Die deutsche Handball-Ikone spricht ein wahres Phänomen an: meinungslose Profisportler. Sagen sie ausnahmsweise doch etwas, was nicht zu 99,9 Prozent konsensfähig ist, kriegen sie verbal auf die Fresse. Trotzdem sind Kretzschmars Äußerungen zur Meinungsfreiheit Unsinn.
Man erlebt es immer wieder in der Bundesliga oder auf internationaler Ebene: Fußballspieler laufen mit Parolen auf wie "No to Racism" oder #EqualGame. Oder sie werben in Videos für ein respektvolles Miteinander aller Nationen und Rassen. Das ist richtig und wichtig. Doch machen wir uns nichts vor: Vielfach ist die Sprache auf den Rängen in den Stadien eine andere. Schwarze Spieler werden jedes Wochenende in übelster Weise beleidigt. Gibt es einen Aufschrei aus den Teams heraus? Wann hat zuletzt ein Spieler eine flammende Rede gegen Rassismus unter Zuschauern gehalten?
Hierzulande existiert kein einziger Spitzensportler mehr, der wie einst Handball-Ikone Stefan Kretzschmar oder Ewald Lienen, der "Linksaußen" der Bundesliga, politisch pointiert Farbe bekennt. Dafür sorgen schon die Vereine und ihre Bosse, die die Fans nur ja nicht verprellen wollen, damit die weiter und noch viel mehr Eintrittskarten und Shirts kaufen. Nur nicht anecken, lautet die Devise. Konformität ist angesagt, weshalb selbst gut gemeinte Aktionen wie "Nein zu Rassismus" wie ein hohles Pflichtprogramm wirken und deshalb ziemlich verpuffen.
Kretzschmar, einer, der sich einst als Linker bekannte, formuliert das Verhalten seiner Zunft so: "Alle gehen ihren gemütlichen Weg, keiner streckt den Kopf höher heraus als er muss." Da hat er recht. Stimmen wird wohl auch seine Feststellung: "Wir müssen immer mit Repressalien von unserem Arbeitgeber oder von Werbepartnern rechnen. Deswegen äußert sich heute keiner mehr kritisch."
mehr:
- Stefan Kretzschmar hat absolut (Un-)Recht (Kommentar von Thomas Schmoll, n-tv, 15.01.2019)
siehe auch:
- Stefan Kretzschmar und die Tyrannei der Mehrheit (Anabel Schunke, Achgut.ch, 14.01.2019)
- Stefan Kretzschmar: "Wir haben keine Meinungsfreiheit mehr" (Post, 14.01.2019)
- Rassismus-Kontroverse: Rihanna will nicht beim Superbowl singen (n-tv, 19.10.2018)
x
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen