Donnerstag, 18. Juni 2015

Der Tod Osama Bin Ladens – Lügen Logik, Tatsachen – eine kritische Rekonstruktion der Ereignisse

Vier Jahre ist es jetzt her, daß ein Kommando amerikanischer Navy Seals bei einem nächtlichen Anschlag auf ein befestigtes Anwesen im pakistanischen Abbottabad Osama bin Laden erschoß. Der Mord war der Höhepunkt von Barack Obamas erster Amtszeit und trug in erheblichem Maße zu seiner Wiederwahl bei. Das Weiße Haus behauptet nach wie vor, es habe sich bei der Mission um eine rein amerikanische Aktion gehandelt; weder Pakistans höchste Militärs noch der Nachrichtendienst – die Inter-Services Intelligence Agency (ISI) – des Landes hätten von dem bevorstehenden Handstreich gewußt. Es ist dies nicht das einzige, was an der von der Regierung Obama herausgegebenen Darstellung nicht stimmt. Die Geschichte des Weißen Hauses wäre eher eines Lewis Carroll würdig: Hätte bin Laden, Objekt einer weltweiten Menschenjagd, tatsächlich zu dem Schluß kommen können, ein Urlaubsziel fünfzig Kilometer von Islamabad sei der sicherste Platz für einen Unterschlupf, von dem aus sich al-Qaida leiten ließ? Er habe sich unter aller Augen versteckt. Behaupten die USA.

Die eklatanteste Lüge war die, man habe weder den Stabschef des Heeres General Ashfaq Parvez Kayani noch den Direktor der ISI General Ahmed Shuja Pasha, Pakistans mächtigste Militärs mit anderen Worten, über die amerikanische Mission informiert. An diesem Standpunkt hält das Weiße Haus fest, und das einer Reihe von Berichten zum Trotz, die Fragen aufgeworfen haben wie etwa der von Carlotta Gall im New York Times Magazine vom 19. März 2014. Gall, die zwölf Jahre als Korrespondentin der Times in Afghanistan war, will von einem „pakistanischen Amtsträger“ erfahren haben, Pasha habe bereits vor dem Handstreich von bin Ladens Anwesenheit in Abbottabad gewußt.

Sowohl amerikanische als auch pakistanische Offizielle dementierten dies; näher darauf einlassen wollte man sich freilich nicht. In seinem Buch Pakistan: Before and after Osama (2012) behauptet Imtiaz Gul, Exekutivdirektor des Thinktanks Centre for Research and Security Studies in Islamabad, vier Geheimdienstler im verdeckten Einsatz hätten ihm gegenüber – durchaus im Einklang mit vor Ort herrschenden Ansichten – darauf bestanden, das pakistanische Militär habe definitiv von der Mission gewußt. Erneut aufgeworfen wurde das Problem im Februar, als Asad Durrani, General im Ruhestand und Anfang der 1990er Jahre Chef der ISI, al-Dschasira gegenüber sagte, es sei „durchaus möglich“, daß die Führungsriege der ISI nichts über den Verbleib bin Ladens gewußt habe, „wahrscheinlicher jedoch ist, man wußte Bescheid. Und daß man darauf spekulierte, seinen Aufenthaltsort zum gegebenen Zeitpunkt zu enthüllen. Anders gesagt, wenn sich die nötige Gegenleistung für diese Information fand – wenn man jemanden wie Osama bin Laden hat, dann verschenkt man den nicht so einfach an die USA.“

mehr:
- Der Tod Osama Bin Ladens – Lügen Logik, Tatsachen – eine kritische Rekonstruktion der Ereignisse (Seymour Hersh, Lettre International 109, Sommer 2015)

siehe auch:
The Detail in Seymour Hersh’s Bin Laden Story That Rings True (Carlotta Gall, New York Times Magazine, 12.05.2015)
The New York Times Would Like You to Know It Totally Kinda Thought the Same Thing as Hersh (Elliot Hannon, New York Times Magazine, 12.05.2015)
What Pakistan Knew About Bin Laden (Carlotta Gall, New York Times Magazine, 19.03.2015)
- Wie starb Bin Laden wirklich? Hersh: Obama hat die Welt belogen (n-tv, 11.05.2015)
- Seymour Hersh – Allein gegen Obama (ZEIT Online, 21.05.2015)
- Osama Bin Laden – US-Journalist Hersh bezichtigt Obama der Lüge (ZEIT Online, 11.05.2015)
- Tötung Bin Ladens: Weißes Haus dementiert Hersh-Bericht (SPIEGEL Online, 11.05.2015)

60 Minutes Presents: Killing bin Laden [43:45]

Veröffentlicht am 24.02.2013
A former member of SEAL Team 6, known by the pseudonym Mark Owen, recounts the raid that killed the world's most wanted man: Osama bin Laden. Scott Pelley reports.

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