Sonntag, 20. September 2015

Bild-Zeitung und USA gegen die Welt: Schwanzus longus und Incontinentia oder: Die Angst innen und die Angst außen

„Diese Zeitung ist ein Organ der Niedertracht. Es ist falsch, sie zu lesen. Jemand, der zu dieser Zeitung beiträgt, ist gesellschaftlich absolut inakzeptabel. Es wäre verfehlt, zu einem ihrer Redakteure freundlich oder auch nur höflich zu sein. Man muss so unfreundlich zu ihnen sein, wie es das Gesetz gerade noch zulässt. Es sind schlechte Menschen, die Falsches tun.“ [ Max Goldt: Mein Nachbar und der Zynismus. In: Der Krapfen auf dem Sims. Alexander Fest Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-8286-0156-1, Seite 14. , zit. in Wikipedia]
Wir alle tragen Reste unbewältigter frühkindlicher Ängste in uns. Diese sind normalerweise in unserer Persönlichkeitsstruktur (oder in mehr oder weniger stabilen politischen, weltanschaulichen, religiösen oder esoterischen Überzeugungen) fest gebunden – wie in einem Tresor. In Zeiten, in welchen wir großen Belastungen ausgesetzt sind, kann dieser Tresor Schwachstellen bekommen. Und an diesen Schwachstellen dockt die Bild-Zeitung planmäßig an. Die Bild-Zeitung zeichnet ständig ein Bild der Welt als einer potentiell lebensgefährlichen – zumindest feindlichen – Umgebung und ruft so – mehr gewollt als ungewollt – die eingefrorenen Geister unserer als bedrängend wahrgenommenen frühkindlichen Umgebung wach, macht damit Stimmung und bedient sich ihrer.

- Presseratsrügen für „Bild“ (BildBlog, 20.07.2008)
Das Landgericht Berlin bescheinigte der „Bild“-Zeitung Ende 2002, es sei „gerichtsbekannt“, dass sie häufig persönlichkeitsrechtsverletzende Beiträge veröffentlicht“, die „oftmals sogar die Intimsphäre der Betroffenen“ verletze. Die Richter unterstellten Chefredakteur Kai Diekmann und der Zeitung ein Kalkül hinter den Rechtsverletzungen: Sie suchten „bewusst einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung anderer“.
Ein Busfahrer erleidet hinter dem Steuer einen Schlaganfall. „Bild“ veröffentlicht ein Foto des Fahrers auf der Intensivstation des Krankenhauses, nach Darstellung des Busfahrers ohne dessen Einwilligung. Zudem sucht ein Reporter des Blatts die Familie zuhause auf und fragt an der Tür den 14-jährigen Sohn aus, der mit der Situation offenbar überfordert ist. Als die Frau des Fahrers dazu kommt, erklärt sie dem Reporter, er solle die Familie in Ruhe lassen.

„Bild“ entgegnet später, der Fahrer habe nichts gegen ein Foto einzuwenden gehabt, der Sohn sei nicht befragt worden und die Frau des Fahrers sei zu einem Gespräch bereit gewesen. Der Presserat stellt dennoch fest, dass es „unbedingt notwendig“ gewesen wäre, auf den Abdruck des Fotos zu verzichten, damit der Fahrer nicht identifizierbar werde. Es habe kein öffentliches Interesse bestanden, das das Persönlichkeitsrecht des Busfahrers überlagert hätte. (Öffentliche Rüge)
 [Presseratsrügen für „Bild“ 2002 ● „Bild“ fotografiert auf der Intensivstation, 27.09.2005]
Ein Mann springt vor eine fahrende Straßenbahn. „Bild“ druckt einen Bericht mit der Überschrift „Er hat gerade einen Menschen überfahren“ und einen Pfeil auf das Foto des geschockten Fahrers, der von einem Feuerwehrmann zum Krankenwagen geführt wird. Seine Augenpartie ist mit einem Balken bedeckt.

Der Presserat kommt zu dem Schluss, dass durch die Aufmachung suggeriert werde, der betroffene Fahrer sei weniger Opfer des Vorgangs als selbst Täter. Trotz des Balkens sei er zudem für einen bestimmten Personenkreis erkennbar gewesen. (Öffentliche Rüge)
  [Presseratsrügen für „Bild“ 2002 ● „Bild“ macht Opfer zum Täter, 27.09.2005]

Der Leser wird besser verstehen, welche besondere Bedeutung die frühe Kindheit für die Psychoanalyse hat, wenn wir auf den Grundpfeiler der psychoanalytischen Lehre, auf das Unbewußte und seine spezifische Dynamik verweisen; denn ein Hauptcharakter des Unbewußten ist die Beziehung zum Infantilen – das Unbewußte ist das Infantile (Freud, VII, 401) [Hervorhebung von mir]
Mit der Freudschen Erkenntnis kam es zu einer Umkehrung der herkömmlichen Denkkategorien und dadurch zu einer tief gehenden Verunsicherung des Menschen. Freud konnte zeigen, daß das Unbewußte die Basis allen seelischen Erlebens ist.  [aus Dieter Eicke (Hrsg.), Tiefenpsychologie, Bd. 2, aus Kindlers »Psychologie des 20. Jahrhunderts«, Hervorhebung von mir]

Minimale Selbstbeherrschung macht sie zu einer wandelnden Zeitbombe, ihr Selbstbewusstsein ist gleich null, sie sind beständig Ängsten ausgesetzt und neigen dazu, alle Emotionen und Beziehungen mit fast unerträglicher Intensität zu erleben. Sie haben ein Schwarzweißbild ohne Zwischentöne von sich selbst, von ihren Mitmenschen und von der ganzen Welt. In ihrem Leben gibt es keine Stabilität. Sie stehen immer am Rand des Abgrunds und leben in einem Aufruhr der Gefühle, der sich nie beruhigt und der Nahestehende mit sich fortzureißen droht. Und hinter all der lärmenden Erregung verbergen sich Identitätsverlust und ungeheure Leere. [aus Yoram Yovell, Der Feind in meinem Zimmer, über die Borderline-Persönlichkeitsstörung]

Winnicott (1974, 1993, S. 74) führt weiter aus, daß das Baby ein unreifes Wesen sei, das ständig am Rande unvorstellbarer Angst stehe, die nur wenige Varianten habe, »von denen jede der Schlüssel zu einem Aspekt der normalen Entwicklung ist:
1. Zusammenbrechen,
2. unaufhörliches Fallen;
3. keine Beziehung zum Körper haben;
4. keine Orientierung haben.«
An anderer Stelle (Winnicott 1978, 1992, S. 32) ergänzt er: »Falsches Halten ruft im Kind extremes Unbehagen hervor; es ist die Grundlage für:
● das Gefühl des Zusammenbrechens,
● das Gefühl, unaufhaltsam zu fallen,
● das Gefühl, die äußere Realität sei zur Beruhigung nicht zu gebrauchen, und
● andere Ängste, die gewöhnlich als ›psychotisch‹ bezeichnet werden.«
Dieses sind Beschreibungen unspezifischer, diffuser, frei flottierender Ängste eines Säuglings, der zwar eine konkrete Gefahr nicht erkennen, sie auch nicht phantasieren kann, aber dennoch Angst vor dem »GAU« haben kann – ohne eine Idee, wie dieser »größte anzunehmende Unfall« aussehen könnte. Der einzige Schutz dagegen ist – Winnicott folgend – natürlich die »haltende Funktion«: Der Säugling braucht wie alle Primaten als »Tragling« das Gehaltenwerden. Ich meine also, daß ein Säugling durchaus eine Vernichtungsangst (i. S. einer diffusen Angst, wobei mit dem Zusatz »Vernichtung« eher auf das Ausmaß der Angst hingewiesen werden soll denn auf eine konkrete Vernichtungshandlung) haben kann und wahrscheinlich auch immer erlebt, denn er kann nicht ahnen, daß das Essen schon naht, wenn der Hunger bereits vorhanden ist, oder daß die Decke schon bereit liegt, wenn er zu frieren beginnt. Bei dem einen Säugling wird diese Angst ein »normales« Maß nie übersteigen, bei dem anderen hingegen fast ständig. Ich glaube nicht, daß die These von Winnicott deshalb als falsch gelten muß, weil er Wörter der »Erwachsenenwelt« verwendet hat – die der »Säuglingswelt« konnte er nicht verwenden, denn wir kennen sie nicht.
[Birger Dulz, Wut oder Angst – welcher Affektist bei Borderline-Störungen der zentrale?, Gesellschaft zur Erforschung und Therapie von Persönlichkeitstörungen GePs e.V.]


Da wir – natürlich – von unseren frühkindlichen Ängsten nichts wissen – die meisten von uns sind ja keine Borderliner (die fast ständig in einer solchen Bedrohung-Welt leben) –, sucht sich eine unbewußte Instanz in uns ein äußeres Objekt, welches diese inneren Ängste für uns verstehbar macht. Es ist wie mit der Henne und dem Ei: Für Otto Normalverbraucher sind die ausländischen Flüchtlinge die Ursache unserer Ängste, für mich als Psychotherapeut gibt es – ähnlich wie in der Borderline-Persönlichkeit – frei flottierende Ängste, die, um ihre Existenz erträglich zu machen, unbewußt an die – bzw. die an ein Objekt gebunden werden.

Ein Beispiel:
- BESTSELLER-AUTORIN ROCHE PROPAGIERT DAS RECHT DER FRAUEN AUF FURZEN, SCHMUDDELN UND WILDEN HAARWUCHS | Was treibt Sie zu Schamlos-Charlotte?, C. Weingärtner, Bild, 21.04.2008]: Genüßlich werden [literarisch nicht gerade tiefschürfende] Auszüge aus Roches Buch Kommentaren fiktiver junger Menschen gegenübergestellt,


BILD war dabei, fragte nach: Wer hört sich die fiesen Ekel-Details aus dem Intimbereich der Romanfigur Helen an? Einer der ersten Gäste ist Sebastian Gramm (24) aus Henstedt. Der Einzelhandelskaufmann ist spontan mit einem Kollegen da, sagt: „Eigentlich will ich aus dem Mund einer Dame nicht solche Dinge hören. Aber vielleicht kann man von Charlotte ja noch was über Frauen lernen.“
Nadja Schachteli (22) aus Eimsbüttel bezweifelt das. Die Studentin ist mit Freund Fabian (23) unterwegs, findet: „Einige Sachen sind wirklich ekelig. Es würde auch ohne die krassen Details funktionieren.“
 um dann am Ende des Artikels einen Link zu positionieren:
Anzeige: Feuchtgebiete von Charlotte Roche finden Sie hier im Shop!
Charlotte Roche hat ihre Erfahrungen mit der Bild-Zeitung gemacht:
- Auseinandersetzung mit der BILD-Zeitung [Wikipedia]
Vor ihrer für den 30. Juni 2001 in London geplanten Hochzeit verunglückte das Fahrzeug ihrer Mutter in Belgien. Auf dem Weg zur Feier starben ihre drei Brüder, die Mutter wurde schwer verletzt. Daraufhin soll ein Journalist, der sich Roche gegenüber als Bild-Mitarbeiter vorstellte, versucht haben, ein Interview mit ihr zu erzwingen, indem er damit drohte, andernfalls einen negativen Bericht über sie zu veröffentlichen. […] Bild brachte ferner im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihres Buches „Feuchtgebiete“ Schlagzeilen zum Thema wie „Was treibt Sie zu Schamlos-Charlotte?“[29] oder „Reich dank Sex-Buch – So ekelt Charlotte Roche ihr Konto voll“.[30] Dabei wurde von Bild unter anderem eine Literaturkritik verfälscht wiedergegeben, wodurch aus einer positiven Kritik von Roger Willemsen eine negative Aussage wurde.[31] Nachdem bereits 2001 gegen ihren Willen über ihre Familie berichtet worden war, beging Bild im Juni 2008 ihr gegenüber eine weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung. Unter Missachtung des Verbots einer (eigentlich schon 2003 geplanten) Veröffentlichung wurde ein Foto von ihr und ihrem Ehepartner in einem Artikel abgedruckt.[32]
Auf den ersten Blick enthält die Bild-Zeitung leichte Unterhaltung, Klatsch- und Skandalberichte.[65] Sie vermittelt dabei eine Weltsicht, die dramatisiert sowie auf Sensation fixiert dargestellt wird und im Rahmen wenig objektiver Berichterstattung von der Wirklichkeit abweicht (Fiktionalisierung).[66] Gleichzeitig ist die Bild-Zeitung wegen ihrer als polemisch empfundenen Art, dem Hang zur Vereinfachung und ihrer Sensationslust häufig der Kritik ausgesetzt. Kritik am Blatt, die es seit den 1960er Jahren gibt, nahm die Bild-Zeitung bisher nicht zum Anlass, die Art ihrer Berichterstattung zu ändern.[67] Die Bild-Zeitung ist mit einem beträchtlichen Negativ-Image behaftet. Dem Chefredakteur der Zeitung, Kai Diekmann, scheint durchaus bewusst zu sein, dass seine Zeitung immer wieder „schändliche Verfehlungen“ begeht. Er unterhielt mit dem NDR-Medienmagazin Zapp einen regelmäßigen Briefwechsel, in dem er derartige „Sünden“ als Themen für die Sendung vorschlägt.[68]Als unverantwortliche Stimmungsmache kritisierte der Paritätische Wohlfahrtsverband die Berichterstattung der Bild über vermeintlich zunehmende „Tricksereien“ durch Hartz-IV-Bezieher.[69]  [Bild (Zeitung), Öffentliche Meinung und Kritik, Wikipedia]
- Wer nicht für „Bild“ werben will, muss gegen Flüchtlinge sein (Moritz Tschermak, BildBlog, 17.09.2015)
»Für Kai Diekmann reicht das alles scheinbar nicht. Solidarität mit Flüchtlingen bedeutet für ihn, sich seinem Blatt zu beugen.«
- Bild-Chef Kai Diekmann wirft FC St. Pauli „kein Herz für Flüchtlinge“ vor und gerät in einen Shitstorm (meedia, 16.09.2015)
meedia: Twitter-Screenshot mit NYT-Link (In Germany, Migrant Aid Is a Team Effort, NYT, 09.09.2015)
Few take that responsibility more seriously than St. Pauli’s fans. Since 2004, the Ultras St. Pauli group has been visiting refugee camps around Hamburg, bringing clothes, food and lawyers to help the migrants navigate Germany’s complex asylum applications. [In Germany, Migrant Aid Is a Team Effort, NYT, 09.09.2015]
Django hat ein lustiges Video zu Diekmanns selbstherrlichen und plumpen Verhalten getwittert:

Brian [4:07]

Hochgeladen am 24.01.2007
Prian, nein nein Brian

ein journalistischer Treppenwitz:
- Mangelnde journalistische Sorgfalt: Bildblog löscht Artikel und entschuldigt sich bei Ex-Bild-Chef (meedia, 09.09.2015)
Publishing Die Meldung des Bildblog vom vergangenen Montag entbehrte nicht einer bizarren Komik: Udo Röbel, früher mal Chefredakteur der Bild-Zeitung, sollte auf seiner Seite Fairpress.biz in fragwürdigem Deutsch Brettspiele und Simulationsgames für Privatjetpiloten promoten. Das Problem an der lustigen Story: Röbel hat mit der Website nichts zu tun. Das Bildblog teilte ihm mit, dass man bei "Bild-Leuten" vor Veröffentlichung prinzipiell nicht nachfrage.
- Wie „Bild“ den Hass gegen Flüchtlinge schürt [14.08.2015]
Also wenn es in diesem Land jemanden gibt, der das „geschmacklose Spiel mit Angst und Vorurteilen“ beherrscht, dann ist das die „Bild“-Zeitung.
Quelle: BildBlog
Obwohl schnell klar war, dass die Schutzwesten nicht aus Angst vor den Flüchtlingen angeschafft wurden, sondern zum generellen Schutz der Rettungskräfte, und obwohl auch „Bild“ weiß, dass es in Wahrheit keine Vier-Sterne-Luxusbude mehr ist, sondern ein ausrangiertes Hotel ohne jeden Schnickschnack, und obwohl der Artikel mit diesen falschen Behauptungen nachweislich die Stimmung gegen Flüchtlinge anheizt, ist er immer noch online.
Ein anderes Beispiel. Anfang vergangener Woche erschien in „Bild“ Hamburg und bei Bild.de ein Artikel über den Hamburger Verkehrsbund (HVV):
Quelle: BildBlog

Mit dem internen Schreiben (hier im Wortlaut) habe der HVV lediglich der aktuell hohen Zahl von Flüchtlingen Rechnung tragen und die Mitarbeiter daran erinnern wollen, dass bei den Kontrollen Fingerspitzengefühl gefragt sei. Es sei auch nicht aus Angst vor schlechter Presse verschickt worden, sondern „aus Überzeugung“. Der HVV-Sprecher:
Ich kenne den Kollegen, der das Schreiben verschickt hat. Der hat vor Kurzem miterlebt, wie verängstigt einige Flüchtlinge waren, als sie, umringt von Uniformierten, am Bahnsteig kontrolliert wurden, da dachte er sich einfach: „Da muss man was tun“ und hat dann das Schreiben verschickt, um die Kollegen für die spezielle Situation zu sensibilisieren.
Das alles hätte der „Bild“-Reporter auch erfahren, wenn er beim HVV nachgefragt hätte. Aber das hat er laut HVV nicht.
So reißt „Bild“ das Dokument aus dem Zusammenhang und erweckt den Eindruck, die Flüchtlinge bekämen eine ungerechtfertigte Extrawurst.
Man genieße die Reaktionen (untere Hälfte der Seite) auf diesen Artikel… 
Quelle: BildBlog
Das ist nur eine winzige Auswahl. Auf der Facebookseite der Hamburger „Bild“ stehen noch über 900 weitere Kommentare, viele davon gehen in die gleiche Richtung. In den Sozialen Medien, in Foren und in analogen Diskussionen ist die „Nachricht“, dass „die Flüchtlinge jetzt sogar offiziell schwarzfahren dürfen“, zu einem weiteren Scheinargument geworden, mit dem der Hass genährt wird.

Auch der HVV habe aufgrund der Berichterstattung Dutzende Hassbriefe und -mails bekommen, sagte uns sein Sprecher, die meisten davon seien „offen rassistisch“.

Die Hütte brennt, „Bild“ schüttet Benzin nach, und Julian Reichelt steht davor und tut so, als wolle er löschen.

Mit Dank an Lars W. 


Siehe auch: Schlechte Presse, Lügenpresse und der HVV („Eimsbütteler Nachrichten“)
Unter dem Titel “HVV drückt bei Flüchtlingen ein Auge zu” berichtete vergangene Woche das Boulevard-Blatt Bild von dem Schreiben und lässt CDU-Politiker Dennis Thering zu Wort kommen. “Die ,Augen-zu-Anweisung‘ muss zurückgenommen werden”, fordert er und verbindet seinen Unmut mit einer kleinen Senatsanfrage. Autor Markus Arndt beendet seinen Artikel, der völlig ohne Nachfrage beim HVV auskommt, mit dem Hinweis, dass im monatlichen Taschengeld für Flüchtlinge ohnehin ein Teil für Fahrkarten vorgesehen sei. Im Unterton schwingt mit: Geflüchtete bekommen ohnehin genug Geld von uns. Und jetzt dürfen die auch noch ohne Ticket fahren? Das Resultat solcher “Berichterstattung”: Hasskommentare in den sozialen Netzwerken. Die “Lügenpresse” wird verdächtigt, die Wahrheit zu verschweigen.

Nachtrag, 17. August: Julian Reichelt hat auf unsere Kritik reagiert. Nur verstanden hat er sie nicht.

mein Kommentar: wundert das noch jemanden?


Wie „Bild“ den Hass gegen Flüchtlinge schürt (2), Mats Schönauer, BildBlog, 17.08.2015
„Bild“-Online-Chef Julian Reichelt hat unseren Beitrag „Wie ‚Bild‘ den Hass gegen Flüchtlinge geschürt“ gelesen und bei Facebook einen langen Kommentar dazu geschrieben, der von den vielen guten Taten der „Bild“-Zeitung außerhalb der „Bild“-Zeitung handelt.
Reichelt schreibt zum Beispiel:
In der syrischen Provinz Aleppo betreiben wir mit „Ein Herz für Kinder“ mehrere Schulen, in denen nahezu ausschließlich Flüchtlingskinder betreut werden. Wir bezahlen Lehrer, Schulbücher, Zelte, Heizkosten, um das letzte bisschen Alltag aufrecht zu erhalten, das diesen Kindern geblieben ist.
[…]
Wenn Mats Schönauer und Stefan Niggemeier auch nur einen Funken von dem Anstand hätten, den sie uns absprechen, würden sie sich für ihre üblen, völlig haltlosen Unterstellungen entschuldigen. Aber das wird nicht passieren.

