Mehr Patienten, weniger Personal: Niedersachsens Krankenhäuser schlagen Alarm
Von Margit Kautenburger und Gabriele Schulte
Hannover. Die Form des Protestes ist ungewöhnlich. Mehr als die Hälfte der insgesamt 195 niedersächsischen Krankenhäuser machen in einer halbseitigen Anzeige in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ihrem Unmut Luft. „Aufruhr der niedersächsischen Krankenhäuser“ ist dort zu lesen. Geschäftsführer und Betriebsräte beklagen gemeinsam die sich zuspitzende Finanzmisere der Kliniken. Ihre Kritik richtet sich an Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD): „Der Deckel muss weg!“, lautet ihre Forderung. Angeprangert wird damit das Krankenhausfinanzierungssystem mit gedeckelten Budgets und Fallpauschalen, das immer mehr Krankenhäuser in die roten Zahlen, ja sogar in den Ruin treibe.
„In den Kliniken hat sich eine Wahnsinnswut angestaut“, berichtet Rudolf Mintrop, Geschäftsführer des Klinikums Oldenburg, das die Kampagne organisiert hat. Aber das ignoriere man in Berlin. „Daher versuchen wir, mit der Anzeige öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen“, erklärt der Geschäftsführer. Die Krankenhäuser hätten viel zu lange stillgehalten und stumm gelitten, bis hin zur Insolvenz. „Aber dieser Aufschrei kann nicht mehr überhört werden.“
Für den 10. April planen die Krankenhäuser einen niedersachsenweiten Aktionstag. „Wir machen Druck, damit das Finanzierungssystem der Krankenhäuser endlich verändert wird“, sagt Mintrop. Es herrsche quasi Planwirtschaft, die Häuser hätten immer höhere Ausgaben, könnten aber ihre Einnahmen nicht erhöhen.
Im Bundesgesundheitsministerium kann man die Aufregung nicht verstehen. „Jeder weiß, was die Aufhebung der Budgetierung bedeutet“, sagt eine Sprecherin. „Die Krankenkassenbeiträge steigen auf Kosten der Versicherten, und das wollen wir nicht.“ Die Kliniken müssten wirtschaftlich arbeiten, und das gelinge auch vielen.
Die Kritiker bestreiten dies. In den vergangenen zehn Jahren seien zehn Prozent der Kliniken verschwunden, die Zahl der Häuser, die rote Zahlen schrieben, sei auf 50 Prozent angewachsen. „Dieser Prozess wird sich noch beschleunigen, wenn von 2009 an fünf Prozent mehr Gehalt bezahlt werden müssen“, rechnet Mintrop vor.
„Die Pflegekräfte stehen an der Grenze der Belastbarkeit“, warnt eine Sprecherin des Städtischen Klinikums Braunschweig. Das mit 1400 Betten eines der größten niedersächsischen Krankenhäuser unterstützt die Kampagne ebenso wie die Medizinische Hochschule Hannover.
Ärzte des Allgemeinen Krankenhauses Celle hatten ihre Klinik sogar wegen Personalmangels und Überlastung angezeigt. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt bestätigte gestern, dass es Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz gab. „Bei der Auswertung der ersten sechs Stichproben sind wir auf deutliche Überschreitungen der zulässigen Zeiten gestoßen“, teilte Behördenleiter Andreas Aplowski mit. Die Verantwortlichen müssten mit Bußgeldverfahren rechnen.
Von Margit Kautenburger und Gabriele Schulte
Hannover. Die Form des Protestes ist ungewöhnlich. Mehr als die Hälfte der insgesamt 195 niedersächsischen Krankenhäuser machen in einer halbseitigen Anzeige in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ihrem Unmut Luft. „Aufruhr der niedersächsischen Krankenhäuser“ ist dort zu lesen. Geschäftsführer und Betriebsräte beklagen gemeinsam die sich zuspitzende Finanzmisere der Kliniken. Ihre Kritik richtet sich an Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD): „Der Deckel muss weg!“, lautet ihre Forderung. Angeprangert wird damit das Krankenhausfinanzierungssystem mit gedeckelten Budgets und Fallpauschalen, das immer mehr Krankenhäuser in die roten Zahlen, ja sogar in den Ruin treibe.
„In den Kliniken hat sich eine Wahnsinnswut angestaut“, berichtet Rudolf Mintrop, Geschäftsführer des Klinikums Oldenburg, das die Kampagne organisiert hat. Aber das ignoriere man in Berlin. „Daher versuchen wir, mit der Anzeige öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen“, erklärt der Geschäftsführer. Die Krankenhäuser hätten viel zu lange stillgehalten und stumm gelitten, bis hin zur Insolvenz. „Aber dieser Aufschrei kann nicht mehr überhört werden.“
Für den 10. April planen die Krankenhäuser einen niedersachsenweiten Aktionstag. „Wir machen Druck, damit das Finanzierungssystem der Krankenhäuser endlich verändert wird“, sagt Mintrop. Es herrsche quasi Planwirtschaft, die Häuser hätten immer höhere Ausgaben, könnten aber ihre Einnahmen nicht erhöhen.
Im Bundesgesundheitsministerium kann man die Aufregung nicht verstehen. „Jeder weiß, was die Aufhebung der Budgetierung bedeutet“, sagt eine Sprecherin. „Die Krankenkassenbeiträge steigen auf Kosten der Versicherten, und das wollen wir nicht.“ Die Kliniken müssten wirtschaftlich arbeiten, und das gelinge auch vielen.
