Als habilitierter Konspirologe und „elder statesman“ der Verschwörungstheorie verfolge ich die aktuelle Aufregung über die „Gefahren“ und die „unheimliche Macht“ (Spiegel) der Verschwörungstheoretiker ja eher amüsiert. Und erstaunt, dass der inflationäre Gebrauch das Diffamierungs- und Denunziationspotential des Begriffs noch immer nicht abgenutzt hat. Was möglicherweise damit zu tun hat, dass die akademischen „Experten“, die dazu publizieren und verstärkt im Fernsehen herumgereicht werden, zu diesem Thema in der Regel nur küchen-psychologischen Bullshit von sich geben.
Dass es reale Verschwörungen gibt und viele anhand von Indizien darüber aufgestellte Hypothesen sich als wahr erwiesen haben – dass Verschwörungstheorie als heuristisches Verfahren also durchaus Berechtigung zukommt – wird von diesen Experten ebenso ausgeblendet wie die im Namen des Staats und der Großmedien verbreiteten Verschwörungstheorien. Zum Beispiel die WMD des Irak oder – soeben aufgeflogen – die Verschwörungstheorie „Russiagate“, nach der „die Russen“ die Computer der Demokraten gehackt und Trump zum Wahlsieg verholfen hätten. Wie jetzt veröffentlichte Dokumente von Kongress-Anhörungen zeigen, hat der Verantwortliche der IT-Firma „Crowdstrike“ ausgesagt, dass sie keinerlei Beweise für „russische Hacker“ gefunden hätten. Dennoch wurde diese haltlose Story mit Putin als Erzbösewicht auf allen Kanälen seit drei Jahren immer wieder hochgekocht – und kein „Qualitätsjournalist“ stellte auch nur eine kritische Frage oder gar eigene Recherchen an. Die hätten nämlich zu niemand anderem als dem ehemaligen technischen Direktor der NSA höchstselbst, Bill Binney, geführt, der nachgewiesen hat, dass die Daten aus dem DNC-Server nicht von außen gehackt, sondern von innen abgesaugt wurden. Sowie natürlich zu der Merkwürdigkeit, warum bei einem vermeintlichen Großskandal bei dem feindliche Mächte demokratische Wahlen manipulieren und in Computer einbrechen, weder das FBI noch eine andere staatliche Stelle – sondern nur die Privatfirma Crowdstrike – den betroffenen Server untersuchen durfte.
Man musste keinen Bachelor der Illuminaten-Akademie in der Tasche haben, um zu erkennen, dass die Russiagate-Story vom Tag Eins an faul war, es brauchte eigentlich nur einen IQ über Zimmertemperatur, den Willen hinzuschauen und zu tun, was einst „Spiegel“-Rudi seinem Nachrichtenmagazin verordnete: „Sagen was ist“. Aber da kam nichts, weder beim ehemaligen Nachrichtenmagazin noch sonst in einem der selbsternannten Qualitätsmedien – drei lange Jahre lang wurde nahezu täglich die Russiagate-Saga aufgetischt. Was einen weiteren Aspekt des Themas verdeutlicht, der von den Experten gern außer Acht gelassen wird: Wenn’s der Obrigkeit passt, sind auch haltlose Verschwörungstheorien völlig in Ordnung. Und Russiagate passte in jeder Hinsicht: Als Sündenbock für den unerklärlichen Betriebsunfall der Niederlage Hillary Clintons, als Dauervorwurf an Donald Trump, dessen Politik ansonsten kritiklos durchging, und als nötiges Angstszenario für weitere militärische Aufrüstung. Da kann man dann als Top-Journalist dann jahrelang zur besten Sendezeit Verschwörungstheorien verbreiten, ohne für diese Fake News-Orgie irgendwie zur Rechenschaft gezogen zu werden. Solche VertreterInnen des lügenden Gewerbes „Presstitutes“ zu nennen ist eigentlich eine Verharmlosung, da die KollegInnen aus dem liegenden Gewerbe niemals solche Schäden anrichten wie diese Verbreiter gefährlicher Verschwörungstheorien, mit denen Kriege angezettelt werden.
mehr:
- Verschwörungsinflation – Tagesdosis 26.5.2020 (Kommentar von Mathias Bröckers, KenFM, 26.05.2020)
Alle Genialität der Aufmachung der Propaganda wird zu keinem Erfolg führen, wenn nicht ein fundamentaler Grundsatz immer gleich scharf berücksichtigt wird. Sie hat sich auf wenig zu beschränken und dieses ewig zu wiederholen. Die Beharrlichkeit ist hier wie bei so vielem auf der Welt die erste und wichtigste Voraussetzung zum Erfolg.
[Adolf Hitler, Mein Kampf, zitiert in Albrecht Müller, Zum Entstehen eines Mainstream ein Zitat aus „Mein Kampf“, NachDenkSeiten, 29.05.2007]
Immer wieder wird die Aussage, dass die USA jene Terroristen, welche sie angeblich bekämpfen, selbst mit Waffen und Material versorgen, als „Verschwörungstheorie“ bezeichnet, um einer Diskussion darüber aus dem Weg zu gehen. Tatsächlich haben aber nicht nur höchste US-Beamte bereits öffentlich zugegeben, dass ihre engsten Verbündeten, Katar und Saudi-Arabien, die schlimmsten der schlimmen Terroristen unterstützt und Syrien mit Waffen überschwemmt haben, sondern es wurde ihnen bereits mehrfach die Lieferung von Waffen, Ausbildung und Material nachgewiesen.
