Dienstag, 15. Oktober 2013

Strompreise, Subventionen und Halbwahrheiten

Die Tagesschau meldet:
»Verbraucher in Deutschland müssen sich auf spürbare Strompreiserhöhungen einstellen. Die Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien steigt 2014 um knapp einen Cent auf 6,24 Cent je Kilowattstunde. Und dies dürfte nicht der letzte Anstieg sein.« (vollständiger Artikel auf tagesschau.de)
Weiter heißt es in dem Artikel:
»[Der Börsenpreis für Strom] ist wegen des großen Angebots an Wind- und Sonnenenergie drastisch gefallen. Die EEG-Umlage gleicht den Unterschied zwischen dem Börsenpreis und dem Garantiepreis für die Ökostromlieferanten aus. Das führt zu dem bizarren Effekt, dass 1 Cent weniger Geld für Strom an der Börse bedeutet, dass die Kilowattstunde für den Verbraucher um 0,4 Cent teurer wird.«

Die Tendenz ist klar: Öko macht den Strom teurer.

ZEIT-Online zoomt auf:
»Kohle, Gas und Atom werden stärker gefördert als Erneuerbare: Die Zahlen dazu sind aus einem EU-Bericht gestrichen. Oettinger passten sie offenbar nicht ins Konzept.« (EU-Kommissar Oettinger schönt Subventionsbericht vom 14.10.2013)
Weiter heißt es in dem Artikel:
»Auf Seite zwei des ursprünglichen Entwurfs führen die Beamten aus, die 27 Staaten der Europäischen Union hätten erneuerbare Energien mit 30 Milliarden Euro an Staatsgeld gefördert. Weitaus stärker seien herkömmliche Energien unterstützt worden: mit 35 Milliarden Euro nukleare Anlagen und mit 26 Milliarden Euro fossile Kraftwerke. Indirekt sei die Energieerzeugung aus Kohle und Gas sogar mit weiteren 40 Milliarden Euro gefördert. In einer Fußnote wird laut SZ darauf hingewiesen, dass die nationalen Regierungen diese Summe jährlich aufbringen müssen, um soziale und gesundheitliche Folgen abzudecken. Insgesamt bezuschussten die Regierungen die Energiebranche mit mehr als 130 Milliarden Euro jährlich, wovon aber nur 30 Milliarden Euro an grüne Kraftwerke gehen.«

»Mit Milliarden fördern Regierungen weltweit Kohle, Öl und Atomkraft. Ursprünglich wollten sie die Subventionen zurückführen – doch das gelingt nicht. Sie steigen rasant.« ist in dem Artikel
»Der Subventionswahn ist ungebrochen« (ZEIT Online vom 14.10.2013) zu lesen.
Weiter:
»Die Bilanz im Jahr 2013 ist fatal. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) sind die Subventionen für fossile Brennstoffe, also für Öl, Gas und Kohle, auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Sie betrugen 2011 laut World Energy Outlook rund 523 Milliarden Dollar. Die erneuerbaren und damit klimafreundlichen Energien erhielten nur etwa ein Sechstel des Betrags (88 Milliarden Euro). Zum Vergleich: Im Jahr 2007 lagen die Subventionen für die Fossilen bei 342 Milliarden Dollar und für die Erneuerbaren bei 39 Milliarden Dollar.«

Ein Streitpunkt bei der Förderung erneuerbarer Energien ist die Befreiung von der Abgabe.
Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle lassen sich Excel-Tabellen herunterladen, in denen die in den Jahren 2009 bis 2012 von der EEG-Umlage befreiten Unternehmen aufgelistet sind.

