Die Aufsichtsratssitzung der Deutschen Bahn AG am 14. Dezember 2016 hatte ein spannendes Ergebnis: Das Gremium bestimmte den Ex-CDU-Berufspolitiker, Ex-Kanzleramtsminister und Merkel-Vertrauten Ronald Pofalla zum neuen Technikvorstand und Bahn-Vizechef. Anders als Volker Kefer, sein Vorgänger in diesen Positionen, hat Pofalla keinerlei (ingenieurs-)technischen Hintergrund. Und anders als der Vorstandsvorsitzende Rüdiger Grube hat er keinerlei Management-Erfahrung. Damit wird ausgerechnet die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft das, was immer über die Staatsbahn Bundesbahn behauptet wurde: ein vor allem von politischen Interessen gelenkter Konzern.
Und das heißt auch: Es handelt sich nicht um ein Unternehmen, das sich primär am Unternehmenszweck orientiert, nämlich die Dienstleistung Bahnverkehr den Fahrgästen zu deren Zufriedenheit zur Verfügung zu stellen. Wer sich fragt, warum der deutsche Nachtzugverkehr am 11. Dezember letzten Jahres eingestellt wurde, während er am selben Tag von der österreichischen Bahn massiv ausgebaut wurde, wer darüber irritiert ist, dass in Stuttgart mit einem Aufwand von rund zehn Milliarden Euro die Kapazität eines bestehenden, gut funktionierenden Bahnhofs um mehr als 30 Prozent heruntergeschraubt werden soll, oder wer sich auch nur darüber wundert, warum die Bahn ihre Verspätungen nicht in den Griff bekommt, der muss wissen: Die Deutsche Bahn AG ist ein Politikum. Es lassen sich drei politische Zielsetzungen ausmachen, die mit der Deutschen Bahn AG bzw. der Verkehrspolitik im Bereich Schiene verfolgt werden: erstens die Fortsetzung des allgemeinen Privatisierungsprozesses, zweitens der Einsatz des Bahnkonzerns als Begleitung der deutschen Außenpolitik und drittens die Beschränkung der Schiene auf eine Nischenfunktion, sodass die im Verkehrssektor dominierenden Verkehrsträger Auto und Flugzeug ihre Positionen ständig weiter ausbauen können.
Fortsetzung der Privatisierung: Seit 1994 gab es drei erkennbare Stufen im Privatisierungsprozess und eine kontinuierliche Entstaatlichung des Schienenverkehrs. Im Jahr 1994 wurde mit dem Zusammenschluss von Bundesbahn und Reichsbahn und der Bildung der Deutschen Bahn AG (DB) zunächst eine formelle Bahnprivatisierung vollzogen. Die Kontrolle durch den Bundestag erfolgt seither nur noch indirekt und punktuell. Gleichzeitig wurde seit 1994 der Schienenverkehrsmarkt Schritt für Schritt für private Betreiber geöffnet. 2005 bis 2008 wurde von der damaligen Großen Koalition und unter der „Schirmherrschaft“ von Bahnchef Hartmut Mehdorn und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee das Projekt Bahnbörsengang auf den Weg gebracht, bei dem bis zu 49 Prozent des Eigentums am Schienenunternehmen sowie an den Trassen und Bahnhöfen an private „Investoren“ verscherbelt werden sollte. Zwar scheiterte der eigentliche Börsengang (auch aufgrund des erheblichen Widerstandes in der Öffentlichkeit).
mehr:
- Innenpolitik – Der tägliche Bahnsinn (Winfried Wolf, Hintergrund, 08.12.2017)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen