Als Helmut Qualtinger sich in den Sechzigerjahren von der Kleinkunst zurückzog und zum großen Bedauern des Publikums tatsächlich nie wieder im Kabarett auftrat, spielte er Theater, drehte Filme und betätigte sich als Autor satirischer Kurzgeschichten. Eine davon - sie trägt den Titel "Wienfilm" - zählt zu seinen köstlichsten, und sie führt uns zu einer Qualtinger-Schnurre, deren Pointe ihm leider erst posthum widerfuhr, was umso bedauerlicher ist, als sie zu erleben wohl ganz nach seinem Geschmack gewesen wäre. In Qualtingers "Wienfilm"-Satire kommt es im Foyer eines Wiener Vorstadtkinos zu einem Dialog zwischen dem Film-Operateur und einer Besucherin. Hier ein kurzer Ausschnitt:
Besucherin: "Der Johannes Heester, der Theo Lingens, der Heinz Rühmann und der Willi Forster, das sind meine Buam! Und der Hörbinger!" Kino-Operateur (korrigiert sie): "Hörbiger!" Besucherin: "Das is der Bruder!"
Das Reizvolle an dieser kleinen satirischen Szene von Helmut Qualtinger ist natürlich, dass die Kinobesucherin alle Namen ihrer Lieblinge (außer den von Heinz Rühmann) falsch aufsagt, was dem Ganzen eine sehr wienerische Note verleiht. Besagter Dialog zwischen Kino-Operateur und Besucherin ist in dem 1986 im Langen Müller Verlag von Brigitte Sinhuber herausgegebenen "Qualtinger-Buch" in völlig richtiger (weil falscher) Schreibweise nachzulesen. Zwölf Jahre später wurde eine neue "Qualtinger-Gesamtausgabe", diesmal im Deuticke Verlag, veröffentlicht. Wobei darin einmal mehr die Satire "Wienfilm" in Druck ging, und zwar im Band 3 auf Seite 264.
Der Lektor schlägt zu
Hier freilich schlug der übereifrige Lektor zu. Er las Heester, Lingens, Forster, Hörbinger und erkannte sofort mit lektoraler Gründlichkeit, dass da etwas nicht stimmen konnte. Und er verbesserte die Namen. So ist jetzt in dem Buch zu lesen:
Besucherin: "Der Johannes Heesters, der Theo Lingen, der Heinz Rühmann und der Willi Forst, das sind meine Buam! Und der Hörbiger!" Kino-Operateur (korrigiert sie): "Hörbiger!" Besucherin: "Das is der Bruder!" Womit die ganze, schöne Qualtinger-Satire zu Tode korrigiert wurde. Ein geradezu klassischer Pointenmord. Entdeckt wurde dieser nach Erscheinen der "Qualtinger-Gesamtausgabe" von Heinz Holecek, der mich damals schon auf die Vernichtung der Pointe seines Freundes aufmerksam machte. Nun aber hat er das Programm "Heinz Holecek liest und singt Helmut Qualtinger" zusammengestellt, das er von 23. bis 25. April in der Kleinkunstbühne "Brennessel" (1080 Wien, Auerspergstraße 19) präsentiert. Und dreimal dürfen Sie raten, welche Satire er darin in der richtigen (weil falschen) Version vorträgt. Natürlich die "Wienfilm". "Qausi", schau oba! georg.markus
Copyrighthinweis: © Kurier - Wien, 2009.
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