Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen durch die Rote Armee sind kein öffentliches Thema
Als ich beim Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel mein Buch „,Frau, komm!‘ Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen 1944/45“ signierte, flüsterte mir eine ältere Frau zu: „Mir ist das als Elfjähriger widerfahren.“ Was sagt man in einem solchen Augenblick zu einem solch schrecklichen Bekenntnis? Mir ist leider in dieser unvorhergesehenen Situation kein passendes oder tröstendes Wort eingefallen. Ich habe diesem Opfer von Gewalt nur die Hand gedrückt. Das war nicht viel.
Dagegen war es viel, dass jene Frau überhaupt – wenn auch nur in einem einzigen Satz – über ihre Vergewaltigung gesprochen hat; denn es gibt kein Verbrechen, das so beschwiegen wird, wie die massenhaften Vergewaltigungen, die 1944/45 vor allem in Ostpreußen, aber nicht nur dort, geschehen sind. Wie ist diese Sprachlosigkeit zu erklären? Die Opfer schweigen vermutlich aus Scham, obwohl kein Grund vorhanden ist, sich für das an ihnen begangene Verbrechen zu schämen. Nicht die Opfer, sondern die Täter müssen sich schämen. Aber die Täter schweigen: Eine wehrlose Frau oder ein elfjähriges Kind zu vergewaltigen war keine Heldentat.
mehr:
- Beschwiegene Verbrechen (Preußische Allgemeine Zeitung, 11.10.2014)
Zitat:
Zu der Konferenz „End Sexual Violence in Conflict“, die im Juni in London stattfand, schickten die USA und Großbritannien ihre Außenminister und die Vereinten Nationen Angelina Jolie als Sonderbotschafterin. Die Bundesrepublik Deutschland hielt sich, wie in einem Pressebericht zu lesen war, „mit einer Abteilungsleiterin im Hintergrund“; in Berlin sorge man sich, dass die von sexueller Gewalt Betroffenen „zu sehr als Opfer gesehen werden“
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