Je einsamer ein Mensch, umso eher vermenschlicht er Gegenstände
CHICAGO – Für Menschen, die einsam sind, kann das Auto der beste Freund werden. Doch das ist nicht der einzige Gegenstand, der als Ersatz für menschliche Kontakte infrage kommt. Manche umgeben sich mit Stofftieren, andere behandeln ihren Fernseher, als hätte er eine Seele. Wieder andere vermenschlichen ihre Haustiere. Eine besonders krasse Variante dieses Verhaltens ist in dem Film „Verschollen” zu sehen, in dem der Held (Tom Hanks) auf einer einsamen Insel notlandet und sich mit einem Volleyball „anfreundet”.
Amerikanische Forscher haben nun experimentell nachgewiesen, dass Menschen mit wenigen Sozialkontakten stärker dazu neigen, Gegenstände und Haustiere zu vermenschlichen. Ihre Erkenntnisse haben die Forscher im Journal Psychological Science" veröffentlicht.
Nicht jeder, der etwa seinem Auto einen Namen gibt und es auffordert, doch bitte jetzt nicht „herumzuzicken”, ist ein einsamer Mensch, Doch es besteht eine Korrelation zwischen Einsamkeit und einer verstärkten Vermenschlichung von Gegenständen, wie das Team um Nicholas Epley von der Universität von Chicago in drei Experimenten herausgefunden hat.
In einem dieser Experimente ließen die Forscher Versuchspersonen in künstlicher Einsamkeit in einem Labor über eine Zeit in ihrem Leben schreiben, in der sie sich einsam oder isoliert gefühlt hatten. „Als wir sie sich einsam fühlen ließen, beschrieben sie ein Haustier mit größerer Wahrscheinlichkeit so, als hätte es menschenähnliche Empfindungen, etwa dass es ,nachdenklich’ oder ,verständnisvoll’ gewesen sei”, so Epley.
Die Vermenschlichung von nicht menschlichen Lebewesen wirkt den Forschern zufolge besser gegen Einsamkeit als die Vermenschlichung von unbelebten Gegenständen. „Nicht menschliche Verbindungen können sehr mächtig sein”, so Epiey. „Unser Gehirn unterscheidet nicht so sehr, ob etwas eine Person ist oder nicht.”
Bedenklich finden die Forscher die Vermenschlichung von Tieren oder Gegenständen nicht, wenn Menschen einsam sind. Denn: „Einsamkeit bringt ein größeres Sterberisiko mit sich als Rauchen.”
aus der WELT vom 22.1.2008
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