Samstag, 9. April 2016

Ukraine und Panama Papers – Vertreibung aus dem Steuerparadies

Poroschenko gab Anfang April 2014 in einem Interview mit der Bildzeitung bekannt, sollte er die Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2014 gewinnen, würde er den Roshen-Konzern verkaufen.[17] Tatsächlich schien Nestlé um einen Betrag von einer Milliarde Dollar Interesse zu bekunden, dies bei einem Wert von 3 Milliarden. Aufgrund der schweren Verkäuflichkeit wurde die Idee eines "Blind Trust" lanciert, dessen Existenz und Unabhängigkeit jedoch im April 2016 nicht gesichert war.[18][19][20] Mit der Veröffentlichung der Panama Papers wurde bekannt, dass Poroschenko am 21. August 2014 die Offshore-Firma Prime Asset Partners Ltd. auf den Britischen Jungferninseln für sich gründen ließ. Poroschenko kommentierte dies mit der Begründung, er habe nach seiner Wahl seine geschäftlichen von politischen Interessen trennen wollen. Die ukrainischen Finanzbehörden hätten stets von den in der Firma geparkten Vermögenswerten gewusst.[21] Hingegen behauptet das Medium Hromadske.tv, die Gesellschaft sei in seiner Vermögenserklärung der Jahre 2014 und 2015 nicht aufgeführt gewesen. Auf Grundlage dieser bislang nicht gesicherten Behauptung vermutet es, die Ukraine sollte bei einem potentiellen Verkauf von Roshen über die Offshoregesellschaft um Steuereinnahmen gebracht werden.[22][23] Die NZZ schrieb hingegen, dass steuerliche Motive kaum eine Rolle gespielt haben dürften.[18] (Petro Poroschenko, Karriere als Unternehmer, Wikipedia)
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Die Enthüllungen über Offshore-Firmen von Politikern bringen auch den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in Bedrängnis. Seine Firma „Prime Asset Partners“ kann ihm gefährlich werden.

In der Ukraine wachsen keine Erdnüsse, aber für die verschwiegene Milliardärskaste dieses Landes, und erst recht für Präsident Petro Poroschenko, dessen Vermögen die Presse unlängst auf 754 Millionen Euro geschätzt hat, passt nur das Wort „Peanuts“: glaubt man den „Panama Papers“, die ein Recherchenetzwerk um die „Süddeutsche Zeitung“ jetzt offenlegt, hat das Staatsoberhaupt 2014 und 2015 genau 3085 Dollar in seiner Vermögenserklärung nicht angegeben. Poroschenko schrieb am Montag auf Facebook: „Als ich Präsident wurde [also bevor die Firma in British Virgin Islands eingetragen wurde], habe ich mich von der Verwaltung meiner Aktiva zurückgezogen und diese Angelegenheiten verantwortlichen Consultingfirmen und Rechtskanzleien übertragen. Ich erwarte, dass diese der ukrainischen und internationalen Presse erschöpfend Auskunft geben.“

Die Firma „Prime Asset Partners“, die Poroschenko am 21. August 2014 mit Hilfe der Kanzlei Mossack Fonseca im Steuerparadies British Virgin Islands eintragen ließ, kann für Poroschenko gefährlich werden. Wegen seines hinhaltenden Widerstandes gegen eine entschlossene Reform der Justiz und vor allem der notorisch korrupten Generalstaatsanwaltschaft ist sein Ruf ohnehin angeschlagen, und jetzt, nach der „Panama-Affäre“ haben zwei der bekanntesten Bürgerrechtler in seiner eigenen Parlamentsfraktion, die früheren investigativen Journalisten Mustafa Najem und Serhij Leschtschenko, die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses verlangt. Nur auf diesem Wege könne der Vorwurf – Verschweigen von meldepflichtigen Vermögenswerten durch das Staatsoberhaupt – geklärt werden. Ein Amtsenthebungsverfahren kommt nach Najems Deutung nicht in Betracht, denn im Raum stehe keine Straftat, sondern nur ein verwaltungsrechtlicher Verstoß.
mehr:

- Ukraine und Panama Papers – Vertreibung aus dem Steuerparadies (Konrad Schuller, FAZ, 04.04.2016)
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siehe auch:
- Eine Welt voller Oligarchen (Post, 04.04.2016)
- Massenmedien, Panama Papers und West-Oligarchen (Post, 08.04.2016)

Geheimnisverrat: Gesetze haben keine Geltung

Geoffroy de Lagasnerie verklärt den Geheimnisverrat im Internet zu einer neuen "Kunst der Revolte": Niemand muss sich an staatliche Regeln halten.

