Unabsichtlich, durch einen blöden Fehler(1), kam am 15. November zutage, was das Justizministerium unter Donald Trump mit Julian Assange vorhat, dessen Asyl in der ecuadorianischen Botschaft nach steter Bearbeitung der neuen Regierung des südamerikanischen Staates durch die US Regierung nur noch in Tagen bemessen ist.
Beim Kopieren eines Textabschnittes von einer Anklageschrift zur anderen wurde eine Passage verwendet, aus der hervorgeht, dass eine sogenannte „Geheime Anklageschrift“ gegen Julian Assange existiert. Sie sollte erst in dem Moment veröffentlicht werden, in dem der Gründer von Wikileaks in London festgenommen wird. Und offenbar, so schließt das bisher nicht für anti-amerikanische Verschwörungstheorien bekannte „Wall Street Journal“ aus den Passagen, soll eine Spionage-Anklage gegen Julian Assange erhoben werden.(2) Der Passus „Informationen, die die nationale Sicherheit betreffen“ eröffnet ungeahnte Möglichkeiten der Strafverfolgung, zum Beispiel ein nicht-öffentliches Verfahren vor einem Militärgericht, mit den entsprechenden drakonischen Strafen. Was noch in der Wundertüte des US Justizministeriums auf Assange wartet, ist unbekannt, klar ist nur, dass es eine Anklage mit verschiedenen Punkten ist.
Darum ging es, von Anfang an. Nicht um die fadenscheinige Verfolgung einer „Vergewaltigung“. Selten demaskierte sich das herrschende Recht so sehr als das Recht der Herrschenden. Die US-Regierung, der „Tiefe Staat“ und der finanziell-industriell-miltärische Komplex wollten und werden Rache nehmen für die Veröffentlichung vieler geheimer Dokumente durch Wikileaks. Beweise für Machenschaften, die eigentlich nie in das gleißende Licht der Öffentlichkeit geraten sollten.
Die Supermacht, die gerne einzige Supermacht des Planeten bleiben würde, war des öfteren durch Wikileaks bloßgestellt worden. So mit dem Video „Collateral Murder“, das die Vernichtung einer Kameracrew im Irak dokumentierte, mit Unterlagen zu Guantanamo, mit Botschaftsdepeschen, mit Dokumenten zum Abhören der deutschen Regierung durch die NSA, mit Protokollen des NSA-Untersuchungsausschusses in den USA, mit den Teilnehmerlisten der Bilderberg Konferenzen und last but not least mit den Emails des Wahlkampfteams von Hillary Clinton, die belegten, mit welch schmutzigen Methoden Clinton gegen ihren Konkurrenten Bernie Sanders vorgegangen war.
Julian Assange hat den Kaiser zu oft nackt präsentiert. Dafür soll er bestraft werden.
Selbstverständlich. Kein Regierungschef einer Bananenrepublik würde es akzeptieren, so vorgeführt zu werden, und dann auch noch im Namen der Pressefreiheit. Weswegen z.B. Thailand, Nordkorea, Zimbabwe, China, Israel, Russland und die Türkei den Zugang zu Wikileaks teilweise oder generell blockierten. Nur in einer echten Demokratie würde die Pressefreiheit garantieren, dass sich eine Regierung damit abfinden muss, dass ihre Staatsbürger im Interesse eines höherwertigen Rechtes der Öffentlichkeit Informationen über Verfehlungen des Staates erhalten. Um eine Reparaturfähigkeit des Systems zu ermöglichen, das Auswüchse seines Machtapparates in einem kontinuierlichen Kontroll-Prozesses selbst aufdeckt und angeht.
So wie man es über Jahrzehnte vorgebetet bekam: an Universitäten, in Zeitungen und Rundfunksendungen. Die Pressefreiheit – wurde uns gebetsmühlenartig eingebleut – sei eine unverzichtbare Errungenschaft der Demokratie. Ja, auch in demokratischen Staaten gäbe es Machtmissbrauch, aber, und das unterscheide sie von Diktaturen und Bananenrepubliken, würden dort wachsame Medien darüber berichten. Und dann würde alles wieder gut, was zeitweise böse war. Kein Grund zur Sorge, die Beschützer der Demokratie halten die Wacht am Potomac. Und wir am Rhein haben von ihnen gelernt. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute, in Ewigkeit, amen.
Tatsächlich zeigen die US-Regierungen seit Bush und Obama mit der erfolgten Verurteilung von Chelsea Manning, dem geplanten Geheimverfahren gegen Assange und der hartnäckigen Jagd auf Edward Snowden, was die USA wirklich sind: eine Bananenrepublik mit Atomwaffen. Eine Dissidenten verfolgende Oligarchie mit korruptem Rechtsverständnis.
mehr:
- Tagesdosis 20.11.2018 – „High Noon“: Der Kampf gegen die Pressefreiheit in den USA (Podcast) (Kommentar von Dirk Pohlmann, KenFM, 20.11.2018)
x
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen