Mittwoch, 19. August 2015

Der mündige Bürger stört!

Strafen für die neuen Vergehen werden von Behörden schnell verhängt, auch kritische Internet-Kommentare und Satire kommen unter die Räder 
In Spanien trat im Juli das so genannte "Gesetz zum Schutz der Bürger" in Kraft, das von der gesamten Opposition als "ley mordaza" (Knebelgesetz) bezeichnet wird. Denn Bürger werden nicht geschützt, sondern wie erwartet dafür bestraft, wenn sie eine kritische Meinung kundtun. Die bisherige Anwendung zeigt, dass es sogar noch restriktiver gehandhabt wird, als ohnehin befürchtet worden war, da nun auch Satire darüber geahndet wird. Als Kollateralschaden, womit die Macher der rechten Volkspartei (PP) nicht gerechnet haben, droht selbst einer von ihr regierten Gemeinde wegen eine Geldstrafe von bis zu 30.000 Euro.

Es gab nie einen Zweifel daran, dass der Name des Gesetzes als "Neusprech" im Sinne von George Orwell eingeordnet werden muss. Denn der Schutz der Bürger ist nicht das Ziel. Es steht die Bestrafung derer im Vordergrund, die aufbegehren oder eine kritische Meinung äußern. So hatten Experten stets davor gewarnt, dass sich das Gesetz gegen die Bewegungen richtet, die in den vergangenen Jahren zahlreich gegen die tiefen Einschnitte ins Sozialsystem entstanden sind ("Eigentlich müsste die UNO längst Blauhelmtruppen nach Spanien schicken") .

Nun ist das Gesetz gut sechs Wochen in Kraft und diverse Beispiele zeigen, wie die Behörden, ohne richterliche Kontrolle, diese neue Waffe einsetzen. Und sie zeigen auch, dass der Name Knebelgesetz die Realität deutlich besser beschreibt. So bewegt zum Beispiel ein Fall in Petrer gerade die Gemüter im Land, womit die kleine Stadt im südspanischen Valencia landesweit bekannt wurde. Dort hatte vergangene Woche, wie die Lokalzeitung "Petreraldia" berichtete, eine Frau per Foto dokumentiert, wie Polizisten der Kleinstadt auf einem Behindertenparkplatz parken. Sie veröffentlichte das Bild per Facebook mit dem Hinweis: "Man parkt wo es einem gerade passt und bekommt keine Strafe."

Dafür wurde sie von den betroffenen Polizisten angezeigt. Die Behörden verhängten eilig in nur 48 Stunden eine Geldstrafe "von mehr als 800 Euro". Die Angeschuldigte soll einen "schweren Verstoß" gegen das "Gesetz zum Schutz der Bürger" begangen haben. Mit diesem Vorgang wird deutlich, dass der Knebel sogar noch deutlich drastischer eingesetzt werden soll, als es sich Gegner einst in Albträumen ausgemalt hatten. Für das Vorgehen gegen die aufmerksame Bürgerin wird ein Paragraph eingesetzt, der eigentlich anderes zugeschnitten war. So sollten vor allem Demonstranten davon abgehalten werden, zum Teil schwere Übergriffe der Sicherheitskräfte und andere Vorgänge zu dokumentieren.

Denn mit diesen Bildern oder Videoaufnahmen konnten in Strafverfahren die Angeschuldigten immer wieder entlastet oder Polizisten angeschuldigt werden. Jetzt drohen nach Artikel 36.23 des Gesetzes Geldstrafen zwischen 600 und 30.000 Euro, wenn "Bilder oder Daten" von "Mitgliedern der Sicherheitskräfte" benutzt werden, "die deren Sicherheit oder die ihrer Familie gefährden". Worin die Gefahr für die Beamten oder ihre Familie im Fall von Petrer bestehen soll, ist völlig unklar. Dabei hatte Innenminister Jorge Fernández sogar beschworen, dass niemand dafür bestraft werde, weil er die Polizei filmt oder fotografiert, obgleich der Gesetzestext deutlich macht, dass eben dies verhindert werden soll.

