Samstag, 20. Oktober 2018

Das Skripal-Labyrinth

Im „Fall Skripal“ wird die Öffentlichkeit von Politik und Medien belogen und betrogen, dass sich die Balken biegen.

Exakt ein halbes Jahr nach den versuchten Morden an dem Doppelagenten Sergei Skripal und seiner Tochter Julia und nach Monaten mehr oder minder ereignislosem Wartens präsentierte die britische Polizei Fotos und Namen der beiden angeblichen Täter: Ruslan Boschirow und Alexander Petrow. Wenig später wartete das Recherchenetzwerk bellingcat mit der Enthüllung auf, in Wirklichkeit seien die Namen Decknamen für zwei russische Geheimdienstmitarbeiter. Die Bild-Zeitung jubelt: „Skripal-Attentäter arbeitet für Russen-Geheimdienst“ und Spiegel Online konstatiert nüchtern: „Präsident Putin setzt seinen Militärgeheimdienst beim Giftanschlag in Salisbury und bei Hackerangriffen gegen den Westen ein.“

Fall gelöst? Akte geschlossen? Tatsächlich ist der Fall ausgesprochen kompliziert und der Blick auf das tatsächliche Geschehen durch eine Vielzahl von Nebelkerzen, Halbwahrheiten und falschen Fragen verstellt. Daher wird dieser Artikel versuchen, Schritt für Schritt die zentralen Argumente der britischen und der russischen Seite zu präsentieren, Widersprüche aufzuzeigen und den Blick auf die unbeantworteten Fragen zu lenken. Dadurch soll das Labyrinth Skripal etwas übersichtlicher werden, auch wenn das Unterfangen sehr umfangreich und ohne ein eindeutiges Ergebnis sein wird.
mehr:
- Das Skripal-Labyrinth (Andreas von Westphalen, Rubikon, 20.10.2018)
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siehe auch:
- Kaum belastendes Material gegen vermeintliche Skripal-Attentäter (Post, 10.10.2018)
- Desinformation über Desinformationskampagnen (Post, 10.10.2018)
- Der Fall Skripal: Lügen ohne Ende (Post, 07.10.2018)
- Der Presserat ist Teil des Systems (Post, 05.06.2018)

Tagesdosis 20.10.2018 – Der Fall Khashoggi: Was steckt dahinter? (Podcast)

Die mysteriöse Affäre um das Verschwinden des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi hat alle Qualitäten eines Polit-Thrillers aus der Feder eines Frederick Forsythe oder eines John le Carré. Geht man den bisher bekannt gewordenen Fakten auf den Grund, so stößt man auf ein Netz aus Gewalt, Lügen und Täuschungsmanövern, das es mit jeglicher Fiktion aufnehmen kann.

Khashoggi, 60, hatte am 2. Oktober die saudische Botschaft in Istanbul aufgesucht, um dort Papiere für seine bevorstehende Hochzeit mit einer türkischen Staatsangehörigen zu beantragen. Vor dem Betreten des Gebäudes hatte er seiner Verlobten aus Sorge, dass man ihn vielleicht festhalten werde, die Telefonnummer eines hohen Beraters von Präsident Erdogan gegeben.

In der Tat tauchte Khashoggi nicht wieder auf, so dass seine Verlobte den Berater informierte. Was dann passierte, entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einer weltweit beachteten Affäre: Türkische Behörden behaupteten, Khashoggi sei in der Botschaft ermordet worden und veröffentlichten Bildaufnahmen eines 15köpfigen saudischen Kommandos, darunter mehrere Mitarbeiter des königlichen Geheimdienstes, das kurz vor Khashoggis Verschwinden an- und kurz danach wieder abgereist war.

Kurze Zeit später meldeten zwei türkische Tageszeitungen, man verfüge über Ton- und Videoaufzeichnungen von Khashoggis Ermordung. Daraufhin verlangte die türkische Regierung für ihre Behörden Zutritt zur saudischen Botschaft, um vor Ort ermitteln zu können. Die Führung in Riad lehnte rundheraus ab und beharrte darauf, Khashoggi habe die Botschaft lebend verlassen, konnte ihre Version der Ereignisse aber nicht belegen.

Als immer größere Zweifel an den offiziellen Verlautbarungen des saudischen Königshauses laut wurden, schaltete sich das Ausland ein. US-Präsident Trump telefonierte mit dem amtierenden Herrscher Prinz Mohammed Bin Salman, der die Dinge nun in ein anderes Licht rückte und davon sprach, Khashoggi sei möglicherweise Opfer eines „außer Kontrolle geratenen Verhörs“ oder eines Mordanschlags durch „skrupellose Killer“ geworden.

Nach dieser unerwarteten Wendung der Ereignisse gestattete die saudische Botschaft in Istanbul den türkischen Behörden, Ermittlungen innerhalb des Gebäudes aufzunehmen. Deren Aussagen zufolge wurden tatsächlich Hinweise gefunden, die auf ein gewaltsames Ende des Journalisten hindeuten.

So abenteuerlich die bisherige (und großenteils nicht durch Fakten belegte) Entwicklung der Affäre klingt, so wichtig ist es, Wirklichkeit und Fiktion auseinanderzuhalten – sowohl was das Opfer, als auch, was die Interessenslagen der verschiedenen Beteiligten angeht.

mehr:
- Tagesdosis 20.10.2018 – Der Fall Khashoggi: Was steckt dahinter? (Podcast) (Kommentar von Ernst Wolff, KenFM, 20.10.2018, Wikipedia-Link von mir)