Freitag, 23. November 2018

Schwurbeln bis der Arzt kommt – Tagesdosis 23.11.2018 – Der neokoloniale Pakt

Der Migrationspakt der Vereinten Nationen wird wenig verbessern und vieles verschlechtern, vor allem aber eines: die migrationsauslösende Ungleichheit weiter verstärken. 

Ausgerechnet in der Nähe des afrikanisch-europäischen Nadelöhrs treffen sich am 10. Dezember 2018 VertreterInnen der UNO-Staatenwelt zum Migrationshype. An der afrikanisch-europäischen Schwelle lebt das alte koloniale Erbe noch, dessen territoriale Reste sich bis in unsere Tage erhalten haben, und zwar in zweifacher Hinsicht. Da sind einmal die spanischen Exklaven Melilla und Ceuta, die mit hohen Maschendrahtzäunen umgeben sind, an deren scharfen Metallzähnen sich das anbrandende Elend des schwarzen Kontinents blutig schlägt. Vis-à-vis davon, an der südlichsten Spitze der iberischen Halbinsel, erinnert das Vereinigte Königreich an seine hegemoniale Vergangenheit und behauptet allem Gerede von einer „gemeinsamen europäischen Kultur“ zum Trotz den Felsen Gibraltar als eigenes Hoheitsgebiet.

Bei den Feierlichkeiten zur Beschlussfassung des „Globalen Paktes für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“, vulgo: Migrationspakt, wird vom Kolonialismus und seinen bis heute reichenden Folgen nicht die Rede sein und insbesondere auch nicht darüber, welche Grundlagen für Krisen, Kriege und Vertreibungen auf dem afrikanischen Kontinent seine Proponenten gelegt haben. Der UN-Migrationspakt soll, so behaupten seine Befürworter, ein besseres Zeitalter einläuten. Weil er historische Wurzeln und sozio-ökonomische Ursachen der weltweiten Schieflage ignoriert, wird er das Gegenteil erreichen … und die migrationsauslösende Ungleichheit legitimieren.

Schon das dem Text des UN-Paktes grundgelegte Verständnis von Migration macht die Stoßrichtung der Initiative deutlich. Im ersten Absatz der „Leitlinien“ heißt es unter Punkt 8:

„Wir erkennen an, dass Migration eine Quelle des Wohlstandes, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung in unserer globalisierten Welt ist.“


„Für wen?“, müsste sich ein unbedarfter Leser spontan fragen. Eine Antwort darauf erhält er freilich nicht. Stattdessen geht es in verschwurbelter Sprache weiter:

„Ziel des globalen Paktes ist es, das Potential der Migration für die Erreichung aller Ziele für nachhaltige Entwicklung zu nutzen sowie die Wirkung zu erhöhen, die die Erreichung der Ziele in der Zukunft für Migration haben wird.“


Auf insgesamt 34 Seiten wird die Beweisführung versucht, dass Migration für die dem Pakt beitretenden Staaten zu „einer Win-Win-Zusammenarbeit“, unter Punkt 14, führen wird. Dort, wo kaum hörbar und noch schwerer lesbar angedeutet wird, dass am Weg dahin vielleicht doch Hindernisse auftauchen könnten, werden die verwendeten Begriffe fein abgewogen. Es ist dann nicht von „Vorteilen und Nachteilen der Migration“ die Schreibe, sondern von „Vorteilen und Herausforderungen“. Ein negativ konnotiertes Wort kommt im Text nicht vor.
mehr:
- Tagesdosis 23.11.2018 – Der neokoloniale Pakt (Kommentar von Hannes Hofbauer, KenFM, 23.11.2018)

Warum ein radikaler Intellekt benötigt wird

Hoffentlich nicht der Letzte seiner Art: der "US-Dissident" Noam Chomsky 

Vor Kurzem wurde bekannt, dass das US-Militär im laufenden Jahr mehr Bomben über Afghanistan abgeworfen hat als jemals zuvor. Natürlich fehlen weiterhin viele Zahlen und Fakten. Die Daten stammen nämlich vom Pentagon selbst. In der Vergangenheit waren sie fehlerhaft und unvollständig und zwar ziemlich oft. Es kann also sehr wohl möglich sein, dass zu einem anderen Zeitpunkt viel mehr Bomben abgeworfen wurden, etwa im Jahr 2002, aus dem es gar keine Daten gibt.

Der gegenwärtige Kenntnisstand ist allerdings der beschriebene, und er sollte mehr als nur besorgniserregend sein. Viel hört und liest man allerdings nicht darüber. Es gibt keine Empörung, weder in Washington noch in den Hauptstädten der verbündeten Staaten, die den Afghanistan-Krieg seit fast zwei Jahrzehnten mittragen.

Mittlerweile ist der Krieg am Hindukusch der längste, den die Vereinigten Staaten in ihrer Geschichte geführt haben. Als er begann, waren viele Menschen dafür. Jene wenigen, die sich nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 gegen den "War on Terror" aussprachen, wurden vom Kriegsgeschrei schnell übertönt.