mehr:
- Spanisches Knebelgesetz knebelt schon (Ralf Streck, Telepolis, 19.08.2015)

siehe auch:
- Spanien beerdigt Demonstrationsfreiheit (El Dorado, der Freitag, Community, 28.06.2015)
- Gesetzlich verordnete Zensur (The European, 13.12.2014)
- Einschüchterung für die Sicherheit (Frankfurter Rundschau Online, 11.12.2014)
- Kommentar Antidemogesetz in Spanien Angst verbreiten, mundtot machen (Reiner Wandler, taz, 11.12.2014)

»Es gibt gute Gründe für Nixon’s intensive Reaktion: Er trifft im nationalen Sicherheitsrat eine Entscheidung und liest sie am nächsten Tag auf der Titelseite der New York Times oder irgendeiner anderen Zeitung. Das macht es praktisch unmöglich zu regieren.«[John Dean (Rechtsberater des Weißen Hauses unter Richard Nixon über das BEkanntwerden der Pentagon-Papiere)siehe dazu auch Atombombe, Demokratie und Deutungssysteme, Post, 11.08.2015]

Demokratie funktioniert einfach nicht [0:06]

Hochgeladen am 28.03.2011
Wer die Grünen wählt ist selbst schuld

siehe auch:
Australien: Krieg gegen "Eco-Warriors" (Thomas Pany, Telepolis, 19.08.2015)
Die Regierung plant eine Gesetzesänderung, damit Umweltschutzaktivisten keine großen Kohleabbauprojekte mehr "gesetzlich sabotieren" können
Diese Umweltschützer… Wegen einer Schlange, der Ornament-Bänderotter, und Echsen, genauer: die Stachelschwanz-Skinke, laut Wikipedia mit einem auffallendem hochentwickelten sozialen Verhalten, wurde ein 20-Milliarden-Großprojekt in Australien gerichtlich gestoppt. Vorerst.

10.000 neue Arbeitsplätze sind mit dem Urteil gegen das Kohleprojekt Carmichael Coal Mine in den Wind gegangen, wettert die australische Regierung. Sie erklärt wehrhaften Umweltaktivisten den Krieg, erklären Unterstützer der Umweltschützer.

Großes Schlagwort-Kino in Australien: Die Regierung will es nutzen, um eine Gesetzesänderung durchzuführen, die es Umweltschützern oder "grünen Gruppen" erschwert Klagen gegen große Projekte vor Gerichten anzustrengen. Das Gesetz, das bisher den Kreis "geschädigter Personen" verhältnismäßig weit fasste, soll geändert werden.

Rise of the Eco-Warriors, Virgo Productions [2:32]

Veröffentlicht am 21.09.2014

Carmichael Coal - tracing the route of export coal in Queensland. [4:41]

Veröffentlicht am 25.05.2014
In March 2014 Greenpeace sent a team to the Galilee Basin in Queensland to trace the expected coal route from Adani's Carmichael Coal mine to the Abbot Point Coal terminal to see first hand some of the potential impacts of the proposed development.

Gegen die "Sabotage" der Ökos

Bislang zählt laut Sektion 487 dazu jeder australische Staatsbürger, der sich in einer Reihe von Aktivitäten für den Schutz oder die Bewahrung der Umwelt in Australien engagiert. Die Regierung beabsichtigt, diesen Passus zu streichen. Sie will die Möglichkeiten einer "Sabotage", wie sie es nennt, von Großprojekten durch Aktivisten streichen, die gar nicht unmittelbar betroffen sind. Die weit entfernt von dem Ort leben, an dem das Großprojekt durchgeführt wird, "aber Echsen oder Schlangen retten wollen".

