Der Bundespräsident vermisst republikanische Begeisterung in der Bevölkerung. Die Diagnose stimmt, die Therapie fehlt. Politiker, Parteien und Regierungen tragen zum republikanischen Verdruss bei, schreibt Alexander Kissler
Der Präsident der Bundesrepublik Deutschland, Frank-Walter Steinmeier, hat in seiner gestrigen Weimarer Rede zum Ausrufezeichen gegriffen und gesagt: „Republikanische Begeisterung, die wünsche ich mir auch heute!“ Vor 100 Jahren, am Beginn der Weimarer Reichsverfassung, an die Steinmeier mit seiner Rede erinnerte, habe eine solche „republikanische Begeisterung“ geherrscht. Heute fehlt sie und ist in den Bereich des Wünschenswerten gerückt. Doch ob ein präsidiales Wünschen dem Mangel abhelfen wird?
Recht hat das Staatsoberhaupt mit seiner Koppelung von Republik und Geist. Ohne eine republikanische Gesinnung kann keine Republik gedeihen. Der „parlamentarischen Republik“ (Steinmeier) von Weimar war keine lange Dauer beschieden, „Republikfeinde von links wie rechts trachteten ihr vom ersten Tag an nach dem Leben.“ Damals waren die „Republikfeinde“ Feinde der Demokratie, Feinde des Parlaments, Feinde der neuen Verfassung. Dass freilich 100 Jahre später keine „republikanische Begeisterung“ sich einstellen mag, liegt nicht an den versprengten Anarchisten und Kommunisten und Monarchisten, die sich ein anderes politisches System wünschen. Nein, es liegt am Gruppenegoismus derer, die im Namen der Demokratie und des Parlaments und der Verfassung zu handeln meinen.
mehr:
- Unsere Republik braucht mehr Republikaner (Alexander Kissler, Cicero, 07.02.2019)
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