Zeitgeschichte Ein Gespräch mit dem Philosophen und Verleger Peter Engelmann über seine Erfahrung in der DDR, den politischen Kern der Dekonstruktion und Jacques Derridas Vermächtnis
Zitate:
Die Dekonstruktion war immer auch politisch motiviert. Sie ist zunächst vor allem eine Theorie der Bedeutungskonstitution, die der landläufigen Vorstellung widerspricht, dass die Sprache etwas abbildet, das ihr voraus liegt. Sowohl auf der Ebene der Signifikate als auch auf der der Signifikanten gibt es keine festen Einheiten. Und das lässt sich auch politisch lesen. Die Idee von einer im Akt stattfindenden Bedeutungskonstitution hat die politische Konsequenz, dass es nichts voraus liegendes gibt, was autoritär auftreten kann. Die Dekonstruktion wendet sich somit gegen jeden religiös, nationalistisch oder rassistisch motivierten Ansatz, der eine Form absoluter Gewissheit beansprucht.
Über die Dekonstruktion zu schreiben, meint die abendländische Diskursivität und ihre Begriffe in Frage zu stellen. Kritik ist jedoch ein Begriff der „Metaphysik“, so nannte Derrida den abendländischen Diskurs. Sie setzt einen Standpunkt oder ein Motiv voraus, in dessen Namen etwas kritisiert wird. Und damit hat man schon wieder eine Verankerung, die man nicht will. Man muss an dieser Stelle hinzufügen: Wenn Derrida beispielsweise den Begriff des Autors kritisiert, heißt das nicht, dass er nicht sieht, dass dieser in der textuellen Arbeit tätig ist. Die Dekonstruktion deckt jedoch neben dieser weitere Sinnebenen auf, die nicht vom Autor gesteuert werden. Der Begriff der Subversion hat den Vorteil, dass er sich eher auf diese Form des Abarbeitens am Text bezieht. Ein Abarbeiten, bei dem man im Voraus nicht weiß, wo die Reise hingeht.
mehr:
- Äussere Migration (Nils Marquardt im Gespräch mit Peter Engelmann, der Freitag, 07.11.2014)
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