Die Auffassung, dass eine bestimmte Schlange oder eine Echse oder was auch immer, die Arbeitsbedingungen von Männern und Frauen einem Risiko aussetzen, sei "pervers", sagte der Agrarminister Barnaby Joyce und versuchte gegenüber beunruhigten Farmern, eine Unterscheidung zwischen "Aktivisten, Vandalen" und den Farmern.


siehe auch:
- Der nützliche Kaiser: Joseph II. (Stephan Gruber, Habsburger.net)
- Der Volkserzieher (Jan Friedmann, SPIEGEL Geschichte, 24.11.2009)
Joseph II. setzte im Habsburger-Reich beeindruckende Radikalreformen ins Werk. Aber sein Übereifer machte ihn unbeliebt.
Megaprojekt zur Kohleförderung bedroht Weltnaturerbe Great Barrier Reef (WWF, 14.05.2014)
Hautkrebs: Dramatische Zunahme (Medizinauskunft, 09.05.2006)
Kohleprojekt in Australien: Umweltschützer fahren Kampagne gegen Deutsche Bank (Maria Marquart, Stefan Kaiser, SPIEGEL Online, 20.05.2014)
Australisches Gericht bremst Bergwerk aus (Neues Deutschland, 06.08.2015)Das Projekt soll nach Angaben von Adani 10 000 Arbeitsplätze schaffen. Dies bestreiten jedoch Umweltschützer. Sie gehen davon aus, dass maximal rund 1400 neue Jobs geschaffen werden. Stattdessen werde die Mine jährlich zwölf Milliarden Liter Wasser verbrauchen und so das bestehende Problem der Wasserknappheit massiv verschärfen. 

Welcher Weg blieb ihm schon, dem erstgeborenen Sohn, bei diesen Eltern? Der Vater, Franz Stephan von Lothringen, in Wien nur "der Franzos" genannt, war der Prototyp eines Lebemanns. Er widmete sich der Jagd, dem Kartenspiel, seinen zahlreichen Liebschaften und der Vermehrung seines persönlichen Vermögens. Die Mutter, Maria Theresia, schaffte es, 16 Kinder zu gebären und gleichzeitig das Reich passabel zu regieren, fürsorglich, frömmelnd, auf Ausgleich bedacht.

Joseph, 1741 geboren, wählte die Vernunft, die Askese, den großen Entwurf. "In einem Reiche, das ich regiere, muss - nach meinen Grundsätzen beherrscht - Vorurteil, Fanatismus, Parteilichkeit und Sklaverei verschwinden, damit jeder meiner Untertanen in den Genuss seiner angeborenen Freiheiten eingesetzt werden kann." Hehre Ansprüche, verkündet beim Amtsantritt als Alleinherrscher 1780.

Er war zugleich ehrgeiziger Aufklärer und absoluter Monarch, eine Kombination, die bis dahin eher nach Preußen als ins barocke Österreich gepasst hatte. In nur zehn Jahren krempelte er sein Land fast vollständig um, was erst die moderne Geschichtsschreibung gebührend würdigte. Er wurde, so sein britischer Biograf Derek Beales, zum "bei weitem innovativsten Herrscher" unter den Habsburgern, ja zu "einem der originellsten, die je ein Land gekannt hat".

Dennoch kursierten gegen Ende seiner Regentschaft in Wien Schmähschriften mit Titeln wie "Die Regierung des Hanswursten" und "Herr! Befreie uns von Krieg und Not - durchs Josephs II. Tod!" Als der Monarch, der für die Regierungsgeschäfte seine Gesundheit ruiniert hatte, 1790 starb, ging ein Aufatmen durch Österreich.


Stuttgart 21: Die brutale Räumung am 30.09.2010 im Schlossgarten [9:11]

Hochgeladen am 26.10.2010
Ein Zusammenschnitt der Staatsgewalt gegen friedliche Demonstranten, Rentner und Schüler am 30.09.2010 aus ca. 40 Videos die hier auf Youtube zu finden sind. Vielen Dank an alle originalen Uploader und Fernsehsender, deren Bilder hier zu sehen sind!


Spielball der Mächte | 3sat kulturzeit: Beitrag zum Buch "EGO..." von Frank Schirrmacher [5:35]

Veröffentlicht am 23.02.2013
Dieses 5.35-min. Video aus der 3sat-Kulturzeit vom 13.02.2013 weist auf das neue Buch "EGO - Das Spiel des Lebens" von Frank Schirrmacher, Blessing-Verlag 2013, hin.
Frank Schirrmacher erzählt davon, wie nach dem Ende des Kalten Krieges ein neuer Kalter Krieg im Herzen unserer Gesellschaft eröffnet wird... (c) 3sat-Kulturzeit/ZDF