Die Kritiker bestreiten dies. In den vergangenen zehn Jahren seien zehn Prozent der Kliniken verschwunden, die Zahl der Häuser, die rote Zahlen schrieben, sei auf 50 Prozent angewachsen. „Dieser Prozess wird sich noch beschleunigen, wenn von 2009 an fünf Prozent mehr Gehalt bezahlt werden müssen“, rechnet Mintrop vor.
„Die Pflegekräfte stehen an der Grenze der Belastbarkeit“, warnt eine Sprecherin des Städtischen Klinikums Braunschweig. Das mit 1400 Betten eines der größten niedersächsischen Krankenhäuser unterstützt die Kampagne ebenso wie die Medizinische Hochschule Hannover.
Ärzte des Allgemeinen Krankenhauses Celle hatten ihre Klinik sogar wegen Personalmangels und Überlastung angezeigt. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt bestätigte gestern, dass es Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz gab. „Bei der Auswertung der ersten sechs Stichproben sind wir auf deutliche Überschreitungen der zulässigen Zeiten gestoßen“, teilte Behördenleiter Andreas Aplowski mit. Die Verantwortlichen müssten mit Bußgeldverfahren rechnen.
aus der HAZ vom 5.4.2008 (Hervorhebung von mir)
Ärzte, die ihre eigene Klinik anzeigen, Geschäftsführer und Betriebsräte, die gemeinsam eine überregionale Anzeige schalten, es wird bunt!
Ob Gebührenziffern stillschweigend verschwinden und anderen Leistungen zugerechnet werden oder mit zunehmender Bürokratisierung Sand ins Getriebe geschüttet wird oder Pflegekräfte quasi verordnet mit einem Bein vor dem Kadi stehen (zwei Pflegekräfte sind in einer Schicht, aber Umgebettet werden darf nur zu dritt), die Standortsicherung Deutschland wird auf dem Rücken der im Gesundheitswesen Beschäftigten ausgetragen. Die Amerikanisierung und Aldisierung unserer Gesellschaft schreitet fort. Gestern berichtete der Weltspiegel, daß in den USA zahnärztliche Leistungen nicht im Leistungskatalog für Rentner enthalten sind. Und noch ein Schmankerl, auch aus dem Weltspiegel: Hillary Clinton, die sich als sozial ausgerichtete Reformerin des amerikanischen Gesundheitswesens zu profilieren versucht, hat aus Kostengründen die Krankenversicherungsbeiträge ihrer Mitarbeiter nicht mehr bezahlt. So’n Pech!
Wie ich meinen Patienten immer sage: Nicht-Verstehen ist eine Macht, und für’s Verstehen wird man bestraft. Wo der Weg hingeht, deutet ein Artikel aus Publik-Forum (Nr. 6•2008) an:
Ärzte, die ihre eigene Klinik anzeigen, Geschäftsführer und Betriebsräte, die gemeinsam eine überregionale Anzeige schalten, es wird bunt!
Ob Gebührenziffern stillschweigend verschwinden und anderen Leistungen zugerechnet werden oder mit zunehmender Bürokratisierung Sand ins Getriebe geschüttet wird oder Pflegekräfte quasi verordnet mit einem Bein vor dem Kadi stehen (zwei Pflegekräfte sind in einer Schicht, aber Umgebettet werden darf nur zu dritt), die Standortsicherung Deutschland wird auf dem Rücken der im Gesundheitswesen Beschäftigten ausgetragen. Die Amerikanisierung und Aldisierung unserer Gesellschaft schreitet fort. Gestern berichtete der Weltspiegel, daß in den USA zahnärztliche Leistungen nicht im Leistungskatalog für Rentner enthalten sind. Und noch ein Schmankerl, auch aus dem Weltspiegel: Hillary Clinton, die sich als sozial ausgerichtete Reformerin des amerikanischen Gesundheitswesens zu profilieren versucht, hat aus Kostengründen die Krankenversicherungsbeiträge ihrer Mitarbeiter nicht mehr bezahlt. So’n Pech!
Wie ich meinen Patienten immer sage: Nicht-Verstehen ist eine Macht, und für’s Verstehen wird man bestraft. Wo der Weg hingeht, deutet ein Artikel aus Publik-Forum (Nr. 6•2008) an:
Dagmar Ziegler, SPD-Gesundheitsministerm in Brandenburg, will dem Ärztemangel in Ostdeutschland künftig unter anderem durch jüdische Einwanderer und Spätaussiedler aus Osteuropa abhelfen.
Die Landesregierung startete ein nach eigenen Angaben bundesweit einzigartiges Modellprojekt, das zugewanderte Mediziner mit langjähriger Berufserfahrung an Kliniken und Arztpraxen vermitteln soll. »Wir dürfen angesichts des steigenden Fachkräftebedarfs nicht auf gut ausgebildete Einwanderer verzichten«, sagte die Politikerin in Potsdam. Nach der Bundesärzteordnung müssen ausländische Ärzte in Deutschland eine Prüfung ablegen, damit ihr Berufsabschluss aus dem Heimatland anerkannt wird. Das in Brandenburg ins Leben gerufene Qualifizierungsprojekt soll dabei Hilfe bieten.
Die Landesregierung startete ein nach eigenen Angaben bundesweit einzigartiges Modellprojekt, das zugewanderte Mediziner mit langjähriger Berufserfahrung an Kliniken und Arztpraxen vermitteln soll. »Wir dürfen angesichts des steigenden Fachkräftebedarfs nicht auf gut ausgebildete Einwanderer verzichten«, sagte die Politikerin in Potsdam. Nach der Bundesärzteordnung müssen ausländische Ärzte in Deutschland eine Prüfung ablegen, damit ihr Berufsabschluss aus dem Heimatland anerkannt wird. Das in Brandenburg ins Leben gerufene Qualifizierungsprojekt soll dabei Hilfe bieten.
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