Stimmt: wird es nicht. Aber nicht aus mangelndem Anstand, sondern weil Julian Reichelt unseren Text offenkundig nicht verstanden hat. Wir werfen „Bild“ und ihm ja nicht vor, „Flüchtlingshasser“ zu sein. Sondern den Hass zu schüren, indem sie bewusst Fakten verschweigen oder verdrehen, um aufregende Schlagzeilen präsentieren zu können — die dann wiederum in Sozialen Netzwerken und den Köpfen vieler Leser die Stimmung gegen Flüchtlinge anheizen.

Es geht nicht um das persönliche Engagement von Reichelt und seinen Kollegen. Es geht um die publizistische Verantwortung der „Bild“-Zeitung. 
[Wie „Bild“ den Hass gegen Flüchtlinge schürt (2), Mats Schönauer, BildBlog, 17.08.2015; Hervorhebung von mir]
Insofern kann Verantwortung nicht auf eine juristische Ebene beschränkt werden. Der Begriff enthält auch immer eine moralische Konnotation.[24] Wer Verantwortung trägt, kann sich nicht alleine auf formale Vorschriften berufen, er muss auch den Geist der Aufgabe erfassen und erfüllen. In diesem Sinn erstreckt sich Verantwortung auch auf Haltungen und Einstellungen.[25] Während die Pflicht auf einen einseitigen Anspruch, eine hierarchische Beziehung, begrenzt ist, beruht Verantwortung auf einer Einstellung, die Gegenseitigkeit beinhaltet.[26]   [Zum Begriff der Verantwortung, Wikipedia]

Unter journalistischer Verantwortung ist zu verstehen, daß ich nicht nur die Versorgung Notleidender organisiere und - wie im Falle von Bild – darüber aufwühlend berichte, sondern auch kritisch darauf hinweise, daß für die Situation in Syrien die USA in hohem Maße mitverantwortlich sind:

1. durch die »Freisetzung« der Gefolgsleute von Sassam Hussein (worauf Wladimir Putin in seiner Rede auf dem Valdai-Forum hingewiesen hat) 
Wie ist es zu erklären, daß diese berüchtigte sogenannte ISIS zu einer gewaltigen de facto Armeegruppierung werden konnte?

Was deren finanzielle Zuströme angeht, so sind das zum heutigen Tag nicht nur Einkünfte aus dem Drogengeschäft, deren Produktion übrigens im Verlauf der Stationierung der internationalen Kräfte in Afghanistan nicht nur um ein paar Prozent, sondern um das Vielfache gestiegen ist. Das wissen wir alle. Sondern diese Finanzen resultieren auch aus dem Verkauf von Erdöl, das in Gebieten das von Terrosten kontrolliert wird, gefördert wird. Sie verkaufen es zum Spottpreis. Sie fördern und transportieren es ungehindert. Aber es gibt ja solche, die es kaufen, weiterverkaufen und daran verdienen, ohne darüber nachzudenken, daß sie damit Terroristen finanzieren, die früher oder später auch auf ihr Gebiet kommen werden. Und sie werden kommen, um die Saat des Todes in ihren Ländern auszusäen.

Und woher kommen neue Rekruten? Im Irak sind infolge des Sturzes Saddam Husseins staatliche Institutionen, einschließlich der Armee, zerstört worden. Wir haben es damals noch gesagt: Seid vorsichtig! Wohin habt ihr diese Leute vertrieben? Auf die Straße. Und was sollen sie dort machen? Vergeßt nicht: Ob es gerecht oder ungerecht war, aber sie saßen an den Hebeln eines nach regionalem Maßstab durchaus großen Staates. Und wohin treibt ihr sie? Was haben wir als Ergebnis? Zehntausende Soldaten und Offiziere, ehemalige Baath-Partei-Aktivisten, die auf die Straße gesetzt worden sind. Und sie sind es, die heute die Einheiten der Rebellenbanden auffüllen. Vielleicht ist es ja das, worin das Geheimnis der Operationsfähigkeit der ISIS besteht. Sie handeln vom militärischen Gesichtspunkt aus sehr effektiv. Wir haben es mit wirklichen Profis zu tun. Rußland hat mehrfach vor einseitigen gewaltsamen Aktionen, vor Einmischung in die Angelegenheiten souveräner Staaten, vor dem Anbandeln mit Extremisten und Radikalen gewarnt und darauf bestanden, daß man jene Gruppierung, die gegen die syrische Zentralregierung vorgeht, vor allem die ISIS, Aktivisten (?) terroristischer Organisationen sind. Und was war das Ergebnis? Es gab keine Reaktion.