EGO: Das Spiel des Lebens ist der Titel eines deutschen Sachbuches von Frank Schirrmacher. Das Buch erschien 2013 im Münchener Verlag Karl Blessing. Die Themen sind den Bereichen MetaethikPhilosophie des GeistesSozialphilosophieHerrschaftssoziologie und Kantianismus zuzuordnen.
Das Buch stellt Fragen zum freien Willen von Menschen und zur Demokratiefähigkeit von Staaten angesichts einer scheinbar berechenbaren, zum automatisierten „Monster“ entwickelten Ökonomie eines radikalen Egoismus ohne Moral.[1]
Der Autor erzählt von einer allgemeinen Manipulation der Menschen durch eine „monströse“ Ökonomie, einen neuen Kalten Krieg, in dem „nur der eigene Vorteil zählt, Moral spielt keine Rolle.“ Das Diktat der Ökonomie stelle nicht nur den freien Willen einzelner Seelen in Frage: In einem berechenbaren Spiel eines radikalen Egoismus, bei dem automatisierte Maschinen an den Aktien- und Devisenmärkten wie etwa an der Wall Street ursprünglich autonom gedachte Staaten als Illusion erscheinen lassen. Selbst Demokratien würden durch den auf Computer-Maschinen übertragenen Kalten Krieg vom politischen Akteur zum Spielball der Märkte, zu Marionetten eines „Monsters“.[1]
„Die Logik des Kalten Krieges ist zur Logik der Zivilgesellschaft geworden und korrumpiert sie. Die Egoismus-Maschinen spielen das große Spiel längst ohne den Menschen. Der Verlierer steht von vornherein fest: wir alle.[2]
„Was erlauben wir, [...] welches Spiel wollen wir spielen? Wollen wir ein uneigentliches Spiel von verdeckten Schachzügen, von heimlichem, indirekten Reden in unseren Gesellschaften, in unseren Demokratien, oder wollen wir etwas anderes? Honorieren wir offenes Spiel mit dem Anderen?[2]
Einen Ausweg erwartet Frank Schirrmacher von der Realwirtschaft, vor allem vom – deutschen – Mittelstand:
„Nehmen Sie Familienunternehmen, die finden auch alle ganz schrecklich, was dort passiert. Das sind Unternehmen, die Marx vielleicht noch Kapitalisten genannt hätte, aber das sind Unternehmen, die sagen: 'Wir sind auf Nachhaltigkeit aus'. Das, woraus Deutschland besteht, der deutsche Mittelstand, ist hier mit im Boot der Kapitalismuskritik.[2] (Inhalt, Wikipedia)

Das Ego, der Informationskapitalismus und die liberale Demokratie. Schirrmacher und Lindner. [1:27:46]

Veröffentlicht am 05.07.2013
Abschied von der Marktkonformität? - Das Ego, der Informationskapitalismus und die liberale Demokratie

Streitgespräch zwischen:
Dr. Frank SCHIRRMACHER, Mit-Herausgeber der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung, Buchautor von „Ego -- Das Spiel des Lebens" und

Christian LINDNER MdL, Stellv. Bundesvorsitzender der FDP und Vorsitzender
der nordrhein-westfälischen FDP-Landtagsfraktion.

Moderation: Henrik Böhme, Hauptabteilung Wirtschaft der Deutschen Welle
Frank Schirrmacher: Gefahr einer totalitären Verschmelzung von Staat, Privatwirtschaft und IT-Technologie zulasten der Freiheit.
Christian Lindner: Digitale Informationen ist die Währung der Gegenwart, unregulierten Datenkraken sind eine Gefahr.

Dieses Gespräch wurde im Rahmen der III. Liberalismuskonferenz am 30. Juni 2013 in der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach geführt und aufgezeichnet. Die Konferenz stand unter dem Titel "Die Perspektiven der Sozialen Marktwirtschaft und die Debatten-Kultur in Deutschland".

mein Kommentar:
Schirrmacher beginnt die Diskussion mit der Erwähnung des NSA-Skandals. Dieser Skandal hat inzwischen solche Ausmaße angenommen, daß er nicht nur unseren Staat sondern unser gesamtes politisches Denken aus den Angeln hebt.

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