Dienstag, 6. November 2018

Die Barbarisierung der deutschen Gesellschaft

Die Schlagzahl der schlechten Nachrichten begräbt manches unter sich, was nicht begraben sein sollte. Ein Kommentar

"Innehalten" ist so ein schönes Wort, das von Protestanten und Entspannungstrainern gern benutzt wird. "Innehalten" verheißt Einsicht beim Urlaub von der Geschwindigkeit. Aber das ist gar nicht so einfach, weil man dann manchmal sieht, was man bei höherer Geschwindigkeit einfach links liegen lassen könnte.

"Komplex Lacrima"

Kennen Sie den "Komplex Lacrima"? Ende September dieses Jahres berichtete Frontal 21, dass offenbar ein V-Mann des Berliner Verfassungsschutzes im Sommer 2015 einem damals 16-Jährigen die Reise nach Syrien zum IS finanziert hat. Flugticket und Geld waren vorhanden, der V-Mann brachte den Jugendlichen sogar zum Flughafen Tegel.

Erst an der syrischen Grenze würde der Möchtegern-Gotteskrieger von den türkischen Behörden geschnappt und nach Berlin abgeschoben. Über den V-Mann hat er heute folgende Meinung: "Er schickt Jugendliche, Kinder in den Tod. Ich weiß nicht, ob er weiß, was es heißt, wenn eine Mutter oder ein Vater ein Kind verliert. Das ist unmenschlich und kriminell, was er gemacht hat."

Wie er für sein Himmelfahrtskommando aufgeputscht und angeworben wurde, beschreibt er in dem Bericht von "Frontal 21". Wundert es einen noch, dass dies nur ein Detail aus dem "Komplex Lacrima" ist?

Der heißt so, weil das Bundeskriminalamt die Beobachtung der Gruppe, aus der später der Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri hervorging, als "Gefahrenabwehrvorgang Lacrima" bezeichnete. Der Kindersoldatenwerber Emanuel P. wurde laut "Frontal 21" vom Berliner Verfassungsschutz auf genau diese Gruppe angesetzt. Wundert es einen noch, dass der Berliner Verfassungsschutz weiterhin existieren darf?

"Frontal 21" berichtete also. Der Tagesspiegel, n-tv, rbb und andere berichteten auch, alle mit Berufung auf "Frontal 21", alle am gleichen Tag.

Dann ging dieser spezielle Aspekt des "Komplexes Lacrima" nicht in einem Meer von Tränen, sondern von Gleichgültigkeit unter. Das Publikum hatte offenbar nicht viel Interesse daran, dass der Berliner Verfassungsschutz dem Islamismus Unterstützung gewährte, den es angeblich bekämpfte. Die Todsünde, zu diesem Zweck Minderjährige einzusetzen, änderte daran nichts.

mehr:
- Halb versteckte Anzeichen für die Barbarisierung in der deutschen Gesellschaft (Marcus Hammerschmitt, Telepolis, 06.11.2018)

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