Im Kampf gegen den Börseneinbruch setzt China auf drastische Maßnahmen. Zum dritten Mal in wenigen Tagen hat Peking die Landeswährung abgewertet. Zudem will man die Geldpolitik hin zu einer frei schwankenden Währung umstellen.
Im Kampf gegen den galoppierenden Kursteinbruch an der heimischen Börse greift Chinas Regierung zu immer drastischeren Maßnahmen. Nun hat Peking den Kurs der Landeswährung Yuan ein drittes Mal in Folge gegenüber dem US-Dollar abgewertet. Im Vergleich zum Vortag ist der Referenzwert um 1,11 Prozent verringert worden. Damit liegt der Dollar derzeit bei 6,4 Yuan. Von diesem Mittelwert lässt die Notenbank Handelsschwankungen von zwei Prozent nach oben und unten zu.
Bereits am Dienstag hatte die chinesische Notenbank den Referenzkurs um 1,9 Prozent gesenkt und dabei erklärt es würde sich um eine einmalige Aktion handeln. Doch am Mittwoch folgte eine weitere Senkung um 1,6 Prozent.
mehr:
- Weltweit Einbrüche an den Aktienmärkten – Yuan wertet dritten Tag in Folge ab (Freie Welt, 13.08.2015)
Die Psychologie betreffenden Posts habe ich in »Roths Psychoblog« eingestellt. Eine Liste der Musikvideos findet sich unter »Tornado’s Music Favourites« (siehe unter »Links«). Das Posten eines Videos schließt das Hinzufügen des Infotextes mit ein. (Ich bemühe mich, offensichtliche Werbung wegzulassen) Dieser gibt also nicht notwendigerweise meine Meinung wieder! Das verwendete Bild stammt aus Bob Dylan’s Video »Jokerman«. Ich speichere keine Daten!
Donnerstag, 13. August 2015
Datenschutz: Bau ab, bau ab, bau ab!
Deutschland und Datenschutz – das gehörte mal zusammen. Inzwischen aber arbeitet die Bundesregierung an dessen Abbau und riskiert so die Vorreiterrolle in einem immer wichtiger werdenden Feld.
In dem amüsanten deutschen Film „Kein Bund fürs Leben“ aus dem Jahr 2007, in dem es um Abenteuer junger Bundeswehrrekruten geht, gibt es eine Szene, in der sich die Helden mit ihren Übungsgewehren gegenseitig „erschießen“, noch bevor eine Übung, die mit den „amerikanischen Freunden“ (bzw. gegen sie) vollzogen werden soll, überhaupt erst beginnt. Der Kommandant der Anlage, Major Hauptmann, kommentiert den Vorfall süffisant mit den Worten, seine Rekruten seien die erste Einheit, die es geschafft habe, sich selbst zu besiegen.
Zurück in Deutschland des Jahres 2015. Der Wehrdienst ist abgeschafft, es gibt eine Berufsarmee, und der Krieg – der Cyberkrieg – soll jetzt auch nur noch im Netz stattfinden. Doch weiterhin verfügt Deutschland über ein Datenschutzgesetz, das zu den restriktivsten in Europa, möglicherweise sogar weltweit, zählt. Das Bundesdatenschutzgesetz gibt es in Deutschland zwar bereits seit dem Jahr 1977, doch erst die Neufassung, infolge des sogenannten Volkszählungsurteils aus dem Jahr 1983 grundlegend überarbeitet und 1990 in Kraft getreten, hält den Ruf des international strengsten Datenschutzgesetzes aufrecht.
mehr:
- Bau ab, bau ab, bau ab! (Aleksandra Sowa, The European, 31.07.2015)
In dem amüsanten deutschen Film „Kein Bund fürs Leben“ aus dem Jahr 2007, in dem es um Abenteuer junger Bundeswehrrekruten geht, gibt es eine Szene, in der sich die Helden mit ihren Übungsgewehren gegenseitig „erschießen“, noch bevor eine Übung, die mit den „amerikanischen Freunden“ (bzw. gegen sie) vollzogen werden soll, überhaupt erst beginnt. Der Kommandant der Anlage, Major Hauptmann, kommentiert den Vorfall süffisant mit den Worten, seine Rekruten seien die erste Einheit, die es geschafft habe, sich selbst zu besiegen.
Zurück in Deutschland des Jahres 2015. Der Wehrdienst ist abgeschafft, es gibt eine Berufsarmee, und der Krieg – der Cyberkrieg – soll jetzt auch nur noch im Netz stattfinden. Doch weiterhin verfügt Deutschland über ein Datenschutzgesetz, das zu den restriktivsten in Europa, möglicherweise sogar weltweit, zählt. Das Bundesdatenschutzgesetz gibt es in Deutschland zwar bereits seit dem Jahr 1977, doch erst die Neufassung, infolge des sogenannten Volkszählungsurteils aus dem Jahr 1983 grundlegend überarbeitet und 1990 in Kraft getreten, hält den Ruf des international strengsten Datenschutzgesetzes aufrecht.
mehr:
- Bau ab, bau ab, bau ab! (Aleksandra Sowa, The European, 31.07.2015)
Mehr Offizielle finden den Mut zur Wahrheit
Während die Anzeichen nicht mehr zu übersehen sind, daß die US-Regierung und die NATO eine militärische Konfrontation mit Rußland und China – möglicherweise noch für diesen oder nächsten Monat – vorbereiten, finden mehr und mehr führende Persönlichkeiten gewissermaßen in letzter Minute vor der Katastrophe den Mut, das von Medien und Politik orchestrierte Theater zu durchbrechen, mit dem man versucht, die Bevölkerung mit schwarzer Propaganda auf den kommenden Krieg vorzubereiten. Die „Guns of August“, der Militäraufmarsch zum Dritten und, wie der Duma-Sprecher Sergej Naryschkin es nannte, letzten Weltkrieg der Menschheit, ist in vollem Gange. Aber auch der Ausweg ist in greifbarer Nähe.
Es ist sehr bemerkenswert, daß ein ehemaliger NATO-Kommandant sich folgendermaßen äußert: Der italienische Generalleutnant Fabio Mini, ehemals Generalstabschef des Südkommandos der NATO und Kommandant der KFOR in Kosovo, gab gegenüber der Webseite „Critica Scientifica“ die klare Warnung ab, daß der gegenwärtig eskalierende „Weltkrieg“ dabei sei, bis zu einer nuklearen Konfrontation zu eskalieren, und brachte diese Dynamik mit der Kontrolle der Finanzmärkte über die Nationalstaaten in Verbindung. Er warnte, daß heute begrenzte Kriege nicht einmal mehr theoretisch möglich seien und daß alle Konflikte – vom Kalten Krieg der baltischen Staaten gegen Rußland über die Ukraine bis hin zu Syrien und Jemen, einschließlich aller sogenannten „Kleinkriege“ – darauf hinwiesen, daß wir nicht erst mit einen neuem totalen Konflikt rechnen müßten, sondern daß wir bereits bis zu unserem Hals darin stecken.
„Was sich in Asien mit dem strategischen Pazifik-Schwerpunkt abzeichnet“, so Generalleutnant Mini, „ist vielleicht das offensichtlichste Anzeichen, daß dort die Perspektive einer Explosion wie im Zweiten Weltkrieg auf diesem Kriegsschauplatz sehr wahrscheinlich ist. Nicht so sehr, weil Flugzeugträger und Raketen dorthin gebracht werden (was in der Tat soeben stattfindet), sondern weil es die Vorbereitung für einen Weltkrieg, einschließlich der unvermeidbaren nuklearen Konfrontation, ist. Das heißt nicht, daß es sofort passieren wird, aber je länger die Vorbereitung dauert, und je mehr Ressourcen in die Waffensysteme investiert werden, um so mehr Köpfe in Asien und im Westen werden in diese Richtung denken.“
Anläßlich des 70. Jahrestags des Abwurfs der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki äußerten sich eine ganze Reihe von Persönlichkeiten über die dringende Notwendigkeit, Nuklearwaffen aufgrund ihrer potentiellen gattungsvernichtenden Eigenschaft zu ächten und abzuschaffen, allen voran interessanterweise der japanische Premierminister Abe, aber auch der möglicherweise kommende Führer der britischen Labour Party, Jeremy Corbyn, sowie Michail Gorbatschow. Gorbatschow warnte, er sei sehr besorgt über die Gefahr eines Nuklearkriegs, es könne sein, daß wir das kommende Jahr nicht überlebten, wenn einer in dieser aufgeheizten Situation die Nerven verliere.
mehr:
- Die Welt am Rand des nuklearen Abgrunds: Mehr Offizielle finden den Mut zur Wahrheit (Helga Zepp-Larouche, Bürgerrechtsbewegung Solidarität, 10.08.2015)
siehe auch:
- Ehemaliger NATO-Stabschef warnt vor der Gefahr eines Nuklearkrieges (Bürgerrechtsbewegung Solidarität, 07.08.2015)
Es ist sehr bemerkenswert, daß ein ehemaliger NATO-Kommandant sich folgendermaßen äußert: Der italienische Generalleutnant Fabio Mini, ehemals Generalstabschef des Südkommandos der NATO und Kommandant der KFOR in Kosovo, gab gegenüber der Webseite „Critica Scientifica“ die klare Warnung ab, daß der gegenwärtig eskalierende „Weltkrieg“ dabei sei, bis zu einer nuklearen Konfrontation zu eskalieren, und brachte diese Dynamik mit der Kontrolle der Finanzmärkte über die Nationalstaaten in Verbindung. Er warnte, daß heute begrenzte Kriege nicht einmal mehr theoretisch möglich seien und daß alle Konflikte – vom Kalten Krieg der baltischen Staaten gegen Rußland über die Ukraine bis hin zu Syrien und Jemen, einschließlich aller sogenannten „Kleinkriege“ – darauf hinwiesen, daß wir nicht erst mit einen neuem totalen Konflikt rechnen müßten, sondern daß wir bereits bis zu unserem Hals darin stecken.
„Was sich in Asien mit dem strategischen Pazifik-Schwerpunkt abzeichnet“, so Generalleutnant Mini, „ist vielleicht das offensichtlichste Anzeichen, daß dort die Perspektive einer Explosion wie im Zweiten Weltkrieg auf diesem Kriegsschauplatz sehr wahrscheinlich ist. Nicht so sehr, weil Flugzeugträger und Raketen dorthin gebracht werden (was in der Tat soeben stattfindet), sondern weil es die Vorbereitung für einen Weltkrieg, einschließlich der unvermeidbaren nuklearen Konfrontation, ist. Das heißt nicht, daß es sofort passieren wird, aber je länger die Vorbereitung dauert, und je mehr Ressourcen in die Waffensysteme investiert werden, um so mehr Köpfe in Asien und im Westen werden in diese Richtung denken.“
Anläßlich des 70. Jahrestags des Abwurfs der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki äußerten sich eine ganze Reihe von Persönlichkeiten über die dringende Notwendigkeit, Nuklearwaffen aufgrund ihrer potentiellen gattungsvernichtenden Eigenschaft zu ächten und abzuschaffen, allen voran interessanterweise der japanische Premierminister Abe, aber auch der möglicherweise kommende Führer der britischen Labour Party, Jeremy Corbyn, sowie Michail Gorbatschow. Gorbatschow warnte, er sei sehr besorgt über die Gefahr eines Nuklearkriegs, es könne sein, daß wir das kommende Jahr nicht überlebten, wenn einer in dieser aufgeheizten Situation die Nerven verliere.
mehr:
- Die Welt am Rand des nuklearen Abgrunds: Mehr Offizielle finden den Mut zur Wahrheit (Helga Zepp-Larouche, Bürgerrechtsbewegung Solidarität, 10.08.2015)
siehe auch:
- Ehemaliger NATO-Stabschef warnt vor der Gefahr eines Nuklearkrieges (Bürgerrechtsbewegung Solidarität, 07.08.2015)
Der blinde Fleck des Journalismus
Medien kritisieren alles und alle. Doch Kritik am Journalismus geißeln sie als »Medienschelte«. Thomas Meyer erklärt, warum das so nicht gut ist
Im Sinne einer Politik des full disclosure zeigt die Autorin dieses Textes hier dreierlei an. Erstens: Ich bin mit Thomas Meyer nicht befreundet, kenne ihn aber persönlich und schätze ihn. Zweitens: In meinen nunmehr fast 20 Berufsjahren als politische Journalistin habe ich mich öfter über die bornierte Schiedsrichter-Mentalität geärgert, die man sich in unserem Berufsstand offenbar ungestraft leisten kann. Drittens: Bei einem unerwartet kurzen Ausflug in die politische Sphäre war ich selbst der Gegenstand von Berichterstattung, die weitgehend gleichgerichtet ausfiel, zum Teil sachliche Fehler enthielt und zum Teil Urteile fällte, die zumindest mir als Betroffene maßlos vorkamen (die Frau ist total überfordert / unfähig / beratungsresistent / von Hybris besessen / verrückt / kriminell). Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen setze ich mich hier mit Meyers Thesen zur Unbelangbarkeit von Journalisten auseinander.
Das journalistische Übermenschentum
Der Politikwissenschaftler stellt seiner auf ruhige Weise gnadenlosen Analyse des politischen Journalismus in Deutschland eine Formulierung des verstorbenen FAZ-Herausgebers Frank Schirrmacher voran: Der hatte im März 2014, wenige Wochen vor seinem Tod, vor einem um sich greifenden „journalistischen Übermenschentum“ gewarnt. Er illustrierte seine Warnung mit dem Beispiel des ZDF-Moderators Claus Kleber, der im heute journal den Siemens-Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser eher angeprangert als interviewt hatte: Es ging um die Frage, wie Kaesers Russland-Reise im Frühjahr 2014 während der Ukraine-Krise moralisch zu bewerten sei. Meyer fügt diesem Beispiel für die Übergriffigkeit und Rollenanmaßung mancher „Alphajournalisten“ weitere hinzu, etwa das überlange Kreuzverhör, in dem Marietta Slomka den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel zu der Frage vernahm, ob eine Mitgliederentscheidung der Sozialdemokraten über den Koalitionsvertrag der Großen Koalition verfassungskonform sei. (Slomka war nicht dieser Ansicht, was sie den streng Befragten auch fast acht Minuten lang spüren ließ.) Oder die einzigartige Herablassung, mit der der Spiegel den SPD-Spitzenkandidaten Peer Steinbrück als „Narziss“, „Schauspieler“ und „Clown“ abqualifizierte. Man könnte zahlreiche weitere Belege für solche Überhebungen nennen – wobei ihre Urheber in bemerkenswert geringem Maße zu reflektieren scheinen, wie Derartiges bei den Betroffenen, vor allem aber beim Publikum ankommt. Auflagenschwund und Medienverdrossenheit könnten ja immerhin den Verdacht nahe legen, dass Leser und Zuschauer sich vielleicht doch weniger mit den Haltungsnotenvergebern identifizieren als mit den Benoteten.
mehr:
- Der blinde Fleck des Journalismus (Susanne Gaschke, Berliner Republik, 3/2015)
Im Sinne einer Politik des full disclosure zeigt die Autorin dieses Textes hier dreierlei an. Erstens: Ich bin mit Thomas Meyer nicht befreundet, kenne ihn aber persönlich und schätze ihn. Zweitens: In meinen nunmehr fast 20 Berufsjahren als politische Journalistin habe ich mich öfter über die bornierte Schiedsrichter-Mentalität geärgert, die man sich in unserem Berufsstand offenbar ungestraft leisten kann. Drittens: Bei einem unerwartet kurzen Ausflug in die politische Sphäre war ich selbst der Gegenstand von Berichterstattung, die weitgehend gleichgerichtet ausfiel, zum Teil sachliche Fehler enthielt und zum Teil Urteile fällte, die zumindest mir als Betroffene maßlos vorkamen (die Frau ist total überfordert / unfähig / beratungsresistent / von Hybris besessen / verrückt / kriminell). Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen setze ich mich hier mit Meyers Thesen zur Unbelangbarkeit von Journalisten auseinander.
Das journalistische Übermenschentum
Der Politikwissenschaftler stellt seiner auf ruhige Weise gnadenlosen Analyse des politischen Journalismus in Deutschland eine Formulierung des verstorbenen FAZ-Herausgebers Frank Schirrmacher voran: Der hatte im März 2014, wenige Wochen vor seinem Tod, vor einem um sich greifenden „journalistischen Übermenschentum“ gewarnt. Er illustrierte seine Warnung mit dem Beispiel des ZDF-Moderators Claus Kleber, der im heute journal den Siemens-Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser eher angeprangert als interviewt hatte: Es ging um die Frage, wie Kaesers Russland-Reise im Frühjahr 2014 während der Ukraine-Krise moralisch zu bewerten sei. Meyer fügt diesem Beispiel für die Übergriffigkeit und Rollenanmaßung mancher „Alphajournalisten“ weitere hinzu, etwa das überlange Kreuzverhör, in dem Marietta Slomka den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel zu der Frage vernahm, ob eine Mitgliederentscheidung der Sozialdemokraten über den Koalitionsvertrag der Großen Koalition verfassungskonform sei. (Slomka war nicht dieser Ansicht, was sie den streng Befragten auch fast acht Minuten lang spüren ließ.) Oder die einzigartige Herablassung, mit der der Spiegel den SPD-Spitzenkandidaten Peer Steinbrück als „Narziss“, „Schauspieler“ und „Clown“ abqualifizierte. Man könnte zahlreiche weitere Belege für solche Überhebungen nennen – wobei ihre Urheber in bemerkenswert geringem Maße zu reflektieren scheinen, wie Derartiges bei den Betroffenen, vor allem aber beim Publikum ankommt. Auflagenschwund und Medienverdrossenheit könnten ja immerhin den Verdacht nahe legen, dass Leser und Zuschauer sich vielleicht doch weniger mit den Haltungsnotenvergebern identifizieren als mit den Benoteten.
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- Der blinde Fleck des Journalismus (Susanne Gaschke, Berliner Republik, 3/2015)
Europa auf die Couch! Eine politische Familientherapie zur Lösung der Griechenlandkrise
Der Leidensweg einer Familie von erster Entfremdung über einen Scheidungskrieg bis zur Trennung ist lang und hinterlässt keine Sieger. Vorwürfe tun weh und provozieren Gegenvorwürfe, man braucht Gründe für die eigene Enttäuschung und Wut, also sucht man im anderen das Schlechte. Was einem einmal gefallen hat, gilt nicht mehr. Im Kampf um die Kinder kommt man um Lügen und Intrigen nicht herum. Dann werden die Verwandten reingezogen, zum Schluss bekriegt man/frau sich um Finanzen und Besitz. Sind beide aneinander gekettet, weil eine(r) gesundheitlich oder finanziell zu schwach ist, steckt man/frau in einem zermürbenden Stellungskrieg fest.
Da kann nur eine Familientherapie helfen, also eine systemische Analyse der verbalen, intellektuellen und emotionellen Kommunikation – genau das Gegenteil der Suche nach dem/der Schuldigen. Hilfreich ist es, zurückzukehren zu den guten Zeiten und dann gemeinsam den Weg in Unglück und Verbitterung nachzugehen: Man/frau schaut sich die wichtigsten Ereignisse im Entfremdungsprozess an, auch – und gerade – mit den Augen des Partners (so gut es eben geht). Die Kinder helfen dabei, sie mögen ja Mama und Papa. Die Verwandten stören hingegen, sie nehmen fast immer Partei für den Partner aus ihrer Familie. Und es braucht Nachsicht, der erste Schritt dazu ist für den Stärkeren leichter als für den Schwächeren.
Es geht mir um Griechenland und die Szenen seiner Ehe mit den 18 Europartnern. Für mich ist dieser Konflikt eingebettet in eine Systemkrise Europas, ausgetragen wird er aber wie ein Ehekrieg mit wechselseitigen Herabwürdigungen, Beleidigungen, Lügen und Intrigen. Alle werden in den Krieg hineingezogen, nicht nur in Griechenland – in jedem EU-Land vertieft sich die Kluft. Dabei vermischen sich ökonomische, kulturelle und politische Konflikte. Für die einen geht’s um den Euro, für die anderen (klammheimlich) um die „faulen Griechen“ (aber listig wie Odysseus), für andere um ein neoliberales oder soziales Europa, wieder andere sehen einen Konflikt zwischen dem „ordentlichen“ Norden und den „schlampigen“ Süden. Die Medien kämpfen überwiegend auf der Seite ihres Landes. In den sozialen Netzwerken wird Krieg geführt wie nie zuvor in Europa, und zwar in jedem Land.
mehr:
- Europa auf die Couch! – Eine politische Familientherapie zur Lösung der Griechenlandkrise (Stephan Schulmeister, Blätter für deutsche und internationale Politik, August 2015)
siehe auch:
Grexit verhindert, Europa verspielt? (Steffen Vogel, Blätter für deutsche und internationale Politik, August 2015)
So tief wie dieser Tage hat die Eurozone noch nie in den Abgrund geblickt. Erstmals in seiner Geschichte drohte dem Währungsverbund der Verlust eines Mitglieds. Die Nacht vom 12. auf den 13. Juli, als in Brüssel Griechenlands Ausscheiden verhindert werden konnte, verdient daher ohne Zweifel das Attribut historisch – ebenso wie der 5. Juli, der Tag des griechischen Referendums. In den sieben Tagen dazwischen wurde aus einem lautstarken Nein zur Austerität ein kleinlautes Ja und damit der Verbleib Griechenlands in der Eurogemeinschaft.
Da kann nur eine Familientherapie helfen, also eine systemische Analyse der verbalen, intellektuellen und emotionellen Kommunikation – genau das Gegenteil der Suche nach dem/der Schuldigen. Hilfreich ist es, zurückzukehren zu den guten Zeiten und dann gemeinsam den Weg in Unglück und Verbitterung nachzugehen: Man/frau schaut sich die wichtigsten Ereignisse im Entfremdungsprozess an, auch – und gerade – mit den Augen des Partners (so gut es eben geht). Die Kinder helfen dabei, sie mögen ja Mama und Papa. Die Verwandten stören hingegen, sie nehmen fast immer Partei für den Partner aus ihrer Familie. Und es braucht Nachsicht, der erste Schritt dazu ist für den Stärkeren leichter als für den Schwächeren.
Es geht mir um Griechenland und die Szenen seiner Ehe mit den 18 Europartnern. Für mich ist dieser Konflikt eingebettet in eine Systemkrise Europas, ausgetragen wird er aber wie ein Ehekrieg mit wechselseitigen Herabwürdigungen, Beleidigungen, Lügen und Intrigen. Alle werden in den Krieg hineingezogen, nicht nur in Griechenland – in jedem EU-Land vertieft sich die Kluft. Dabei vermischen sich ökonomische, kulturelle und politische Konflikte. Für die einen geht’s um den Euro, für die anderen (klammheimlich) um die „faulen Griechen“ (aber listig wie Odysseus), für andere um ein neoliberales oder soziales Europa, wieder andere sehen einen Konflikt zwischen dem „ordentlichen“ Norden und den „schlampigen“ Süden. Die Medien kämpfen überwiegend auf der Seite ihres Landes. In den sozialen Netzwerken wird Krieg geführt wie nie zuvor in Europa, und zwar in jedem Land.