Noam Chomsky war einer von ihnen. Bereits zum damaligen Zeitpunkt engagierte sich der MIT-Professor seit fast einem halben Jahrhundert gegen jene Kriege, die von seiner Regierung initiiert wurden. Als Chomsky auf Einladung von Aktivisten nach Pakistan – einem der wichtigsten Verbündeten der US-Regierung – reisen wollte, um gegen den Krieg im Nachbarland zu sprechen, wurde ihm ein Einreisevisum verweigert.

Auf Chomskys kritische Haltung hatte dies allerdings keinerlei Auswirkung. Stattdessen blieb er das, wofür ihn viele bis heute bewundern: ein kritischer Zeitgenosse, dessen Intellekt in unseren Breitengraden weiterhin als Rarität und als absolute Ausnahmeerscheinung wahrgenommen wird. Im nächsten Monat wird Chomsky neunzig Jahre alt.

Er ist ein Gigant, der mehrere Generation beeinflusst hat und der nicht nur von seinen Lesern, Bewundern und Anhängern respektiert wird, sondern auch von vielen seiner politischen Gegner. Was Chomsky sagt, gilt – oder wird zumindest in irgendeiner Art und Weise deutlich aufgenommen.

mehr:
- Warum ein radikaler Intellekt benötigt wird (Emran Feroz, Telepolis, 23.11.2018)

Aus dem Bewusstsein verdrängte Bücher: Perkins, Bekenntnisse eines Economic Hit Man

Es gibt immer wieder lesenswerte und den Durchblick fördernde Bücher. Manche sind bei einem breiteren Publikum gar nicht angekommen, manche sind schon wieder aus dem Bewusstsein verschwunden. Die NachDenkSeiten versuchen gelegentlich, die entstandenen Lücken zu schließen – heute mit einigen Informationen zu: Perkins, Bekenntnisse eines Economic Hit Man.

Das Buch ist 2005 in deutscher Sprache erschienen. Der Autor schildert seine Tätigkeit als Economic Hit Man im Dienste des Imperiums, im Dienste der USA. Seine Tätigkeit, andere Völker, ihre Präsidenten und Regierungen, in ökonomische Schwierigkeiten und finanzielle Abhängigkeit zu bringen, ist ausgelagert in private Firmen – so immer schon manche militärischen Operationen privaten Firmen übertragen waren. (Zu Letzterem gab es übrigens im Deutschlandfunk am 22.11.2018 einen „Hintergrund“; siehe hier „Wie die Privatisierung des Krieges voranschreitet“.)

mehr:
- Aus dem Bewusstsein verdrängte Bücher: Perkins, Bekenntnisse eines Economic Hit Man (NachDenkSeiten, 23.11.2018)
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Merkels Spiel über die Bande geht auf: » Europa muss auf die Migration aufpassen!«

Die Botschaft der Spitzenpolitiker müsse lauten, dass man künftig nicht weiter Zuflucht und Unterstützung bieten kann

Hillary Clinton hat einen Tipp für europäische Politiker: Die müssten deutlicher signalisieren, dass "sie künftig nicht dazu imstande sind, weiterhin Zuflucht und Unterstützung zu bieten". Europa müsse die Migration in den Griff bekommen, weil diese die "Flamme (des Populismus) angezündet" habe.

Die Einsicht äußerte Clinton gegenüber dem Guardian. Die britische Zeitung befasst sich momentan mit dem "neuen Populismus" und hat dazu Hillary Clinton, Tony Blair, Matteo Renzi nach deren Einschätzungen darüber gefragt, warum sie verloren haben und wie sie zurückschlagen könnten. Im Artikel werden die drei Politiker als "größte Skalps des rechten Populismus" bezeichnet (Blair wegen des Brexits).

mehr:
- Hillary Clinton: Europa muss auf die Migration aufpassen (Thomas Pany, Telepolis, 23.11.2018)

Mein Kommentar:
Deutschlands Hypnotherapeutin Nr. 1 hat erfolgreich verhindert, daß Deutschland am Pranger steht. 
Wenn sie die Grenzen dicht gemacht hätte, wäre irgendwann ein 9jähriges Mädchen von einer Nebelgranate am Kopf getroffen und getötet worden. 
Man male sich aus, wie die Medien der Welt 80 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs darüber berichtet hätten. 
So wurde Merkel von Trump ausgelacht und selbst der Dalai Lama meinte: »Deutschland muß deutsch bleiben!« (Was hier in Deutschland nur aus Kreisen der AfD und der CSU zu hören ist.) 
Nach Köln ist die »Refugee-Welcome«-Stimmung umgeschlagen in die Wahrnehmung hoffnungslos überforderter – weil unterfinanzierter und personell unterbesetzter – Schulen, Kindergärten und Tafeln…