Dem BND geht es dieser Tage "naß noi", wie man in Pullacher Gefilden zu sagen pflegt. Zunächst verklagte der auf seinen Ruf bedachte Betreiber des DE-CIX den Auslands(?)-Spionagedienst wegen Abgreifens inländischer Daten. Heute nun wurde bekannt, dass der BND auch Geheimnisse vor seiner Kanzlerin haben soll. Zur Strafe musste der BND-Präsident heute beim NSA-Untersuchungsausschuss vor die Tür.
So soll BND-Chef Gerhard Schindler bereits seit 2008 gewusst haben, dass die amerikanischen Partner, die vorgeblich Terroristen jagen, auch ein Auge auf die europäische Industrie geworfen hatten und sich hierzu der vom BND durchgeleiteten Informationen bedienten. Nach Angaben von ZEIT ONLINE hatte die NSA 800.000 sogenannte "Selektoren" wie IP-Adressen, E-Mail-Adressen oder Telefonnummern zum Bespitzeln genannt. SPIEGEL ONLINE zufolge sollen rund 40.000 davon problematisch sein, weil diese beim Ausspähen von inländischen oder westeuropäischen Ziele helfen, bei denen es offenbar nicht um Terrorbekämpfung geht.
Offiziell hat dies erst eine BND-Untersuchungsgruppe aufgrund eines Beweisantrags der Bundestagsfraktionen - und zwar aller - herausgefunden. Jedoch soll Schindler bereits 2013 infolge des NSA-Skandals eine eigene Liste in Auftrag gegeben, die es auf immerhin 2.000 brisante Selektoren schaffte. Nachdem Kanzleramtschef Pofalla im August 2013 den NSA-Skandal für beendet erklärte, ging dieser hinter den Kulissen offenbar erst richtig los. So wurde nicht etwa nur das Handy der Kanzlerin abgehört, wofür die Generalstaatsanwaltschaft angeblich keine belastbaren Anhaltspunkte hat, sondern auch andere Politiker, die bislang des Terrorismus unverdächtig waren.
mehr:
- Schindlers Geheimnis (Markus Kompa, Telepolis, 23.04.2015)
siehe auch:
- Lieferservice für die NSA (Jana Frielinghaus, junge Welt, 25.04.2015)
- „Der Bundesnachrichtendienst ist eine kriminelle Vereinigung“ (Hans Berger, Hintergrund, 24.04.2015)
- Der BND, ein gefährlicher Staat im Staat (Kai Biermann, ZEIT Online, 23.04.2015)
- BND half NSA beim Überwachen europäischer Politiker (Kai Biermann, Patrick Beuth, Tilman Steffen, ZEIT Online, 23.04.2015)
- Überwachung – Betreiber von Internetknoten will BND verklagen (ZEIT Online, 22.04.2015)
- Metadaten-Überwachung – "Die BND-Überwachung verstößt gegen die Verfassung" (Kai Biermann, ZEIT Online, 08.02.2015)
- Massenüberwachung – BND speichert 220 Millionen Telefondaten – jeden Tag (ZEIT Online, 06.02.2015)
- Geheimdienst – Die Anarchos vom BND (Kai Biermann, ZEIT Online, 14.11.2014)
- BND-Überwachung – Warum schickt der BND der Bundeswehr abgehörte Daten? (Kai Biermann, ZEIT Online, 18.03.2014)
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