Mitunter bekommt man den Eindruck, daß unsere Kollegen und Freunde ständig mit den Ergebnissen ihrer eigenen Politik kämpfen.
[Putin hat gesprochen! Howgh!, Post, 26.10.2015]
Ähnlich wie bei der Bild ähnelt das Geberen der USA aggressivem Borderline-Verhalten:
- Fundgrube – Helmut Schmidt: Wie gefährlich ist Amerika? (Post, 29.08.2015) 
Für den Frieden der Welt geht von Russland heute viel weniger Gefahr aus als etwa von Amerika. Das können sie ruhig so drucken. [West Wing: Wie gefährlich ist Amerika?, SPON, 19.11.2007]
- Isis-Konflikt: Die USA haben die neue Irak-Krise selbst ausgelöst (Stephan Richter, ZEIT Online, 27.06.2014)
Die neue Krise war also vorhersehbar. Dennoch reagieren die USA wieder einmal reflexartig: mit an Panik grenzendem Aktionismus und variantenreichen Schuldzuweisungen, die vom eigenen Versagen ablenken wollen. Das ist eine fatale Tradition – und einer vermeintlichen Vormacht unwürdig.
Die US-Republikaner mögen sich wenden und drehen, wie sie wollen, und ihrem Lieblingssport nachgehen, Barack Obama als dummen Jungen auszumachen. Der hat alles andere als saubere Hände. In die Geschichtsbücher aber werden die Republikaner und die Bush-II-Regierung eingehen als die Zerstörer einer Jahrtausende währenden, wenn auch stets fragilen regionalen Balance am Persischen Golf. Der Irak hat dort stets eine wichtige Pufferfunktion erfüllt.
Dessen ungeachtet gießen die Republikaner schon wieder fleißig Öl in dieses Feuer.
- Zwei Sätze zu Syrien (Post, 09.09.2013)
- Bundeswehr Ursula von der Leyen stellt Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen in Frage (Christoph von Marshall, Tagesspiegel, 21.03.2015)
UPDATE Noch muss der Bundestag bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr zustimmen. Eine Europäische Armee könnte das ändern. „Es kann sein, dass wir das deutsche Recht ändern müssen“, sagt die Verteidigungsministerin.

und
2. die direkte finanzielle und militärische Unterstützung des IS
- IS-Kommandeur im Verhör: „Der IS wird über die USA finanziert“ (Wilhelm von Pax, NeoPresse, 29.01.2015)
- Wir Amis / US-Überwachung : Wir sind keine Freunde (Eric T. Hansen, ZEIT Online, 29.10.2013)
Spionage unter Freunden geht nicht? Deutschland muss lernen, wie Beziehungen zwischen Staaten funktionieren: Partner, wenn es vorteilhaft ist – Konkurrenten immer.

Angstmacher NRA: Die raffinierte Propaganda der US-Waffenlobby [2:17]

Veröffentlicht am 18.03.2013
Wer in den USA bei einem Privatverkäufer eine Waffe ersteht, wird nicht vom FBI überprüft - das soll sich nun ändern, fordert Präsident Obama. Die NRA wehrt sich gegen eine Gesetzesverschärfung.

»Keine Organisation auf der ganzen Welt hat mehr Geld investiert, um für Amerikas Sicherheit zu sorgen.«
mein Kommentar: Das Schlimme ist, daß diese Leute daran glauben, was sie sagen!

Eine kurze Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika [3:12]

Hochgeladen am 08.04.2009
Micheal Moore's Film "Bowling for Columbine" enthält die zusammenfassung der kleinen Geschichte von Amerika. Diese Animierte Version erzählt in kurzer Zeit alles was man wissen muss. Warum die Amerikaner alle Waffen tragen, warum sie immer Angst haben und warum es den Ku-Klux-Klan gibt. Eine sehr schöne, lustige Geschichte....
mehr Dokumentationen auf.


Der Westen gewann die Weltherrschaft 
nicht durch die Überlegenheit seiner Ideen 
oder Werte oder Religion, 
sondern vielmehr durch seine Überlegenheit 
bei der Anwendung organisierter Gewalt. 
(Samuel Phillips Huntington, 1927-2008, US-amerikanischer Politikwissenschaftler und Autor)


Wagenknecht und Bartsch: Linke nennen USA Hauptverursacher der Flüchtlingskrise (SPON, 06.09.2015)
Die stellvertretenden Linksfraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch geben den USA einen großen Teil der Schuld für die Flüchtlingskrise, wenn nicht sogar die größte. "Westliche Staaten unter der Führung der USA haben ganze Regionen destabilisiert, indem sie unter anderem Terrororganisationen möglich gemacht und instrumentalisiert haben", heißt es in einem Positionspapier der beiden designierten Vorsitzenden der Linken im Bundestag. Es soll am Montag der Fraktion vorgelegt werden.

