Freitag, 19. Juni 2015

"Die ganze Privatisierung hat dazu geführt, dass wir mittlerweile fast realsozialistische Verhältnisse haben"

Franz Kotteder über Gefahren und Risiken des TTIP-Abkommens. Seit fast zwei Jahren wird hinter verschlossenen Türen über das Freihandelsabkommen TTIP verhandelt. Der Süddeutschen-Zeitungs-Autor Franz Kotteder befürchtet in seinem Buch Der große Ausverkauf, dass dieser Vertrag zwischen EU und USA einen massiven Abbau von Demokratie und Grundrechten mit sich bringt.

► Herr Kotteder, die USA und die EU sind bereits die größten Außenhandelspartner. Die dabei erhobenen Zölle machen nur einen Bruchteil des Handelsvolumens aus. Warum also TTIP? Steht hier womöglich der Investitionsschutz der Unternehmen und nicht der Freihandel im Vordergrund?

Franz Kotteder: Es geht nicht nur um den Investitionsschutz, sondern auch darum, in Deutschland und Europa bestimmte Standards durchzusetzen, die bislang noch nicht möglich sind, wie zum Beispiel gentechnisch veränderte Nahrungsmittel und Saatgut und dergleichen mehr. Das ist zwar in den USA schon längst Standard, aber in der EU bislang zu weiten Teilen verboten. Auf dem Umweg über ein Freihandelsabkommen lässt sich dieses sogenannte Handelshemmnis beseitigen.
Ein anderes Beispiel wäre der Datenschutz: Das ACTA-Abkommen ist zwar seinerzeit in Europa vor allem durch Frankreich abgeblockt worden, aber mit TTIP kann es wieder durch die Hintertür hereingeholt werden.
Oder Stichwort "Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen": Ich habe mich fast ein wenig gewundert, wie schnell letztes Jahr die EU-Kommission mit ihrem Vorhaben, die öffentliche Wasserversorgung zu privatisieren, eingeknickt ist. Genau das könnte aber jetzt durch das Dienstleistungsabkommen TISA durchgesetzt werden.

mehr:
- "Die ganze Privatisierung hat dazu geführt, dass wir mittlerweile fast realsozialistische Verhältnisse haben" (Reinhard Jellen, Telepolis, 30.04.2015)

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