Abrechnung mit dem Sozialstaat - der streitbare Sozialrichter Jürgen Borchert, den manche als "soziales Gewissen Deutschlands" bezeichnen, geht in den Ruhestand. Im SZ-Gespräch kritisiert er die Hartz-IV-Gesetze und erklärt, warum der Rückgang der Arbeitslosenzahlen nichts bringe. Für 2030 prognostiziert Borchert gar eine sozialpolitische Katastrophe.
Er hat es eilig - obwohl er gerade in den Ruhestand gegangen ist. Der Jurist Jürgen Borchert, 65, hat im Dezember sein Amt als Vorsitzender Richter am hessischen Landessozialgericht abgegeben. Ein Mann, der mit dem großen Etikett "Soziales Gewissen Deutschlands" versehen wurde, den viele als "Robin Hood der Familien" vergöttern und der maßgebliche Verfassungsbeschwerden geprägt hat, die unser Land ein klein wenig gerechter machen, hört nicht so einfach auf. Jürgen Borchert ist mit dem Zug aus Heidelberg angereist, gottseidank pünktlich - denn er hat viel zu sagen. Schnell den Laptop auf den Tisch gelegt und die gelben Karteikarten sortiert, auf der säuberlich Zahlenkolonnen von Arbeitslosigkeit bis Erziehungszeiten notiert sind. Der Mann hat eine Mission. Es kann los gehen - mit einem Resumée über das Arbeitsleben als einer der streitbarsten Sozialrichter Deutschlands und das Gefühl, manchmal im falschen System zu sein.
mehr:
- Sozialrichter Borchert über Hartz-IV-Gesetze: "Ja, es stimmt: Ich bin zornig" (Ulrike Heidenreich, Jan Heidtmann, Süddeutsche Zeitung, 26.12.2014)
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