Montag, 20. August 2018

Vor 500 Jahren – 1518: Die Straßburger Tanzwut

Vor 500 Jahren tanzten in der elsässischen Stadt massenhaft Menschen – und täglich starben bis zu 15 an Erschöpfung. Das Phänomen gibt noch bis heute Rätsel auf.

Im Jahr 1374 wurde das erste Mal von einer Tanzwut berichtet, die als Epidemie zahlreiche mittelalterliche Dörfer entlang des Rheins befallen hatte. Innerhalb weniger Wochen hatte sich die Plage in Nordostfrankreich und bis in die Niederlande ausgebreitet. Die Menschen bewegten sich springend, zuckend, tanzend zu einer Musik, die nur sie selbst hören konnten. Es wird erzählt, dass die Tanzenden nicht eher aufhörten, als sie mit blutenden Füßen zusammenbrachen. Die von der Tanzwut Befallenen wollten das Tanzen für mehrere Tage weder zum Essen noch zum Schlafen unterbrechen.


Nach einigen Monaten legte sich die Tanzkrankheit jedoch wieder und verschwand so plötzlich wie sie gekommen war. Vom 14. bis zum 17. Jahrhundert wird von Tanzwutvorfällen berichtet, die jeweils in einzelnen Gebieten in Westeuropa auftauchten, aber sich nicht über die geographisch jeweils klar eingegrenzten Regionen hinaus verbreiteten. Die Ursachen und Hintergründe der auch als Tanzpest bezeichneten Vorfälle sind bis heute nicht aufgeklärt.

Im Jahr 1491 wird von mehreren Nonnen in einem Frauenkloster in den Niederlanden berichtet, die von teuflischen Kräften besessen gewesen wären. Sie seien herumgerannnt wie Hunde sowie ähnlich wie Vögel von Bäumen gesprungen, nachdem sie wie Katzen zuvor auf die Bäume geklettert seien. Die Nonnen seien nicht die einzigen Betroffen gewesen sein, sie sollen jedoch sehr häufig an dieser Krankheit gelitten haben.

Zu den vielfach beschriebenen Symptomen zählten Schaum vor dem Mund, Schreie und Krämpfe, unanständige Angebote an Exorzisten und Priester sowie Beziehung zum Teufel. Für lange Zeit galt als populärste Theorie die Vorstellung, dass die Krankheit durch von Mutterkorn verseuchtem Brot hervorgerufen worden wäre. Vorwiegend in Zeiten großer Missernten, die es vom 14. bis zum 16 Jahrhundert häufiger gab, zogen sich viele Menschen eine Mutterkornvergiftung zu, denn in verschimmeltem Getreide bildete sich das LSD-ähnliche Mutterkornalkaloid Ergotamin.
mehr:
- Die Straßburger Tanzwut (Christoph Jele, Telepolis, 19.08.2018)
- Tanzwut, Theorien über Ursachen und Behandlung (Wikipedia)

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Anders als in populären Darstellungen immer wieder behauptet, trat die Tanzwut nicht im Zusammenhang mit dem Schwarzen Tod der Jahre 1347–1350 oder anderen Pest-Epidemien des vierzehnten oder fünfzehnten Jahrhunderts in Erscheinung. Die wichtigsten Tanzwutausbrüche fanden vielmehr 1374, 1463 und 1518 statt. Alle drei Fälle erfassten nicht etwa ganz Europa oder auch nur größere Gebiete, sondern jeweils relativ gut eingrenzbare Verbreitungsräume im Rhein-Mosel-Maas-Raum: 1374 vom Oberrhein bis nach Belgien, 1463 im Eifelgebiet, 1518 in Straßburg.[4] Weitere Einzelzeugnisse sind seit dem 14. Jahrhundert überliefert. Die Menschen tanzten so lange, bis sie in Ekstase verfielen, die ihr Müdigkeits- oder Erschöpfungsgefühl ausschaltete. Dadurch konnten sie so lange fortfahren, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrachen oder sogar starben. [Tanzwut während der großen Pestepidemie?, Wikipedia, abgerufen am 20.08.2018]
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siehe auch:
- Fernsehtip: Vertrauter Feind – Nazis im Dienst der CIA (Post, 02.05.2015)
- US-Diplomaten auf Kuba: Akustikwaffe oder Massenhysterie? (Post, 28.02.2018)

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