Uns fragt ja keiner! Wir werden in einen Staat hineingeboren und sind dessen Bürger, ohne dass wir entscheiden können, ob wir die damit verbundenen Rechte und Pflichten überhaupt haben wollen. An der unfreiwilligen Tatsache der Staatsbürgerschaft arbeitet sich die politische Philosophie seit Langem ab.

Der Sprachphilosoph Jacques Derrida hat das Problem einmal an der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung untersucht. Deren Autoren erklären "in the Name, and by Authority of the good People" die Kolonien zum unabhängigen Staat. Der rhetorische Trick, sagt Derrida, bestehe darin, so zu tun, als habe es schon immer ein "Volk" gegeben, das sich jetzt erst eine Verfassung gibt. Dabei waren die "guten Leute" der Kolonien womöglich Glückssucher mit ganz unterschiedlichen Zielen. Die Unabhängigkeitserklärung sei ein "Rechtsstreich" (so Derridas Abwandlung des Wortes Gewaltstreich), durch den aus verstreuten Leutchen ein Volkssouverän geworden sei. Dessen Willen, der mit dem Willen des Einzelnen nichts zu tun haben muss, legitimierte die Gründung des neuen Staates. Im Falle der USA war damit 1776 auch entschieden, wer nicht zum souveränen Volk zählte, die schwarzen Sklaven zum Beispiel.

mehr:
- "Die Kunst der Revolte": Gesetze haben keine Geltung (Marie Schmidt, ZON, 09.04.2016)

Abgeschrieben

Es war das erste Wochenende ohne "Sonntag Aktuell". Ein langjähriger StZ-Abonnent und Journalist hat seine neue Samstagszeitung mal genauer angeschaut. Es wurde ein Blick im Zorn.
Es war ja schon zunehmend peinlich, wie die "Stuttgarter Zeitung" (StZ) seit Wochen für die Zusammenlegung mit den "Stuttgarter Nachrichten" (StN) geworben hat, um der Leserin und dem Leser zu suggerieren, dass sie danach etwas viel Besseres zum – zunächst – gleichen Preis bekommen. Und dass nach der Einstellung von "Sonntag Aktuell" die neue Wochenendbeilage natürlich noch toller sein wird. Wenn man schon als Student aus Berlin in den späten 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts für die StZ arbeiten durfte und sie seit mehr als dreißig Jahren abonniert hat, verfolgt man deren Entwicklung mit einer gewissen Sympathie. Dass diese in den vergangenen Jahren deutlich nachgelassen hat, mag damit zusammenhängen, dass die Geschäftsleitung wohl den Begriff "Qualitätsjournalismus" für nicht kurzfristig bilanzierbar hält.

mehr:
- Abgeschrieben (Klaus H. Grabowski, Kontext, 06.04.2016)

Nachruf für Andreas Buro

Während fünfzig seiner 87 Lebensjahre engagierte sich der Sozialwissenschaftler und aufgeklärte Pazifist Andreas Buro in unterschiedlichen Funktionen und Organisationen für Frieden, Abrüstung, zivile Konfliktberatung und zivilen Ungehorsam. In die Wiege gelegt wurde ihm das nicht. Elternhaus und Erziehung in der Nazizeit vermittelten dem 1928 in Berlin Geborenen so gut wie nichts von dem, wofür sich Andreas Buro als Erwachsener mit Kopf und Hand und Herz einsetzte: Frieden und Gewaltfreiheit.

1944 wurde der 16-Jährige als „Kind mit Gewehr“, wie Buro in seiner Autobiographie („Gewaltlos gegen Krieg“, 2011, Verlag Brandes&Apsel) mitteilt, als Flak-Helfer eingezogen. Nach einem Praktikum als Waldarbeiter studierte Buro zunächst Forstwirtschaft an der Humboldt-Universität und promovierte dort 1954. Mangels reeller beruflicher Chancen verließ er die DDR und studierte ab 1955 Politikwissenschaft in Frankfurt, wo er nach dem Studium von 1970 bis zur Emeritierung als Lehrbeauftragter, Privatdozent und Professor an der Goethe-Universität lehrte und forschte.

1969 gehörte Andreas Buro mit Klaus Vack u.a. zu den Gründern des „Sozialistischen Büros“ und der Zeitschrift „links“, die eine undogmatische linke Position vertrat gegen die staatssozialistischen „Marxisten-Leninisten“ und die verbiesterten Campus-Maoisten. Oskar Negt, Klaus Meschkat, Ursula Schmiederer, Elmar Altvater, Ekkehart Krippendorff, Arno Klönne, Wolf-Dieter Narr, Gerd Schäfer, Joachim Hirsch u.a. gehörten mit Buro zu den Autoren der Zeitschrift, die bis 1994 existierte.

mehr:
- Nachruf für Andreas Buro (Rudolf Walther, Links-Netz, Februar 2016)
- Wir haben Andreas Buro verloren (attac, 19.01.2016)

8. Strategiekonferenz der Kooperation für Frieden 2011 - Andreas Buro [publicsolidarity] [22:24]

Veröffentlicht am 28.12.2013
Kooperation für den Frieden - 8. Strategiekonferenz 2011 in Hannover 
(http://www.koop-frieden.de/strategiek...)
Alle Videos der Konferenz auf http://www.publicsolidarity.de
Eröffnungsreden am Freitag
• Monty Schädel - DFG-VK
• Wiltrud Rösch-Metzler - pax christi
• Christiane Fröhlich - FEST Heidelberg
Das 1. Podium am Freitag zum Thema:
"Kriegsgefahren im Nahen und Mittleren Osten - unsere Handlungsmöglichkeiten für Frieden"
• Reiner Braun mit den einführenden Worten - IALANA
• Bernhard Krane - Aktion Sühnezeichen Friedensdienste
• Wiltrud Rösch-Metzler - pax christi
• Raif Hussein - Deutsch-Palästinensische Gesellschaft
• Rolf Verleger - Jüdischen Stimme für Gerechten Frieden
• Ulrich Gottstein -- IPPNW
Das 2. Podium am Samstag zum Thema:
"Eine Region zwischen Krieg und Frieden"
• Kathrin Vogler mit den einführenden Worten
• Clemens Ronnefeldt -- Internationaler Versöhnungsbund
• Dawood Hamoudeh -- The Grassroots Palestinian Anti Apartheid Wall Campaign
• Adam Keller -- Gush Shalom
• Die 2. Podiumsrunde
Die workshops am Samstag
• Dawood Hamoudeh - Input-Referat zum 2. workshop
• Manfred Lotze - Input-Referat zum 2. workshop
• Martin Forberg - Input-Referat zum 2. Workshop
• Diskussionsrunde zum 2. Workshop
• Arbeitsgruppenergebnisse des 2. Workshop
• Alle Arbeitsgruppenergebnisse der 4 workshops
• Diskussionsrunde nach der Vorstellung aller Arbeitsergebnisse der 4 workshops
Die Abschlussveranstaltungen der Konferenz am Samstag
• Andreas Buro - Resümee der Konferenz
• Renate Wanie - Verabschiedung

siehe auch:
- Überlegungen zum Ukraine-Konflikt (Andreas Buro, AG Friedensforschung, 13.03.2014)
- "Aus Sorge um den Frieden" in der Ukraine und in Europa ( Bundesausschusses Friedensratschlag - Presseerklärung vom 20. Mai 2014 )

Referendum in den Niederlanden: Perversion der Demokratie?

Bei dem Referendum in den Niederlanden wurden die Unterstützer des EU-Ukraine-Abkommens darin bestraft, dass sie ihr Stimmrecht ausübten. Das zeigt, dass direkte Demokratie tatsächlich zu weniger Demokratie führt

Wer am Morgen nach diesem unglücklichen Referendum in den Niederlanden die Zeitung aufschlug oder sich durch die Onlineseiten klickte, musste ein betrübliches Bild von unseren Nachbarn erhalten: „Ein klares Nee richtet sich gegen Europa“, „Nee“ zum Ukraine-Abkommen, „Nee“ zur EU, so lauteten einige der Schlagzeilen. Die BILD-Zeitung meldete „Niederlande stimmen gegen EU-Ukraine-Abkommen“, 64 Prozent der Wähler hätten engere Beziehungen zur Ukraine abgelehnt – ohne auch nur in einem einzigen Satz zu erklären, dass das 30-Prozent-Quorum wackelte. Am Donnerstag war klar: Es wurde nur ganz knapp erreicht, mit 32 Prozent.

