Wald & Wirtschaft 1125 Bäume pro Bürger wachsen in Deutschland. Entweder sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht, oder an den Zahlen ist etwas falsch. Ein Kommentar in Wort und Bild
Glaubt man dem Bundesforstminister, so geht es dem deutschen Wald ganz hervorragend. Im vergangenen Jahr erklärte der politisch motivierte Apfelverzehrer Christian Schmidt, dass aktuell rund 90 Milliarden Bäume gut ein Drittel des Bundesgebiets bewachsen. Im Vergleich dazu waren es 2002 noch knapp neun Milliarden Buchen, Tannen, Eichen, Fichten und andere Bauholzarten.
Während der bundesweite Blätterwald die Meldung unreflektiert übernahm und beispielsweise der SPIEGEL oder die Badische Zeitung die mysteriösen 90 Milliarden begeistert als gegeben hinnahmen, erregte die Meldung etwa in der Redaktion des BR-Satiremagazins „quer“ neben Stirnrunzeln auch Interesse.
Denn eine Verzehnfachung des Baumbestands erschien doch als eine allzu wundersame Waldvermehrung. Und der Redaktion waren natürlich die vorangegangenen Recherchen ihrer Kollegen aus dem Hause längst bekannt.
Ausverkauf der Naturschutzgebiete
In der Reportage „Die Grenzen der Nachhaltigkeit – Energie aus dem Wald“ vom 13. Januar 2014 folgt ein Team des Bayrischen Rundfunks dem Weg alter Buchen aus bayrischen Naturschutzgebieten in den internationalen Export.
Dabei begleiten und interviewen sie unter anderem Naturschützer und engagierte Bürger, die über Jahre hinweg bereits ungehört Alarm schlagen und die Schäden dokumentieren. Ausgerechnet die Staatsforsten haben offenbar den Export der Filetstücke als lukrative Einnahmequelle für klamme Länderhaushalte entdeckt. Denn besonders China hat einen schier unstillbaren Hunger nach hochwertigem Bauholz. Die Markierungen auf den teilweise weit über 140 Jahre alten Bäumen zeigen in der BR-Dokumentation wie zur Bestätigung eindeutig das Zeichen eines Holzverarbeiters, der ausschließlich für den Export einkauft.
Dieses Thema hatte die ARD-Reihe „plusminus“ bereits zuvor in der Sendung „Alte Buchen nach China – Ausverkauf des deutschen Waldes“ vom 18. Dezemeber 2013 aufgegriffen und beobachtet, wie ausgerechnet geschützte Hölzer gezielt geschlagen und direkt per Kran exportbereit in Container mit der plakativen Aufschrift „China Shipping“ verladen wurden.
Auch Greenpeace Deutschland warnte bereits im Februar 2012 in seinem 40 Seiten umfassenden Bericht „Zerstörung alter Buchenwälder in Bayern – Der Fall Spessart: Wie ein einzigartiger Bürgerwald verschwindet“ vor dem Kahlschlag in besonders schützenswerten Waldgebieten. Dabei thematisieren die Umweltschützer vor allem den systematischen Raubbau an geschützten Bäumen in ausgewiesenen Naturschutzgebieten.
mehr:
- Der Ausverkauf der deutschen Naturwälder (Timo Essner, Community, der Freitag, 09.05.2015)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen