Interview Helge Peukert hat Wirtschafts-Lehrbücher analysiert. Und fast nur Marktkonformismus gefunden
Paul Samuelson hat eines der erfolgreichsten Lehrbücher der Wirtschaftswissenschaften verfasst – von ihm ist folgender Satz überliefert: „Solange ich volkswirtschaftliche Lehrbücher schreiben kann, kümmere ich mich nicht sehr darum, wer die Gesetze eines Landes schreibt oder die Staatsverträge ausarbeitet.“ Aber was steht eigentlich in diesen Lehrbüchern angehender Ökonomen und Ökonominnen? Hat die Krise vor zehn Jahren etwas an den Inhalten geändert? Systematisch untersucht hat das der Wirtschaftswissenschaftler Helge Peukert, ein Vorkämpfer für die „Pluralisierung“ seiner Disziplin.
der Freitag: Herr Peukert, Sie haben sich noch einmal durch etliche Lehrbücher der Wirtschaftswissenschaft gekämpft. Wie kam es dazu?
Helge Peukert: Ich wollte, angestiftet auch durch einen Forschungsauftrag, mal schauen, ob sich die heutigen Lehrbücher im Vergleich mit meiner Studienzeit in den 1970er Jahren interessanter, weniger marktapologetisch und faktenbasierter ausnehmen.
Und, tun sie das?
Kaum. Vor allem die zwei bis drei in Deutschland dominierenden, US-amerikanischen Lehrbücher der für das Grundstudium zentralen Mikro- und Makroökonomie huldigen nach wie vor einseitig der „Konkurrenzwirtschaft“. Trotz einiger Veränderungen weisen sie innere Widersprüche auf und bieten selten statistische oder andere Belege für ihre Aussagen. Eine wirtschaftswissenschaftliche Theorie, bei der sich die einzelnen Teile auch logisch aufeinander beziehen, gibt es in den Lehrbüchern nicht. Sie enthalten ein Sammelsurium oft höchst zweifelhafter und auch empirisch kaum eindeutig nachgewiesener Bausteine, etwa zur „natürlichen“ Arbeitslosigkeit. Zudem werden normative Vorschriften als Sachaussagen ausgegeben, die – dem Mainstream entsprechend – einseitig marktaffin ausfallen.
mehr:
- „Eine andere ökonomische Lehre ist möglich“ (Guido Speckmann interwiewt Helge Peukert, der Freitag, 14.01.2019)
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