"Mörderbanden, wie zum Beispiel der Islamische Staat (IS), wurden indirekt unterstützt und auch von mit Deutschland verbündeten Ländern ungehindert mit Geld und Waffen beliefert. Millionen Menschen wurden so brutalen Kriegen und Bürgerkriegen ausgesetzt."
- „Terroristisches Watergate“ – Freigegebener US-Geheimdienstbericht belegt Förderung des IS durch USA und Verbündete (RT deutsch, 26.5.2015)
Sieben Seiten umfasst ein nun freigegebenes Dokument des Geheimdienstes des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums Defence Intelligence Agency (DIA) aus dem August 2012, viele Passagen sind zensiert. Doch der Inhalt des ehemals als geheim eingestuften Berichtes ist brisant. So heißt es darin unter Anderem:
„Es gibt die Möglichkeit der Schaffung eines sich konstituierenden oder nicht offiziell erklärten salafistischen Kalifats im Osten Syriens, und das ist genau das, was die Unterstützer der [syrischen] Opposition [also die USA und ihre Verbündeten] wollen, um das syrische Regime zu isolieren und die schiitische Expansion im Irak durch Iran einzudämmen.“
Und mit Blick auf den Irak:
„Dies schafft ideale Voraussetzungen für die Rückkehr von ‚Al Qaida im Irak‘ [AQI, ISI] in ihre früheren Enklaven in Mosul und Ramadi. Und einen neuen Impuls, den Jihad der irakischen und syrischen Sunniten sowie der übrigen Sunniten der arabischen Welt gegen die ‚Abtrünnigen‘ – das was als Feind wahrgenommen wird – zu vereinigen. Der ISI könnte, durch seinen Zusammenschluss mit anderen Terror-Organisationen im Irak und Syrien, auch einen ‚islamischen Staat‘ ausrufen…“
Das Dokument, welches auf Grund der Klage des US-amerikanischen Watchdogs Judical Watch herausgegeben wurde, belegt damit nicht nur, dass die USA und ihre Verbündeten über die Entstehung des „Islamischen Staates“ frühzeitig Bescheid wussten – nichts desto trotz zeigte man sich im Sommer 2014 medial und politisch überrascht, ob der neuen terroristischen Gefahr – der DIA-Bericht zeigt auch, dass als Folge des strategischen imperialen US-Interesses die Westmächte den Aufbau des Kalifats sogar begrüßten, um einen Gegenpol zu dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad aufzubauen.
Der Journalist und Nahost-Experte Jürgen Todenhöfer bezeichnet die neuen Erkenntnisse gar als „terroristisches Watergate“ und führt aus:
„Der Inhalt des Geheimdokuments verschlägt einem die Sprache. Ein Friedens-Nobelpreisträger als Terror-Pate! Der Westen an der Seite des internationalen Terrorismus! Als wissentlicher Förderer des internationalen Terrorismus! Des ISI! Das ist die bittere Realität.
[…]
Obama und der Westen wussten früh, wer in Syrien wirklich kämpft und welche weltweite terroristische Gefahr aus ihrer Politik erwuchs. Während sie der Welt das übliche Märchen erzählten, sie kämpften für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, unterstützten sie gezielt terroristische Organisationen.“
  […] Die USA und der IS, in der Tat eine unappetitliche Mischung. Die Vorgehensweise erinnert stark an die geopolitische Strategie der USA, die Stratfor-Chef George Friedman jüngst in Bezug auf Russland und Deutschland bekannt gab. So schreiben die Deutschen Wirtschafts Nachrichten:
„Die Strategie folgte laut Middle East Eye den Überlegungen der RAND Corporation, die schon vor Jahren empfohlen hatte, man möge die unterschiedlichen Glaubensrichtungen der Muslime gegeneinander ausspielen. Wenn sich Schiiten und Sunniten gegenseitig bekämpfen, gäbe dies der US-Regierung die Möglichkeit, ihren Einfluss in der Region zu vergrößern. Die Strategie ist als „divide et impera“ („teile und herrsche“) gut bekannt und seit jeher fester Bestandteil aller politischen Aktivitäten.“
mein Kommentar: ts, ts, ts, immer diese propagandistischen Russen-Medien…
- Springer Presse: „Solidarität mit den Vereinigten Staaten von Amerika“ (Wilhelm von Pax, NeoPresse, 31.07.2014)
Das schlimmste Bekenntnis ist jedoch ist „die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.“ Mit dieser Phrase verabschiedet sich Springer vollkommen vom Journalismus. Von Objektivität kann hier auf keinen Fall mehr die Rede sein. Eine „Unterstützung des transatlantischen Bündnisses“ mit all seinen medial-inhaltlichen Folgen ist eine grundsätzliche Tendenz und Einseitigkeit die dem „Journalismus“ komplett dem Boden nimmt.
Erst vor kurzem veröffentlichte die Otto Brenner Stiftung eine Studie die überaus deutlich der BILD Zeitung den Journalismus aberkennt. […]
- Studie der Otto-Brenner-Stiftung Irre: BILD ist gar keine Zeitung (taz, 06.04.2011)
Das Blatt, so argumentieren in ihrer Studie "Drucksache Bild" die Autoren Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz, ist nämlich eher Mechanik und Meinungsmache-Paternoster als Zeitung. "Bild ist im Kern kein journalistisches Medium", schreiben Arlt und Storz.

Das Blatt bediene sich zwar "des journalistischen Handwerks" - aber nur manchmal. Und dann auch "nie, um Ziele des Journalismus zu verfolgen, sondern nur, wenn es den eigenen Zwecken nützt". Wer Bild nur anhand journalistischer Kriterien untersuche, "verfehlt Wesentliches - als ob das Wichtigste an einer Kuh ihr Fell wäre." Denn Bild geht es nicht um Journalismus - sondern um plakative Botschaften.
Dazu passend werden in Bild auch stets die Gesprächspartner ausgesucht. Hierbei kommt es der Redaktion nicht auf deren Stellung im politischen Leben oder ihre Fachkompetenz an, "sondern auf deren Bereitschaft, dasjenige öffentlich zu sagen, was ins Konzept beziehungsweise die Kampagnenführung von Bild passt". Damit liegen die Autoren richtig - und erklären auch gleich die große Beliebtheit von Bild bei Hinterbänklern: Der FDP-Medienpolitiker Burkhard Müller-Sönksen schafft es beispielsweise immer mal wieder mit kruden, durch nichts belegte Aussagen auf die vorderen Seiten.