mehr:
- Die Perversion der Demokratie (Petra Sorge, Cicero, 07.04.2016)

mein Kommentar:
Die Welt besteht aus Geschichten: Putin ist der Böse, wir sind die Guten, die AfD ist ausländerfeindlich, und die Nee-Kampagne in den Niederlanden wurde von Populisten inszeniert. Was nicht paßt, wird passend gemacht…

siehe auch:
- Referendum in den Niederlanden: Asselborn gegen weitere Volksabstimmungen ()
- Holland, schütz uns vor der Ukraine! (AlterMannBlog, 06.04.2016)
Braucht jemand TTIP um glücklich zu sein? Weshalb dürfen nicht mal Abgeordnete das frei einsehen, über das sie abstimmen sollen? Weshalb lässt sich der Bundestag so etwas gefallen? Weshalb macht da der große Sozialdemokrat Gabriel mit? Ist Geheimhaltung ein sozialdemokratischer Wert, von dem ich bislang noch nichts wusste? Von jedem Hartzer wird ökonomisches Naggischmachen verlangt, das Kapital ist aber ein scheues Reh und frisst ungehindert – und unter staatlichem Schutz – die Schonung kahl.

Die Liste der Irrationalismen, mit der man die Bevölkerung piesackt, kann beliebig erweitert werden. „Da es nicht für alle reicht, springen die Armen ein“ schrieb Ernst Bloch, der einzige Pfälzer Philosoph. Die beiden Lichtgestalten Schulz und Juncker haben Europa nicht mehr im Griff – und das ist gut so. Neidisch blicken wir zu den Niederländern, die erst seit letztem Jahr dieses Gesetz haben: Es sollte das Vertrauen des Volkes in seine gewählten Volksvertreter erhöhen (!!). Es ermöglicht den Niederländern, über jedes vom Parlament erlassene Gesetz einen Volksentscheid zu organisieren. Wenn dann so abgestimmt wird, wie es die Regie nicht will, dann wurde das Gesetz „instrumentalisiert“, wie o.g. Steffen Dobert meint. Die Leserschaft seines Artikels sieht das diametral anders, wie die Sortierung der Leserbriefe nach Zustimmung zeigt. Das Verhalten der EU im Zusammenhang mit dem Maidan-Putsch und die Rolle der Frau „Fuck-the-EU“-Nuland (da hat sie eigentlich ja was Wahres gesagt) bleibt unvergessen! An die Journaille: Ihr hättet darüber auch ordentlich berichten können und nicht die Soros-Propaganda verblasen müssen! Nur das mal nebenbei.

Neue EU-Richtlinie bedroht Pressefreiheit

Am 14. April stimmt das Europaparlament über die EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ab. Und die hat es in sich: Sie könnte Leaks, Recherchen und Veröffentlichungen wie die Panama Papers in Zukunft deutlich erschweren. Journalisten sehen die Richtlinie als Bedrohung, für Whistleblower ist sie gefährlich und Gewerkschaften fürchten um die Rechte von Arbeitnehmern.

Pikant: Nach Bekanntwerden der Panama Papers forderte sogar die SPD-Generalsekretärin einen stärkeren Whistleblowerschutz. Die Sozialdemokraten haben nun in der kommenden Woche im Europäischen Parlament die Chance, sich gegen eine Verschlechterung der Situation von Whistleblowern und der Pressefreiheit einzusetzen, indem sie die neue EU-Richtlinie ablehnen.

mehr:
- Panama Papers: Neue EU-Richtlinie bedroht Pressefreiheit (Update) (Markus Reuter, Netzpolitik.org, 07.04.2016)
Die zentralen Probleme bleiben aber: Unternehmen bestimmen eigenständig, was ein Geschäftsgeheimnis ist. In vielen Ländern, unter anderem in Deutschland, bedeutet die EU-Richtlinie eine Ausweitung der Geschäftsgeheimnisse. Zudem bekommen Unternehmen ein zivilrechtliches Instrumentarium an die Hand, mit dem sie Whistleblower, Journalisten und Gewerkschaftsvertreter einschüchtern können. Denn um straffrei zu bleiben, müssen nach der Richtlinie Journalisten – und nicht etwa die Kläger – beweisen, dass sie im öffentlichen und nicht im privaten Interesse gehandelt haben.

Das moniert auch Christian Humborg vom investigativen Recherchebüro Correctiv.org:

Die geplante Richtlinie ermöglicht Unternehmen, gegen jede Berichterstattung zunächst einmal rechtlich vorzugehen, denn sie können selbst definieren, was ein Geschäftsgeheimnis ist. Ob sie am Ende den Prozess gewinnen, ist doch vielen Unternehmen egal, Hauptsache sie haben den Journalisten das Leben schwer gemacht.