• Tony Blair attackierte in einer Rede bei Reuter Journalisten : "Sie reagieren immer hektischer, peitschen immer bedenkenloser Themen hoch und zielen immer schamloser auf den Bauch statt das Hirn des Publikums. Wenn die Medien die wachsende Politikverdrossenheit kritisieren, dann müssen sie bei sich selber nach den Ursachen suchen", sagt Blair.
• Zur regierungsunkritischen Berichterstattung der US-Medien eine Analyse auf NZZ-Online
• Wer kennt Marshall McLuhan?
• Die vierte Gewalt oder Wer kontrolliert die Kontrolleure?
• Zum philosophischen Hintergrund: Aufklärung
• und damit sind wir bei Sartre:
Aus einer Zusammenfassung von »Ist der Existentialismus ein Humanismus?« (Vortrag 1945)
Die zentrale These des atheistischen Existenialismus, den Sartre im Gegensatz zu christlichen Existentialisten wie Gabriel MARCEL und Karl JASPERS repräsentiert, beruht auf der vor allem in "L'être et le néant" breit entwickelten Überzeugung, daß "die Existenz der Essenz vorangehe, oder ... daß man von der Ichheit [der Subjektivität des Individuums, seinem Bewußtsein als "Pour-soi" als cartesianischen cogito] ausgehen müsse", d.h., daß "der Mensch zuerst existiert, sich begegnet, in der Welt auftaucht und sich danach definiert". Der Autor verdeutlicht dieses Verhältnis der Existenz zur Essenz am entgegengesetzten Fall, am Modell eines beliebigen Gebrauchsgegenstandes - eines Papiermessers: seiner "Existenz" geht ein festgelegter Begriff - die Summe seiner konkreten Zweckbestimmungen und Erzeugungstechniken - voraus, auf den als seine "Essenz" der es herstellende Handwerker sich bezieht. Dieser Begriff erlaubt ihm auch, das Messer beliebig oft zu reproduzieren. Nimmt man nun, in Analogie zum Handwerker, einen "Schöpfer-Gott" an, der mit der Schaffung des Menschen in derselben Weise einen deutlichen Begriff des zu verfertigenden "Menschen" (der "menschlichen Natur" u.ä.) verbinden muß wie der Produzent (oder Benutzer) des Papiermessers, so "verwirklicht der individuelle Mensch [als Geschöpf] einen bestimmten Begriff, der im göttlichen Verstande ist", und seine "Essenz" geht seiner "Existenz" voraus. Leugnet man aber, wie Sartre, diesen Schöpfer-Gott, so ist offensichtlich, daß es keine ihrer tatsächlichen Verwirklichung vorausgehende "menschliche Natur" geben kann, da es keinen Gott gibt, um sie zu "entwerfen". Im Gegenteil, der Mensch ist lediglich so, "wie er sich konzipiert - ja nicht allein so, sondern wie er sich will und wie er sich 'nach' der Existenz konzipiert...; der Mensch ist nichts anderes als wozu er sich macht". Dieser Selbst-"Entwurf" des Menschen vollzieht sich in absoluter Freiheit und vollkommener Verantwortlichkeit. Alles menschliche Sein als "Für-sich" ist nicht nur frei, sondern ist selbst Freiheit.
"Der Mensch ist nicht zuvor, um danach frei zu sein, sondern es gibt keinen Unterschied zwischen dem Sein des Menschen und seinem Freisein." (L'être et le néant) Die Freiheit seiner Wahl, die den Menschen zwingt, sich zu "machen", anstatt zu sein, ist jedoch nicht allein die individuelle Freiheit des "Sich"-Wählens, sondern bindet darüber hinaus die ganze Menschheit. "Tatsächlich gibt es nicht 'eine' unserer Handlungen, die, indem sie den Menschen schafft, der wir sein wollen, nicht gleichzeitig ein Bild des Menschen schafft, so wie wir meinen, daß er sein soll." Der Mensch, der sich als individuelles Subjekt wählt, ist unausweichlich zugleich universaler "Gesetzgeber" und mit dem Gewicht seiner vollen und tiefen Verantwortlichkeit belastet. Dieser Schlüsselsatz des Essays entfernt sich bereits merklich von der pessimistisch-solipsistischen Grundhaltung, die in "L'être et le néant"das Besußtsein als cogito in seiner Beziehung zur "Existenz des Anderen" an zwei fundamentale Verhaltensweisen band: sie zu negieren und zu beherrschen ("Sadismus") oder sich ihr zu unterwerfen ("Masochismus"). Der Existentialismus läßt die "Wirklichkeit" des Menschen allein aus seiner "Aktivität" hervorgehen, d.h. aus seiner Freiheit, eine "kontingente [zufällige, nicht notwendige] Situation" zu transzendieren oder zu akzeptieren, in der er sich immer schon vorfindet, in die er "geworfen" ist. "Der Mensch ist nichts anderes als sein Entwurf, er existiert nur in dem Maße, in dem er sich verwirklicht, er ist also nichts anderes als die Gesamtheit seiner Handlungen, nichts anderes als sein Leben."
(aus Kindlers Literaturlexikon, Hervorhebungen von mir)
und damit sind wir bei Sigmund Freud:
Der Leser wird besser verstehen, welche besondere Bedeutung die frühe Kindheit für die Psychoanalyse hat, wenn wir auf den Grundpfeiler der psychoanalytischen Lehre, auf das Unbewußte und seine spezifische Dynamik verweisen; denn ein Hauptcharakter des Unbewußten ist die Beziehung zum Infantilen – das Unbewußte ist das Infantile (Freud, VII, 401). Mit der Entdeckung des Unbewußten hat Freud die Vorstellung, die sich die Philosophie und klassische Psychologie vom psychischen Geschehen machten, grundlegend revolutioniert. Die große Bedeutung dieser Entdeckung – die nicht ein Postulat, sondern das Ergebnis von systematischen Beobachtungen darstellt – wird erst verständlich, wenn wir uns in Erinnerung rufen, daß bis zu seiner Zeit »bewußt« und »psychisch« identisch waren (Freud, XIV, 57), man das Bewußtsein für das wesentliche Regulationssystem hielt, welches, in der Kindheit nur unvollständig ausgebildet, im Laufe der Jugendjahre seine Reife erlangt und die Grundlage für alles seelische Erleben darstellt. Neben dieser formalen Organisation existiert ein Gefühlsleben, welches seine eigenen Gesetze hat und von den Prinzipien der Bedürfnisse und Leidenschaften beherrscht ist.
Mit der Freudschen Erkenntnis kam es zu einer Umkehrung der herkömmlichen Denkkategorien und dadurch zu einer tief gehenden Verunsicherung des Menschen. Freud konnte zeigen, daß das Unbewußte die Basis allen seelischen Erlebens ist. Das grundsätzliche Infragestellen der Macht des Verstandes und des Bewußtseins und die Existenz des Unbewußten bedeutet für den Menschen eine schwer erträgliche Verunsicherung, nämlich nicht Herr im eigenen Hause zu sein, seine Gefühle und Phantasien letztlich nicht mit der Kraft des Verstandes beherrschen zu können.
aus Jochen Stork, Die Seelische Entwicklung des Kleinkindes aus Psychoanalytischer Sicht, in Tiefenpsychologie Bd. 2 (Hsg. Dieter Eicke) Hervorhebungen von mir