Auf der ökologischen Plattform der »Linken« ist zu lesen:
»Wie aber eine Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag von Greenpeace zeigt (siehe “Verbraucher zahlen versteckte Konventionelle-Energien-Umlage für Kohle- und Atomstrom“), können die Preise für erneuerbare Energien deutlich gesenkt werden. Die 3,5 Cent pro Kilowattstunde, die ein deutscher Durchschnittshaushalt als EEG-Umlage zahlt, können durch die Beseitigung der Ausnahmen für die Industrie allein um insgesamt 0,8 Cent reduziert werden.
Die Industrie hat einen Anteil von 18 Prozent am Stromverbrauch aber aufgrund der Ausnahmeregelung ist ihr Anteil an den Kosten zur Förderung der Erneuerbaren Energien nur 0,3 Prozent. 2013  werden die reinen Kosten zur Förderung des Ausbaus von Wind- und Sonnenenergie nach Angaben des Bundesverbands für Erneuerbare Energien (BEE) nur um 0,2 Cent pro Kilowattstunde steigen.« 

(Welche Unternehmen bezahlen die EEG-Umlage NICHT? Rettet die Energiewende…

In dem von dort verlinkten Artikel »Verbraucher zahlen versteckte Konventionelle-Energien-Umlage für Kohle- und Atomstrom« ist zu lesen:
»Konventionelle Energien wie Kohle und Atom verursachen deutlich mehr Kosten, als auf der Stromrechnung ausgewiesen werden. Verbraucher zahlen diese versteckten Zusatzkosten unter anderem über Steuern und Abgaben. Würde man die Kosten aufsummieren und auf die Verbraucher umlegen, läge diese Konventionelle-Energien-Umlage 2012 bei 10,2 Cent pro Kilowattstunde und wäre damit fast dreimal so hoch wie die derzeitige EEG-Umlage. Das ist das Ergebnis der Studie „Was Strom wirklich kostet“, die das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Energiegenossenschaft Greenpeace Energy und des Bundesverbands WindEnergie (BWE) erstellt hat.«


Über die Anhebung der EEG-Umlage wird gesprochen, über die Förderung umweltschädlicher Energieformen und die Unternehmen, die von der Umlage befreit sind, nicht. Darüber, daß die an der Strombörse gesunkenen Beschaffungskosten von den Stromversorgern nicht an den Verbraucher weitergegeben werden, auch nicht:

»Würden die Versorger ihre sinkenden Einkaufspreise nun an die Verbraucher weitergeben, könnte dies den Anstieg der EEG-Umlage fast vollständig kompensieren. Doch die Versorger denken nicht dran. In der sogenannten Grundversorgung geben sie ihre Ersparnisse beim Einkauf überhaupt nicht an Endkunden weiter, dies wurde erst im März erneut in einer Studie für die Denkfabrik Agora Energiewende nachgewiesen. Denn die Grundversorgung ist der einzige Tarif, zu dem Stromversorger grundsätzlich allen Kunden Elektrizität liefern müssen. Viele Sozialhilfeempfänger bekommen nur zu diesen Konditionen Strom, denn wer einen Schufa-Eintrag hat, wird von den Billiganbietern oft gar nicht beliefert. Es gibt also kaum Gefahr, dass sie in einen anderen Tarif wechseln - und damit kaum Wettbewerb.«
Weiter heißt es in dem Artikel:
»Nicht nur von den Unternehmen wird der Verbraucher geschröpft, sondern auch von der Politik. Diese hat die Umsetzung der Energiewende jahrelang schleifen lassen - und ihre Verfehlungen gleich mehrfach auf die Verbraucher abgewälzt.
Aktuelles Beispiel: die sogenannten Netznutzungsentgelte. Auch diese dürften 2014 steigen. Und zwar unter anderem, weil die Regierung den Bau von Windrädern auf hoher See jahrelang so schlecht gemanagt hat, dass für fertige Parks zum Teil der Netzanschluss fehlt. Die Parkbetreiber bekommen nun teure Entschädigungen. Zahlen muss sie: der Verbraucher. Über die Netznutzungsentgelte. Das unabhängige Vergleichsportal Verivox geht von einem Anstieg von gut zehn Prozent aus.«
 (SPIEGEL Online: Steigende Umlage für Ökostrom: Der geschröpfte Verbraucher)

siehe auch:
- die Kommentare zur Tagesschau-Meldung,
- den Artikel »Der Verteilungskampf hat begonnen« (ZEIT Online vom 6.8.2013) und
- den Kommentar von Jürgen Döschner bei der Tagesschau »Lügen über Erfolgsmodell EEG-Umlage« (15.10.2013)