Die biblischen Erzählungen von Endzeit und Gottesreich sind amerikanische Urmythen. Doch mit dem apokalyptischen Denken von Donald Trumps Beratern setzt sich ein neuer Geist durch.
Inaugurations-Reden sind üblicherweise Pathosopern, deren Hauptzweck darin besteht, die politischen Gegner zu umarmen, im Inland Optimismus zu verbreiten und im Rest der Welt guten Willen. Was also war bei Donald Trump los? "Rostige Fabriken stehen verstreut in der Landschaft ... wie Grabsteine", tönte er. "Verbrechen, Gangs und Drogen haben viel zu viele Leben gestohlen." "Der Reichtum der Mittelklasse wurde aus ihren Häusern gerissen." "American carnage", amerikanisches Blutbad, war der Begriff, mit dem er die Realität seines Landes zusammenfasste. Er hielt eine Rede, die wirkte wie dekoriert für Halloween. Seit dem Wahlkampf setzt Trump diese Gothic-Rhetorik fort: Die Zahl der Morde sei auf dem höchsten Stand seit 47 Jahren, sagte er kürzlich, obwohl sie 2014 auf dem niedrigsten Stand war. Ohne sein Einreiseverbot drohe unmittelbare Gefahr für das Land, meint er, obwohl kein Angehöriger der sieben Staaten in den USA je einen Terroranschlag begangen hat.
Doch das ist nur die eine Hälfte des Narrativs. Die andere, ebenfalls aus Trumps Rede vom 20. Januar, lautet: "Von diesem Tag an wird eine neue Vision unser Land führen." "Wir stehen an der Geburt eines neuen Millenniums, bereit, die Geheimnisse des Weltalls zu erschließen, die Erde vom Elend der Krankheiten zu befreien, die Energiequellen, Industrien und Technologien von morgen zu erschließen." Die Lage sei ernst, doch Amerika sei ja geschützt, durch Militär, Polizei und Gott.
Vielleicht meinte Trump mit "Millennium" nur das dritte Jahrtausend. Viele seiner Anhänger werden etwas anderes verstanden haben: das 1000-jährige Reich Gottes nämlich, von dem in der Offenbarung des Johannes die Rede ist. Trump ist der am wenigsten religiöse Präsident der letzten Jahrzehnte. Aber wie kein anderer hat er seinen politischen Durchmarsch auf die Apokalypse-Vorstellung gegründet, den biblischen Mythos, der zum amerikanischen Nationalmythos geworden ist.
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- Politik – USA, Land der Apokalypse (Jörg Häntzschel, SZ, 12.02.2017)
mein Kommentar:
Wie seit lassen die Amis Trump kommen, bevor sie das Impeachment starten?
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