Bei Fachärzten muss man oft ewig auf einen Termin warten. Notaufnahmen gelten auch deswegen als chronisch überlastet. Darf deshalb der, dem seit drei Wochen schwindelig ist, nicht kommen?
Stellen wir uns für einen Moment vor, wir wären Ärzte und würden in einer Notaufnahme arbeiten. Zum Beispiel in der im Universitätsklinikum Leipzig, an einem Mittwoch, es ist kurz vor 15 Uhr. Drinnen sind alle Pritschen belegt, Betten stehen im Flur. Draußen im Wartebereich sind noch Stühle frei. Der Herr mit der Platzwunde am Kopf (an der Betonmischmaschine gestoßen) wartet seit anderthalb Stunden. Die Frau mit trockenem Blut an der Hand (mit dem Fahrrad gestürzt) ist länger da und fragt jetzt am Aufnahmeschalter, ob sie vielleicht schon aufgerufen worden sei und es verpasst habe. Hat sie nicht.
Außerdem sind gekommen:
Herr B. Er ist 67 Jahre alt und ihm ist seit drei Wochen schwindelig. Gegen Mittag ist er in die Notaufnahme gelaufen und hat gesagt: „Ich kann kaum noch laufen.“
Frau D., 53, hat seit vier Tagen Bauchschmerzen und Angst, dass das von der Galle kommt.
Und: Frau H., die 82 Jahre alt ist, seit zwei Jahren bei keinem Arzt mehr war und die sich heute Morgen plötzlich „schwach auf den Beinen“ gefühlt hat.
Was würden wir tun? Um wen kümmern wir uns zuerst? Und bei wem denken wir, heimlich (und an noch stressigeren Tagen als heute vielleicht sogar laut): Was zum Teufel wollen Sie denn hier?
mehr:
- Patienten in der Notaufnahme: Was zum Teufel wollen Sie denn hier? (Denise Speichert, FAZ, 13.12.2016)
siehe auch:
- Wiesbadener Klinik: Chefärzte verlassen HSK im Streit (Ewald Hetrodt, FAZ, 15.02.2017)
- „Patienten in Gefahr“: Notaufnahme-Ärzte rügen neue Vorschriften (FAZ, 01.03.2017)
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