Wie gebannt schaut die Welt jeden Tag auf die neusten Corona-Zahlen. Für die meisten von uns ist es ein Schock, was zurzeit in der Welt passiert, die wir bislang als sicher und stabil erachtet hatten: Hamsterkäufe, Schulschließungen, Ausgangssperren, Börsencrashs, usw. So etwas hatte es für die meisten bisher nur in apokalyptischen Romanen oder Filmen gegeben.
Doch wie fragil unsere Welt tatsächlich ist und wie man dem begegnen soll, beschreibt der italienische Lehrer Domenico Squillace auf wunderbar literarische Art und Weise seinen Schülern, indem er ihnen den Roman "Die Verlobten" aus dem 19. Jahrhundert zur Lektüre empfiehlt. Darin beschreibt der Autor Alessandro Manzoni die Situation in Italien während der Pest des Jahres 1630. So schreibt der Direktor eines mailändischen Gymnasiums von erstaunlichen Parallelen zur Situation in seinem Land im März 2020:
▷Es ist ein aufschlussreicher Text von außerordentlicher Modernität, ich schlage vor, dass Sie ihn sorgfältig lesen, besonders in diesen verworrenen Tagen. In diesen Seiten ist bereits alles enthalten, die Gewissheit, dass Fremde gefährlich sind, der Streit der Behörden, die krampfhafte Suche nach dem so genannten Patienten Null, die Verachtung von Experten, die Jagd auf Krankheitsüberträger, die unkontrollierten Stimmen, die absurdesten Heilmittel, das Hamstern von Grundnahrungsmitteln, der Gesundheitsnotstand [...] Kurz gesagt, mehr als in Manzonis Roman scheinen diese Worte aus den Seiten einer Zeitung von heute zu kommen.Einen bedeutenden Unterschied erkennen wir jedoch zum Krisengeschehen des Mittelalters und der frühen Neuzeit: Damals sahen die Menschen als den einzigen Heilsbringer das Gebet und ihren Glauben an Gott. Zu ersterem versammelten sie sich oft in großen Gruppierungen, was die Verbreitung der Krankheitserreger noch verstärkte.
Domenico Squillace
mehr:
- An was glauben wir in der Corona-Krise? – An die Wissenschaft (Lars Jaeger, Telepolis, 17.03.2020)
siehe auch:
- Was wir wahrnehmen, bestimmt unsere Realität (Post, 08.03.2020)
- Wie gehen wir mit gemachter Realität um? (Post, 15.06.2014)
- Heute vor 413 Jahren – 17. Februar 1600: Giordano Bruno stirbt auf dem Scheiterhaufen (Post, 17.02.2014)
- Realität ist, was wir glauben wollen oder Hirnströme von Friseurpuppen (Post, 29.08.2013)
- Realitätsinterpretation: Das Unwetter an der Theiß (Post, 12.04.2008)
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