Montag, 12. April 2010

Methylenblau gegen Rückenschmerzen?

Wenn man den Ergebnissen einer chinesischen Forschergruppe glauben darf, dann haben sie den Stein der Weisen für die Behandlung von Rückenschmerzen entdeckt. Auf alle Fälle muss man damit rechnen, dass sich viele Rückenschmerzpatienten in den Arztpraxen melden werden, sobald die Nachricht durch die Publikumspresse verbreitet worden ist.

Zwischen 28 und 43 % aller Rückenschmerzen sollen auf eine diskogene Ursache zurückzuführen sein. Dabei ist die strukturelle und biochemische Integrität der Bandscheibe durch Überlastungsschäden gestört. Die chinesischen Wissenschaftler hatten 72 Frauen und Männer im Alter zwischen 20 und 65 Jahren mit diskogenen Rückenschmerzen in zwei gleich große Gruppen unterteilt: Der einen Hälfte wurde 10 Milliliter 10% Methylenblau injiziert, die Plazebogruppe erhielt einen Milliliter physiologische Kochsalzlösung. Nach sechs, zwölf und 24 Monaten wurden die Patienten im Hinblick auf Schmerzreduktion und Verbesserung der Funktion nachuntersucht. Anhand einer 101 Punkte umfassenden Skala (Numerical Rating Scale, NRS-101) wurde das individuelle Schmerzempfinden gemessen. Bereits nach sechs Monaten sank in der Methylenblau-Gruppe der Wert von initial 72 auf 20 Punkte (Plazebo von 67 auf 63). Und auch auf einer 100 Punkte umfassenden Funktionsskala (Oswestry Disability Index, ODI) verringerte sich der Punktwert in der Verumgruppe von 48 auf 13 (Plazebo von 49 auf 48). Die Autoren vermuten, dass durch Methylenblau die radialen Fissuren denerviert und so der Schmerz beseitigt werden.

Insgesamt zeigten sich mehr als 91 % der Patienten mit der Methylenblau-Behandlung zufrieden, in der Plazebogruppe waren es nur ca. 14%. 19 % der mit Methylenblau behandelten Patienten waren vollkommen schmerzfrei, weitere 72 % empfanden nur noch geringe Schmerzen und konnten auf Schmerzmittel verzichten. Unerwünschte Nebenwirkungen traten auch nach zwei Jahren nicht auf

In einem Kommentar warnt der britische Orthopäde Nikolai Bogduk davor, voreilige Schlüsse aus dieser Studie zu ziehen. Eine wissenschaftliche Wahrheit werde nicht durch eine einzelne Publikation etabliert. Vielmehr müssten die Ergebnisse der chinesischen Forscher nun umgehend durch andere Laboratorien überprüft werden.

Hausärzte sollten dennoch auf Nachfragen ihrer Patienten vorbereitet sein und diese auch ermahnen, nicht vorzeitig irgendwelchen Scharlatanen auf den Leim zu gehen, bevor die Resultate dieser Studie nicht mehrfach wissenschaftlich bestätigt wurden.

Peng B et al. (2010) Pain 149, 124-129
aus Der Allgemeinarzt 6/2010

Auf sowas kommen nur Chinesen, vielleicht funktioniert’s mit Indigo-Blau noch besser…


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