Schon 2015 hatte Tim Anderson in seinem Buch „Dirty War on Syria“ unwidersprochen nachgewiesen, wie die USA Tausende von Kämpfern ausgebildet, bewaffnet und dann zum Kampf gegen die legitime Regierung Syriens losgelassen hatten. Und dass diese dann innerhalb weniger Tage zur Al-Qaida oder direkt zum IS übergelaufen waren. Das hatte zu der lächerlichen Antwort bei einem Hearing geführt, als nach der Anzahl von Kämpfern gefragt wurde, welche unter der Kontrolle der USA stehen würden, und daraufhin eine Zahl genannt wurde, die man an einer Hand abzählen konnte.
Im Jahr 2017 wurde dann klar, dass diese Versorgung der Terroristen immer noch in großem Umfang stattfand, und dass wegen der Art des Transportes wohl viele Regierungen in Europa sehr wohl davon gewusst haben mussten. In einem Artikel von Rubikon (1) tauchte zum ersten Mal der Name der bulgarischen investigativen Journalistin Dilyana Gaytandzhieva auf, welche mit Unterlagen, die sie von Whistleblowern erhalten hatte, beschrieb, wie die Versorgung der Terroristen mit Waffen und Munition funktionierte:
„Mindestens 350 Diplomatenflüge der Silk Way Airlines (einer staatlichen Fluggesellschaft Aserbaidschans) transportierten Waffen während der letzten drei Jahre in Konfliktzonen in der ganzen Welt. Die staatliche Fluggesellschaft flog Dutzende von Tonnen schwerer Waffen und Munition für Terroristen, unter dem Schutzmantel der diplomatischen Immunität“ (1).[Jochen Mitschka, Die Terror-Unterstützer, Rubikon, 24.09.2019]
siehe dazu:
- Die USA und ihr Tiefer Staat (Post, 24.09.2019)
siehe auch:
- "Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" (Ralph Altmann, Telepolis, 26.05.2020 – Beachte auch die Kommentare!)
Die 1.Art VTs versuchen Unlogische und offensichtlich Absurde öffentliche Darstellungen in denen oft genug auch entscheidendes Beweismaterial ausgeblendet wurde (Kennedy-Attentat; 9/11; MH117; Skripal-Attentat) plausibler/logischer/besser zu erklären.
Da diese oft jeder Vernunft (sowie meist der Physik) spottenden Darstellungen (wie z.B. Hochhäuser, die im Freien Fall in sich zusammenstürzen; Magische Kugeln etc) aber leider von hochoffizieller Seite verbreitet werden, wird nicht diese Darstellung als "Verschwörungstheorie" dargestellt, sondern die logischere/stimmigere Gegendarstellung als "VT". Insofern sind diese VTs eigentlich nur die Antwort auf staatliche Versuche, die Leute für dumm zu verkaufen. Nach vielen Jahrzehnten (wenn die verantwortlichen Lügner tot sind) werden die Unterlagen dann geöffnet und es stellt sich regelmäßig heraus, alles war noch viel schlimmer!B-)
Die 2. Art sind die VTs, die offensichtlicher Blödsinn sind, weil sie allen wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen (Scheibenerde, "Fake"-Mondlandung, Klimakatatrophe als reine Einbildung, Nazis die heimlich unter dem Südpol leben etc etc)
Ein wichtiger Punkt, der meist unter den Tisch fällt, weil so die Vereinfacher wieder leichtes Spiel haben. Die, die dann wieder undifferenziert alles in den "Alles rechte Spinner-Topf" werfen, kräftig umrühren - Problem "gelöst"!
[Eymontop, Eigentlich gibts 2 Arten von VTs, Kommentar zu Altmann-Artikel, 26.05.2020 17:07 ]
… ist ja, dass, wenn man die offiziellen Verschwörungstheorien anzweifelt, selbst als Verschwörungstheoretiker bezeichnet wird, obwohl man eigentlich nur auf die Unstimmigkeiten der amtlichen Version aufmerksam macht.
Wer glaubt, zwei saudische Piloten, die nicht einmal in der Lage waren, eine zweimotorige Caessna zu beherrschen und von ihrem Fluglehrer mit dem Prädikat „Dumm und Dümmer" betitelt wurden, wären in der Lage gewesen, völlig unbemerkt den amerikanischen Luftraum zu durchqueren und eine Boeing in einem riskanten Flugmanöver - von dem gestandene Piloten meinen, sie seien dazu nicht befähigt - in das Herz die amerikanische Verteidigungszentrale zu steuern, der mag zwar entsetzlich naiv sein, ist aber kein Verschwörungstheoretiker, obwohl sein Glaube genau dies bezeugt: eine Verschwörungstheorie, an der 15 saudische Terroristen beteiligt sein sollen. Wer denkt, Afghanistan oder der Irak wären an diesen Attentaten schuld gewesen, obwohl nach amtlicher Version gar kein Terrorist aus diesen Ländern beteiligt war, ist auch kein Verschwörungstheoretiker.
Demnach haben wir folgenden Sachverhalt: Wer an eine fragwürdige terroristische Verschwörung glaubt, ist kein Verschwörungstheoretiker. Wer kritische Fragen äußert, die ausweichend beantwortet werden, aber schon.
[digifree, Das Interessante, Kommentar zu Altmann-Artikel, 26.05.2020 18:52 – Hervorhebung von mir]
zum Kommentar von digifree siehe auch:
- »Ein 6-Tonnen-Stahltriebwerk macht ein Loch« – 9/11 und die Flugzeuge (Post, 06.10.2017)
- »Ein 6-Tonnen-Stahltriebwerk macht ein Loch« – 9/11 und die Flugzeuge (Post, 06.10.2017)