Warum es geboten ist, sich mit dem Begriff "Heimat" auseinander zu setzenx
"Heimat" gehört zu den sentimental aufgeladenen Vokabeln, die uns das 19. Jahrhundert reichlich beschert hat. Heimat als handfester Besitz an Gut und Boden wurde seinerzeit umgemünzt in Wert des Gefühls. Zunächst hingegen war mit dem Begriff nur ein einfacher Sachverhalt gemeint: Heimat, so heißt es beispielsweise im Grimmschen Wörterbuch, sei das Land oder auch nur der Landstrich, in dem man geboren ist oder auch nur bleibenden Aufenthalt hat.
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Das, so meint der Publizist Jörg Magenau, war einmal. Denn "in der globalen Welt, in der die einen, strotzend vor Mobilität, von Flugplatz zu Flugplatz jetten und andere in überfüllten Fischerbooten hocken oder barfuß durch den Schnee nach Europa marschieren, gibt es Heimat entweder nur für die Glücklichen, die schon da sind, wo sie immer waren, oder man bringt die Heimat mit im Fluchtgepäck und schafft sie sich neu in der Fremde. Heimat ist, wie andere Rohstoffe auch, zu einem knappen Gut geworden, um das weltweite Verteilungskämpfe stattfinden. Wie viele Fremde verträgt sie denn, und was wird dann aus ihr?"
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Heute wird weithin ein "Heimatschwund" konstatiert und beklagt, ohne dass freilich die wechselhafte, ja launische Begriffsgeschichte groß beachtet würde. Im Ersten Weltkrieg wurde das Heimatgefühl von den Nationalisten und dann von den Nazis für ihre Zwecke usurpiert. Heimat hieß dann "Heim ins Reich", und alles Fremde wurde tendenziell ausgemerzt. Und dass nach dem II. Weltkrieg die sogenannten "Heimatvertriebenen" - und ihr Beharren auf das Wiedererlangen verlorener Territorien - die Debatte bestimmten, hatte zur Folge, dass der Terminus Heimat in der Bundesrepublik alsbald verbraucht war und eher gemieden wurde.
mehr:
- Mehr als regressiver Kitsch und falsche Idylle (Robert Kaltenbrunner, Telepolis, 26.12.2019)
siehe auch:
- Idar-Oberstein und seine Geschichte – Metropole der Edelsteine (Post, 11.03.2018)
- Edgar Reitz’ Deutschland-Chronik bei Arte (Post, 27.08.2015)
- Kinoempfehlung: Die andere Heimat von Edgar Reitz (Post, 10.11.2013)
- Das Kino der Zukunft (Florian Rötzer im Gespräch mit Edgar Reitz, Telepolis, 14.02.1997)
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