Montag, 3. August 2020

Corona: Maßnahmen, Zahlen und die Suche nach der Schublade – »rechtsoffen«


Für die Demo am Samstag in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen kursieren weit voneinander abweichende Schätzungen. Sieht man, was man sehen will?

Thomas Pany hatte am Samstagnachmittag in seinem Artikel "Corona-Sommertheater" zunächst die Angaben der Polizei über die Zahl der Teilnehmer an der Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen unter den Linden übernommen. Zunächst hatte die Polizei von 17.000 Teilnehmern gesprochen, auf der Kundgebung seien es dann 20.000 gewesen. Zudem verwies er auf Schätzungen des Telepolis-Autors Thomas Moser, der abweichend von den meisten Medien sogar von 50.000-60.000 sprach.

Der Herausgeber eines sogenannten Alternativmediums schrieb in einer Email: "Ich lese Telepolis seit Wochen nicht mehr, weil das mit Journalismus kaum mehr zu tun hat; Ihre Artikel waren bisher eine der wenigen Ausnahmen. Wenn Sie den aber so lassen, können Sie den Laden zu machen, denn noch eklatanter könnten die Falschinformationen nicht sein: Sie schrieben von 17.000 Menschen in Berlin – schauen Sie im Internet, die Bilder zeigen unmissverständlich mindestens eine halbe Millionen Menschen. Die WEIGERN sich gerade zu gehen – und TP bringt dieselben Fakes wie alle andern: 17.000 sind nach Hause gegangen. Können Sie machen – aber dann ist Telepolis tot."

Und ein Leser beschwerte sich: "Telepolis: Seit einigen Jahren ein unterirdischer Abklatsch dessen, was ansonsten mit diversen Schimpfworten belegt wurde und auch zu Recht belegt wird. Herr Rötzer, Sie als verantwortliche Entität für das, was hier publiziert wird: Möchten Sie sich erklären? Mindestens 1,3 Millionen lokal auf der Straße, eine Vielzahl dessen davon im Herzen moralisch unterstützend dabei. Und Sie, Herr Rötzer, lassen einen Herrn Pany hier weiter die Propaganda der neuen Reichführung und die offiziellen Hassbotschaften spucken. Schämen Sie sich nicht?"

Im Forum zum Artikel fand die Auseinandersetzung natürlich auch statt. Je nach Weltbild glaubt man den aufgeblähten Zahlen oder eher den sicherlich kleingerechneten der Polizei. Dass die Veranstalter regelmäßig mehr an Teilnehmern sehen als andere Beobachter, zumal staatliche, ist bekannt. Die rechtsoffene Anti-Corona-Maßnahmen-Bewegung, die sich durch den Aufruf von Querdenken 711 in Berlin versammelte, regt interessanterweise links- und rechtsextreme Gruppen zu Aufstandsphantasien an.

So sieht die Rote Fahne, die von 1,2 Millionen Teilnehmern spricht, alle anderen Angaben der Lügenpresse zuordnet und "Stopp Desinformation" fordert, einen Umsturz nahen, der aber irgendwie national sein soll, mit einem nationalen Programm und einer Regierung der nationalen Einheit und "Arbeiter- und Volksräten in den Städten". Nationales findet Martin Sellner von den Identitären auch gut.

Er ist begeistert von den Massen, die "den Globalisten panische Angst" machen, weil sie über die Menschen "die Gedankenkontrolle verloren" hätten: Sie würden ahnen, dass diese Masse auch kritische Meinungen zu anderen "Tabuthemen" hat, und wenn die Masse sich dessen bewusst werde und "den 'heiligen' Gral der globalen Dominanzstrategie, den Bevölkerungsaustausch ins Visier nimmt, ist es aus. Sie haben Angst und (derzeit) keinen Plan. Wir schon." Auch wenn es nichts Neues ist.

mehr:
- 20.000 oder mehr als eine Million? (Florian Rötzer, Telepolis, 03.08.2020)
siehe auch:
Wir haben in Auftrag von Jens Wernicke / Rubikon eine Presseanfrage gestellt, um die internen Erkenntnisse der Polizei abzufragen +++ In einer der nächsten Sitzungen untersuchen wir die Rolle der Medien +++ Die extreme Diskrepanz bei der Teilnehmerzahl bietet nun eine gute Gelegenheit herauszufinden, wo Fehlinformationen entstehen - auf staatlicher Seite oder bei der Presse. Wir sind gespannt
[RA Viviane Fischer, ]

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