehr.

Vor sechs Jahren begannen die ersten Kommunen damit, ihre privatisierten Betriebe wieder zu rekommunalisieren. Zu einer der Pionierstädte gehört die 52 000-Einwohner-Stadt Bergkamen in Westfalen. Bereits 2001 verstaatlichte die Verwaltung ihre Stadtreinigung. 2004 folgten Strom-, Gas- und Fernwärmeversorgung und im Sommer 2006 die Müllentsorgung. »Dutzende Male hatten wir die Rekommunalisierung der Müllentsorgung durchgerechnet und kamen dann zu dem Ergebnis, dass wir dieselben Leistungen günstiger anbieten können«, so Bürgermeister Roland Schäfer (SPD). Die Kommune kündigte die Verträge mit dem privaten Entsorger, gründete die Entsorgungsbetriebe Bergkamen und investierte rund 1,6 Millionen Euro in neue Fahrzeuge. Seit dem 3. Juli 2006 sorgen 21 städtische Mitarbeiter dafür, dass die Mülltonnen pünktlich geleert werden. Während der ehemalige private Entsorger für diese Leistung rund 1,1 Millionen Euro verlangte, erbringt die Stadt die gleiche Leistung jetzt für 770 000 Euro. »Wir wussten, dass wir günstiger sein würden. Aber wir hatten nicht damit gerechnet, dass wir 30 Prozent günstiger sind«, so Schäfer. Und verweist stolz darauf, dass sie Tariflöhne für die Müllarbeiter zahlen. Die Gründe, warum die Stadt so kostengünstig fährt, sind einfach: Sie zahlt keine Umsatzsteuer, keine teuren Vorstandsgehälter und muss lediglich kostendeckend arbeiten, während private Unternehmen Gewinne für die Eigentümer erwirtschaften müssen. Auch für die Bevölkerung zahlt sich der Eigentümerwechsel aus. So haben die Entsorgungsbetriebe Bergkamen inzwischen ihr Angebot an Dienstleistungen erweitert und gleichzeitig die Müllgebühren um rund elf Prozent gesenkt.

Die Rekommunalisierung der Betriebe in Bergkamen wurde zum Vorbild für viele andere Städte und Gemeinden und widerlegte eindrucksvoll die weit verbreitete Meinung: Die öffentliche Hand arbeite zu langsam, zu umständlich und zu teuer. So bringt die Rekommunalisierung der Müllentsorgung im Rhein-Sieg-Kreis eine Kostenersparnis von 800 000 Euro pro Jahr. Die Stadt Leichlingen im Rheinisch-Bergischen Kreis vergab die Müllabfuhr an die kommunale Tochter Avea; Kostenersparnis 370 000 Euro pro Jahr. In der Stadt Herzogenrath sparen die Bürger durch die Rekommunalisierung bis zu 35 Prozent bei Müllgebühren. Und nachdem ein Gericht den Weg für die Verstaatlichung der Müllentsorgung in der Stadt Freudenberg freimachte, bot der private Entsorger einen Preisnachlass von 30 Prozent an.

Die Großstädte Bochum und Dortmund haben mit Gelsenwasser sogar den einst größten Privatkonzern der hiesigen Wasserwirtschaft zurückgekauft. Ebenso erwarb die Stadt Potsdam 2001 ihre Anteile an der Wasserversorgung von einem privaten Konzern zurück, nachdem die Preise in drei Jahren um fast 80 Prozent gestiegen waren. In Fürstenwalde ist die Abwasserentsorgung wieder in kommunaler Hand. Bochum und Hamm investieren in eigene Kraftwerke, weil sie sich der Preispolitik der Stromriesen ausgeliefert fühlen. Und in Dortmund, Elmshorn und Freiburg werden Straßen, Schulen, Kindergärten, Büros und Bürgerhäuser wieder von kommunalen Angestellten gereinigt.

Nach der neuen Gemeindeordnung in Nordrhein-Westfalen dürfen sich die Kommunen nur noch auf dringende öffentliche Kernaufgaben konzentrieren. Aber nicht nur in Nordrhein-Westfalen droht den kommunalen Betrieben Ungemach, sondern auch bundesweit. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft sieht »in der Verstaatlichung einen Rückschlag für die Marktwirtschaft« und will nicht tatenlos zusehen, wie seinen Mitgliedsunternehmen die Aufträge verloren gehen. Er reichte Beschwerde hei der EU-Kommission dagegen ein, dass Kommunalbetriebe im Gegensatz zu den Privatunternehmen von der 19-prozentigen Umsatzsteuer befreit sind. Schützenhilfe erhält der Verband von Hartmut Schauerte, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Auch er will die kommunalen Betriebe mit der Umsatzsteuer belasten.

So weht den kommunalen Betrieben der Wind ins Gesicht. Das weiß auch Bergkamens Bürgermeister Schäfer. Die Stadt will auch die Wasserversorgung wieder in eigener Regie betreiben. »Aber ob und wie uns das gelingt, ist zur Zeit noch offen«, so Schäfer, »denn die neue Gemeindeordnung wird die Möglichkeiten der Rekommunalisierung und die Wirtschaftsaktivitäten der Stadtwerke drastisch einschränken.«

aus Publik-Forum 19/07

Harter Kampf gegen Korruption

Deutschland hat sich in der unrühmlichen Liga der globalen Korruption im vergangenen Jahr zwar nicht verschlechtert, aber auch nicht verbessert. Dies zeigt die Rangliste von Transparency International, die die Organisation jedes Jahr nach der Befragung vieler Experten und nach Berichten von einem Dutzend unabhängiger Organisationen erstellt. Danach belegt Deutschland auf dieser Korruptionsliste wieder den 16. Platz. Die geringste Korruption gibt es in den Ländern Dänemark, Finnland und Neuseeland – sie belegen die Medaillenplätze auf der Liste. Vor Deutschland liegen unter den Industriestaaten aber auch Schweden, Island, die Niederlande, die Schweiz, Großbritannien und Österreich. Dagegen schneiden die USA, Frankreich und Japan schlechter ab. Transparency International kritisiert in Deutschland vor allem die Wechsel von Politikern in Unternehmen, die oft zu zweifelhaften Kooperationen führten. Besonders in der Kritik steht die Deutsche Bahn AG. Der Grund: Mehrere ehemalige Verkehrsminister der Bundesländer haben dem Bahnkonzern vor ihrem Wechsel zur Deutschen Bahn noch milliardenschwere Aufträge zugeschanzt. Konkret kritisiert wird auch der frühere bayerische Verkehrsminister Otto Wiesheu. Er hatte vor seinem Wechsel in den Vorstand der Deutschen Bahn noch als Minister dafür gesorgt, dass im Koalitionsvertrag der Bundesregierung die Privatisierung des Konzerns festgeschrieben wurde. Aus diesen Gründen fordert der Vorsitzende von Transparency International, Hans Jörg Elshorst, schärfere Regeln für Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft.

aus Publik-Forum 19/07