Eine radikale linke Bewegung ist im Mainstream der US-Politik angekommen, trotz und wegen Donald Trump. Sie fordert mehr Staat und weniger Kapitalismus. Mit Erfolg.
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Alexandria Ocasio-Cortez sitzt seit gerade einmal sechs Wochen im US-Kongress und ist dennoch schon das bekannteste neue Gesicht der US-Politik. Dazu hat nicht nur ihr überraschender Wahlsieg beigetragen, sondern auch ihr kritischer Umgang mit der eigenen Parteiführung. Dass die New Yorkerin jung (29), Latina und weiblich ist, kommt bei bürgerlichen Linken ebenso gut an wie ihre rigorose Opposition gegen US-Präsident Donald Trump. Inhaltlich relevanter ist jedoch ihre politische Verortung. Ocasio-Cortez bezeichnet sich selbst als "demokratische Sozialistin".
Dieses Bekenntnis hätte in den USA vor wenigen Jahren noch einem politischen Suizid geglichen. Doch Ocasio-Cortez hat damit im vergangenen Jahr nicht nur die Vorwahlen in New Yorks 14. Wahlbezirk gegen einen etablierten Amtsinhaber gewonnen, sondern auch die Hauptwahl im November. Sie ist damit auch die jüngste weibliche Abgeordnete in der Geschichte des Kongresses.
Ocasio-Cortez fordert eine staatliche Gesundheitsversorgung für alle, Großbanken sollen zerschlagen und eine Jobgarantie für alle US-Amerikaner eingeführt werden. Und sie ist nicht die einzige sogenannte Sozialistin im Kongress. Rashida Tlaib aus Michigan, die ebenfalls im November in den Kongress gewählt wurde, bezeichnet sich auch als "demokratische Sozialistin". Bernie Sanders, Senator aus Vermont, sitzt zwar schon seit 2007 im Senat, machte aber vor allem 2016 Schlagzeilen. Sanders wäre fast Präsidentschaftskandidat der Demokraten geworden. Alle drei beweisen: Mit dem Etikett "socialism" lassen sich in Amerika neuerdings Wahlen gewinnen.
Ein roter Geist erwacht in den Vereinigten Staaten: Seine Anhänger finden sich in den Parlamenten, in politischen Bürgerbewegungen, im Journalismus und in der Popkultur. Allen ist gemeinsam, dass sie dem quasireligiösen Bekenntnis einer neoliberalen Marktwirtschaft eine Alternative entgegensetzen. Für amerikanische Verhältnisse ist das ein revolutionär neuer und vielleicht auch deshalb so attraktiver Politikansatz. Und die Protagonisten der radikalen Linken sind so erfolgreich, dass selbst Donald Trump sie als Gegner ausgemacht hat.
mehr:
- USA: Ein roter Geist erwacht (Jörg Wimalasena, ZON, 19.02.2019)
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