Da erklärt Müller-Sönksen dann zum Beispiel, ARD und ZDF würden durch die Reform der GEZ-Gebühr ab 2013 weitere Milliarden scheffeln. Das ist zwar Quatsch, passt aber prima ins Welt-Bild vom auf Kosten der Allgemeinheit gemästeten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und erfreut ganz nebenbei die Privatsender, mit denen Bild längst nicht nur bei Themen wie "DSDS" oder "Germany's next Top-Model" in schönster Symbiose lebt.

Dabei setzt Bild, wie der Boulevardjournalismus insgesamt, auf radikale Vereinfachung. Und diese wenigen Botschaften werden - wie die von den faulen Griechen, die es sich auf Kosten des deutschen Michels gut gehen lassen - "über Wochen hinweg in verschiedenen Formen (Interviews, Aktionen, Kommentare, Berichte) in inhaltlich und sprachlich vertrauten Variationen wiederholt", stellen Arlt und Storz fest. Und das sei eindeutig "ein Instrument der Werbung, der werblichen Kampagnenführung und keines des Journalismus", der nun mal das Ziel hat, Neues und vor allem Differenziertes zu liefern.
WIE BILD DAS MACHT ...
Um die Methodik von BILD transparenter zu machen, stellten die Macher der Otto Brenner Stiftung ihre "Drucksache 'Bild'" noch mal so vor, wie BILD da vermutlich rangegangen wäre. Hier die Seite 2 mit dem Aufmacher "Panik - Gib uns Orientierung!" (als pdf). Mehr dazu hier auf der Website der Macher.
[…] Auftragggeber der Studie ist die gewerkschaftsnahe Otto-Brenner-Stiftung, die auch den Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus vergibt. Volltext und Material unter www.bild-studie.de.  
siehe auch:
- Studie: Otto Brenner Stiftung erkennt Bild den Journalismus ab (meedia, 10.06.2014)
- Otto-Brenner-Stiftung über "Bild" – Ines ist traurig (Claudia Tieschky, Süddeutsche Zeitung, 10.06.2014)
- Presse / Springer – Monument geschaffen (SPIEGEl-Archiv, 19.01.1970)
Monumental ist die vielfältige Lebensessenz des Hamburger Verlegers freilich nicht wegen stilistischer Brillanz oder weltanschaulicher Spannweite, sondern vielmehr, weil Springer seine persönliche Philosophie dem ganzen Riesen-Konzern (Jahresumsatz: eine Milliarde Mark; 12 000 Beschäftigte) als ein, wenn auch weitmaschiges Korsett aufgezwungen hat.

Denn die Satzung verpflichtet den geschäftsführenden Vorstand (Alleinvorstand der Springer-AG: Peter Tamm). Dieser muß die vier Springer-Essentials zumindest in die Arbeitsverträge "der Redakteure schreiben, wenn er diese Verpflichtung einhalten will. Die Satzung kann außerdem nach dem Aktiengesetz nur von einer Dreiviertel-Stimmenmehrheit der Aktionäre wieder verändert werden -- das heißt: Springer könnte 74,9 Prozent seiner Aktien -- "kleckerweise oder im großen" (Erdl) -- verkaufen, ohne daß an seine vier Prinzipien gerührt werden könnte. Erdl: "Das ist doch der Clou der Geschichte."

Eine derart perfekte, die Familienerben wie alle Angestellten, künftige Partner wie die Unternehmensgremien verpflichtende weltanschauliche Ausrichtung für alle Ewigkeit hat es – von der gleichgeschalteten Presse des Dritten Reiches abgesehen – bei deutschen Zeitungskonzernen bisher nicht gegeben.


»[…] und ich weiß, dass ihr im ers­ten Se­mes­ter lernt, dass das Me­di­um die Bot­schaft ist. Oder, noch mal an­ders ge­sagt, dass es kein “Gutes im Schlech­ten” gibt. Das heißt: ich weiß, dass ihr wisst, und ich weiß, dass ihr drauf scheißt.

Die BILD-​Zei­tung ist kein au­gen­zwin­kernd zu be­trach­ten­des Trash-​Kul­tur­gut und kein harm­lo­ses “Guil­ty Plea­su­re” für wohl­fri­sier­te Auf­stre­ber, keine wit­zi­ge so­zia­le Re­fe­renz und kein Li­fes­tyle-​Zi­tat. Und schon gar nicht ist die Bild-​Zei­tung das, als was ihr sie ver­kau­fen wollt: Hass­ge­lieb­tes, aber wei­test­ge­hend harm­lo­ses In­ven­tar eines ei­gent­lich viel schlaue­ren Deutsch­lands.

Die Bild­zei­tung ist ein ge­fähr­li­ches po­li­ti­sches In­stru­ment – nicht nur ein stark ver­grö­ßern­des Fern­rohr in den Ab­grund, son­dern ein bös­ar­ti­ges Wesen, das Deutsch­land nicht be­schreibt, son­dern macht. Mit einer Agen­da.«
[Judith Holofernes, Die Anfrage / Die Antwort, WirsindHelden, 24.02.2011]

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