Samstag, 17. Januar 2015

Lebenstüchtigkeit und Massenpsychologie: Twitter, Freiheit, Demokratie und Hass, »Ich bin Naina« (Ich wäre nicht BILD)

Die Kölner Schülerin Naina, die wegen eines bildungskritischen Tweets zum Twitter-Star hochgeschrieben wurde, verabschiedet sich von Twitter. Wegen dem Hass. 
[Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod]
Es war wohl ein so genanntes Social Media Phänomen. Die Kölner Schülerin machte Furore mit einem Tweet, in dem sie das deutsche Bildungssystem vermeintlich pfiffig kritisierte:

»Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann 'ne Gedichtsanalyse schreiben. In 4 Sprachen.«

Die Folge waren zig tausende Retweets, Berichte in Zeitungen, TV-Sendern und eine Einladung zu “TV total” mit Stefan Raab. Willkommen in der Medien-Hölle! Die Schülerin erhielt – oh Wunder – nicht nur Zuspruch, sondern wie das bei Twitter so üblich ist, auch jede Menge Hass und Häme frei haus. Via Twitter teilte sie nun mit, dass sie das Twittern erstmal lässt:

»Dieser Hass hier auf Twitter ist so heftig, ihr widert mich an. Sagt Bescheid wenn ihr wieder normal seid. Dieser Hass hier auf Twitter ist so heftig, ihr widert mich an.

Sagt Bescheid wenn ihr wieder normal seid.
Bis dann.«

Wenn Twitter und die “normalen Medien” zusammenwirken, ist das so eine Art Hass-Beschleuniger. Gar nicht schön.

mehr:
- “Ihr widert mich an” – bildungskritischer Twitter-Star Naina kapituliert vor Twitter-Hass (Stefan Winterbauer, Meedia, 16.01.2015)
siehe auch:
- Das Einfache können uns die Eltern beibringen (FAZ, 16.01.2014)
Herzlich willkommen im Leben! Schön wär's, wenn ich das schon während meiner Schulzeit sagen könnte. Denn für mich bedeutet Schule nicht nur, chemische Formeln auswendig zu lernen und die Strukturformel eines Alkylbenzolsulfonats zu entwickeln. Ich sehe die Aufgabe von Schule vor allem darin, mir eines beizubringen: Lebenstüchtigkeit. Stattdessen werden wir mit Informationen überhäuft, die bestenfalls im Kurzzeitgedächtnis bleiben und die die Allerwenigsten von uns im „Leben nach der Schule“ wieder anwenden können.

Es ist doch verrückt, wenn bekannte Hirnforscher wie Gerald Hüther feststellen, dass wir schon zwei Jahre nach dem Abitur nur noch zehn Prozent von dem, was wir in der Schule gelernt haben, wissen. Diese Erkenntnis führt für mich zu der logischen Schlussfolgerung: Entweder wir verkürzen die Schulzeit um weitere zwei Jahre oder aber die Lehrpläne werden so modernisiert, dass wir uns theoretisch und praktisch (!) mehr Alltagswissen über gesunde Ernährung, den Umgang mit Geld und die Nutzung moderner Medien aneignen können. Mit diesen Fähigkeiten die Schule zu verlassen, heißt für mich, lebenstauglich zu sein.
Schülerin Naina legt Twitter-Pause ein: "Ihr widert mich an" (SPIEGEL, )
Sie spricht von "Hass" und legt ihren Twitter-Account vorläufig still: Die Kölner Schülerin Naina wurde für ihre schulkritischen Aussagen gefeiert, aber auch beschimpft. Doch was war überhaupt der Anlass für ihren vielbeachteten Tweet?
Keine Ahnung von Steuern! Naina über ihren Tweet - TV total

Veröffentlicht am 16.01.2015
Die 17-jährige Naina sorgte mit einem Tweet über ihre Schulbildung für bundesweite Aufregung. Mit Stefan führt sie die Bildungsdebatte weiter aus und spricht über die Folgen der ganzen Aufmerksamkeit.
Die ganze Folge auf MySpass: http://www.myspass.de/20767
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- Uff. Und was machen wir jetzt? (Nina K., ZEIT; 16.01.2015)
Was haben Gedichtanalysen mit dem Leben zu tun? Mit einem Tweet hat die 17-jährige Naina eine Bildungsdebatte entfacht. Wir haben ihr mehr als 140 Zeichen gegeben.


»Was wir für Fortschritte machen! Im Mittelalter hätten sie mich verbrannt, heutzutage begnügen sie sich damit, meine Bücher zu verbrennen.« (Sigmund Freud)

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