Wer in die Zeitungshäuser reinschaut, sieht nichts Gutes. Fast überall geht die Angst um, morgen, spätestens übermorgen den Arbeitsplatz zu verlieren. Für einen Berufsstand, der einmal angetreten ist, der Demokratie eine Stütze zu sein, ist das tödlich. Angst lähmt und macht unfrei. Bei öffentlich-rechtlichen Anstalten dürfte das eigentlich keine Rolle spielen. Sie leben nicht von Werbung, sondern von ihren Zuschauern, die für ihre Gebühren ein ordentliches Programm erwarten. Also auch vom SWR.
Zu viel erwartet? Nein und nochmals nein. Noch immer sind die ARD-Sender Inseln in einer brutalen Medienökonomie, die reihenweise Redaktionen kippt. Zuletzt bei der "Brigitte", die elf TextredakteurInnen gekündigt hat, darunter die Witwe von Gabriel Grüner, dem "Stern"-Reporter, der 1999 in Kosovo erschossen wurde. "Brigitte" und "Stern" gehören zum selben Verlag. Beim SWR ist dieser Zynismus undenkbar. Nicht weil dort die besseren Menschen säßen, sondern weil er eine Verfassung hat, die nicht den Gesetzen eines Marktradikalismus unterliegt. Öffentlich-rechtlich eben. Ein hohes Gut.
mehr:
- Angst macht unfrei (Kontext, 05.11.2014)
dazu auch:
- Die Welt braucht Wachhunde (Susanne Stiefel, Kontext, 05.11.2014)
Es tut sich was in der deutschen Zeitungslandschaft, jenseits der großen und kleineren Verlage. Krautreporter ist nur das jüngste Beispiel dafür. Es wird wieder über die Wächterfunktion der Presse diskutiert und nicht nur in Endlosschleifen darüber lamentiert, wie schlecht es den Verlagen angeblich geht. Und darüber, was der Gesellschaft guter Journalismus wert ist.
Längst hat sich eine journalistische Parallelgesellschaft gebildet. Lokale Blogs wie Seemoz am Bodensee oder der rheinneckarblog in Mannheim. Regionale Online-Zeitungen wie die Kontext:Wochenzeitung oder die Ruhrbarone. Das investigative Recherchebüro Correctiv in Berlin und seit Neuestem die Krautreporter, die im Oktober mit großem Medienhype gestartet sind: Sie alle greifen Themen auf, die lokal, regional oder national liegen bleiben, weil es den Anzeigenkunden der Verlage nicht gefällt, den Verlegern politisch nicht opportun erscheint oder weil das Geld für aufwendige Hintergrund-Recherchen ihre Gewinne schmälert. "Die Zeiten für Aufbruch und neue journalistische Abenteuer könnten nicht besser sein", schreibt der Correctiv-Mitbegründer und investigative Journalist Daniel Drepper.
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