mehr:
- Europa auf die Couch! – Eine politische Familientherapie zur Lösung der Griechenlandkrise (Stephan Schulmeister, Blätter für deutsche und internationale Politik, August 2015)
siehe auch:
Grexit verhindert, Europa verspielt? (Steffen Vogel, Blätter für deutsche und internationale Politik, August 2015)
So tief wie dieser Tage hat die Eurozone noch nie in den Abgrund geblickt. Erstmals in seiner Geschichte drohte dem Währungsverbund der Verlust eines Mitglieds. Die Nacht vom 12. auf den 13. Juli, als in Brüssel Griechenlands Ausscheiden verhindert werden konnte, verdient daher ohne Zweifel das Attribut historisch – ebenso wie der 5. Juli, der Tag des griechischen Referendums. In den sieben Tagen dazwischen wurde aus einem lautstarken Nein zur Austerität ein kleinlautes Ja und damit der Verbleib Griechenlands in der Eurogemeinschaft.
Die Rückkehr der sozialen Ungleichheit
In den Gesellschaften des Westens wächst die Ungleichheit - und sie wird zunehmend sogar als neue Normalität akzeptiert. Wer unter diesen Bedingungen für eine egalitärere Gesellschaft kämpft, muss die Wachstumsschädlichkeit und das demokratiegefährdende Risiko hoher Ungleichheit in den Mittelpunkt der Argumentation rücken
Was den Umgang mit Ungleichheit angeht, stehen sich zwei Lager verständnislos gegenüber: Da sind zum einen die Ungleichheitskritiker, die in jeder Ungleichheit zugleich eine Ungerechtigkeit erkennen möchten. Zum anderen gibt es die Ungleichheitsbefürworter, die Ungleichheit als notwendige Voraussetzung gesellschaftlicher Dynamik und Prosperität ansehen. Die Zugehörigkeit zu einem der beiden Lager entscheidet darüber, ob man sich mit wachsender Ungleichheit zufrieden gibt – oder eben nicht.
Dabei lässt sich die Ungleichheitsfrage auch anders stellen. Dann nämlich, wenn man fragt, wie und wann Ungleichheit normativ, sozial und ökonomisch zum Problem wird: Wo unterminiert Ungleichheit den gesellschaftlichen Zusammenhalt, prosperierende Märkte und eine funktionierende Demokratie? Betrachtet man ausgehend von diesen Fragen den Strukturwandel der Ungleichheit, ergeben sich die kritischen Anschlussfragen schon fast von selbst, und man kann auf das übliche Lamento verzichten, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Dann geht es darum, welche Wirkungen bestimmte Verteilungsmodelle gesamtgesellschaftlich haben.
mehr:
- Die Rückkehr der sozialen Ungleichheit (Steffen Mau, Berliner Republik, 3/2015)
Was den Umgang mit Ungleichheit angeht, stehen sich zwei Lager verständnislos gegenüber: Da sind zum einen die Ungleichheitskritiker, die in jeder Ungleichheit zugleich eine Ungerechtigkeit erkennen möchten. Zum anderen gibt es die Ungleichheitsbefürworter, die Ungleichheit als notwendige Voraussetzung gesellschaftlicher Dynamik und Prosperität ansehen. Die Zugehörigkeit zu einem der beiden Lager entscheidet darüber, ob man sich mit wachsender Ungleichheit zufrieden gibt – oder eben nicht.
Dabei lässt sich die Ungleichheitsfrage auch anders stellen. Dann nämlich, wenn man fragt, wie und wann Ungleichheit normativ, sozial und ökonomisch zum Problem wird: Wo unterminiert Ungleichheit den gesellschaftlichen Zusammenhalt, prosperierende Märkte und eine funktionierende Demokratie? Betrachtet man ausgehend von diesen Fragen den Strukturwandel der Ungleichheit, ergeben sich die kritischen Anschlussfragen schon fast von selbst, und man kann auf das übliche Lamento verzichten, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Dann geht es darum, welche Wirkungen bestimmte Verteilungsmodelle gesamtgesellschaftlich haben.
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- Die Rückkehr der sozialen Ungleichheit (Steffen Mau, Berliner Republik, 3/2015)