mehr:
- Freiwild – Über Zähmung, Verwahrlosung und Niedergang des Journalismus (Wolf Reiser, Lettre International 107, Winter 2014)
Zitat:
Ein Großteil der Medienprofis opfert seither das Berufsethos ihrer materiellen Sicherheit. Selbst Fragen waren ab jetzt nicht mehr gefragt. Um darüber hinaus auf Nummer sicher zu gehen, wurden folgende deformative Betriebsanleitungen zum festen Bestandteil beim Springer-Verlag und es ist davon auszugehen, daß dies mehr oder weniger modifiziert auch für die Kollegen anderer Leitmedien gilt:
"Das unbedingte Eintreten für den freiheitlichen Rechtsstaat, Deutschland als Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft und die Förderung der Einigungsbemühungen der Völker Europas.
Das Herbeiführen einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen, hierzu gehört auch die Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes.
Die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.
Die Ablehnung jeglicher Art von politischem Totalitarismus.
Die Verteidigung der freien sozialen Marktwirtschaft."Und wer in europäischen Belangen wildert, bekommt folgende Zusatzzeilen zur Akkreditierung seines Journalistendaseins vorgelegt:
"Ich versichere, das Image der EU, ihre Politik und Einrichtungen weder direkt noch indirekt zu schädigen."Auf der Basis dieses neofeudalen Minnedeals läßt sich auch der Wes-Brot-ich-eß-des-Lied-ich-sing-Anfall des ZDF-Brüssel-Korrespondenten Udo van Kampen erklären, der in bester Oswald-von-Wolkenstein-Manier Frau Merkel am Ende einer dieser öden EU-Pressekonferenzen ein Geburtstagsständchen zum Lobpreis darbot.
"Happy Birthday" gone wrong: Peinliches Geburtstagsständchen für Merkel [1:11]
Veröffentlicht am 17.07.2014
Spontane Ideen sollte man ausleben, meistens. Peinlich kann es werden, wenn sie vor den Kameras der Weltpresse stattfinden. Ob sich ZDF-Journalist Udo van Kampen sein Geburtstagsständchen für Angela Merkel im Vorfeld gut überlegt hatte, ist zu bezweifeln.
Wohin käuflicher Journalismus führen kann, beschreibt ein israelischer Kollege, dessen Heimatland diesbezüglich schon ein paar Eskalationsstufen weiter ist. Der Musiker und Romancier Assaf Gavron stellt fest: "Die israelische Gesellschaft ist militanter, intoleranter und unnachgiebiger als je zuvor. Es scheint nur noch eine Stimme zu geben, die, orchestriert von der Regierung und Armeesprechern, getragen von einem Clan loyaler Massenmedien wie den großen TV-Nachrichtenkanälen, den auf lagenstarken Zeitungen und Websites, in jedem Winkel des Landes widerhallt. Nur diese eine Stimme wird gehört. Versuche, Widerspruch zu artikulieren, Fragen zu stellen, zu protestieren, eine andere Farbe einzubringen als die des Konsenses, werden bestenfalls lächerlich gemacht oder herablassend behandelt. In anderen Fällen werden Abweichler zum Ziel von Bedrohungen, Verleumdungen und Angriffen. Leute, die nicht 'unsere Truppen unterstützen’, werden als Verräter betrachtet. Den Zeitungen, welche das Vorgehen der Armee hinterfragen, wird vorgeworfen, die Moral zu untergraben."
Zu Radikalisierung Israels siehe auch:
- Ex-Mossad-Chef: Zum ersten Mal fürchte ich für die Zukunft des Zionismus (Post, 07.12.2014)
- Israel: „Letztlich steht die eigene Glaubwürdigkeit auf dem Spiel“ (Post, 07.12.2014)
- Max Blumenthal über die deutsche Nahost-Politik (Post, 21.11.2014)
- Gysi von Irren bis aufs Klo verfolgt (Post, 13.11.2014)
- Freiheit und Demokratie! – Nur für die, die richtig denken? (Post, 09.11.2014)
- 105 Israel Ex-Generäle drängen Netanyahu, mit den Palästinensern Frieden zu schließen (Post, 07.11.2014)
- Amnesty International: Israel zeigte ‘kaltschnäuzige Gleichgültigkeit’ (Post, 05.11.2014)
- IDF intelligence soldiers: We won't work against innocent Palestinians (Post, 12.09.2014)
- Israel: Erneuter Landraub (Post, 03.09.2014)
- OFFENER BRIEF VON DEUTSCHEN NAHOST-EXPERTEN ZUR GAZA-KRISE (Post, 21.08.2014)
- IN MEMORY OF THE 373 CHILDREN KILLED IN GAZA (Post, 08.08.2014)
- Heute vor 70 Jahren – 6. März 1943: Berliner Protest gegen die Deportation von Juden (Post, 06.03.2013)
Reiser zitiert Raddatz:
"Alles Leben hat seine Grenze. Alles Erleben auch. Wem die Töne seiner Gegenwart nur mehr Geräusche sind, die Farben Kleckse, die Wörter klingende Schelle: Wo wäre dessen Legitimation zu lautem Klagelied (oder, sehr selten, leisem Lobpreis)? Ich spreche sie mir ab, fürderhin. Zu viele Gedichte sind mir nur mehr halbgebildetes Geplinker, zu viele gepriesene Romane nur mehr preiswerter Schotter. Der nicht mehr liebt, der räsoniere nicht. Liebeleere ist keine Qualität. Schon gar nicht für einen Kunstrichter. Also beende ich hiermit meine Zeitungsarbeit, die ich mit 21 Jahren begann: (…) Ich bin vor drei Wochen 83 geworden. Time to say goodbye. Goodbye."zu Fritz Raddatz siehe auch
- Wunden fürs ganze Leben (Post, 02.01.2015)
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