Dienstag, 28. April 2015

Nobelpreisträger Krugman warnt: Vorsicht vor dem Kleingedruckten in TTIP

Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman liest den TTIP-Fans die Leviten: TTIP ist “suspicious nonsense” – höchst suspekter Unsinn. Weil es keine vernünftigen Gründe für das Abkommen gibt, drängen sich unlautere Motive als Erklärung auf. Warum der Nobelpreisträger glaubt, dass sich böse Dinge im Kleingedruckten verstecken, verrät ein Blick in seine Kolumne.

In seiner Kolumne für die New York Times schreibt Paul Krugman, er sei eigentlich ein Freund des Freihandels. Mehr noch, er hält viele Befürchtungen von Kritikern für übertrieben. Aber er sagt auch: “Meine Nackenhaare stellen sich auf und mein Misstrauen wächst, wenn ich den Befürwortern zuhöre.”

Lobbyisten verbreiten absurde Behauptungen

Krugman verweist auf die Empfehlungen des Chefs des US-Unternehmensverbands Chamber of Commerce, Tom Donohue, für mehr Wachstum. Ganz oben auf der Liste der von dem Lobbyisten empfohlenen Maßnahmen, steht als allerhöchste Priorität der Abschluss der Abkommen TTIP und TPP (der transpazifischen Schwester). Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) schreibt “Von einem solchen Abkommen sind signifikante Wohlstandsgewinne zu erwarten.” Diese Behauptung, so Krugman, ist absurd und beunruhigend. “Denken Sie darüber nach: Das Hauptproblem der Weltwirtschaft zur Zeit ist mangelnde Nachfrage und drohende Deflation. Hilft Handelsliberalisierung auf dieser Front weiter? Nicht im geringsten!” Klar werde durch die Liberalisierung des Handels der Handel erleichtert, und damit würden die globalen Exporte steigen. “Aber die weltweiten Importe steigen haargenau im selben Umfang, und entsprechend sinkt auch die Nachfrage.” Oder anders gesagt: Durch mehr Handel ändert sich die Struktur der weltweiten Ausgaben, jeder Staat kauft mehr Produkte aus dem Ausland und weniger aus dem eigenen Land. Aber die Handelsabkommen erhöhen die weltweiten Ausgaben insgesamt nicht. Sie sind ungeeignet als kurzfristig wirksames Konjunkturprogramm.

mehr:
- Nobelpreisträger warnt: Vorsicht vor dem Kleingedruckten in TTIP (blog compact)

Ich frage mich: Für wen sind signifikante Wohlstandsgewinne zu erwarten?
Wieviele Waschmaschinen, Teppiche, Fernsehgeräte usw. werden mehr verkauft, wenn die Ladensöffnungszeiten von 18 auf 21 Uhr verlängert werden? Wieviele Emmentaler Käse, Schnitzel, Eier werden dann mehr gegessen? Erhöht sich der Konsum von Kaffee oder Joghurt?
Pro 1000 Socken, die aus China importiert werden, wird hier in Deutschland jemand arbeitslos, und der wird von der gesamten Gesellschaft bezahlt.
Wem nützt es, wenn VHV Hannover 150 Arbeiter »freisetzt« und dafür Zeitarbeitskräfte einstellt? (Massenentlassung VHV)?
Wem nützt Citypost? Das sind doch alles Milchmädchenrechnungen! Donnerstagnachmittag 15 Uhr spare ich 10 Cent. Aber über meine Steuern muß ich einen Arbeitslosen finanzieren.
siehe auch:
- Freihandelsabkommen – Demokratie gegen Manchester-Kapitalismus (Post, 25.04.2015)

Krugman schreibt:
»Zwar gehen Ökonomen davon aus, dass Liberalisierung grundsätzlich mehr Produktivität schafft, aber dieser Effekt ist nur dann bedeutend, wenn man von einem hohen Niveau des Protektionismus ausgeht. Wenn Zölle zum Beispiel von 40 Prozent auf 10 Prozent gesenkt werden, dann ist der Effekt in der Tat beachtlich. Aber die Zölle zwischen der EU und den USA sind bereits niedrig, im Durchschnitt 3 Prozent auf US-Seite und 5 Prozent an der EU-Außengrenze. Sie noch um ein Prozentchen zu senken gibt einen Effekt, der von statistischem Grundrauschen nicht zu unterscheiden ist.«

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