Panama Papers Die neuen Enthüllungen von Steuerhinterziehung und Geldwäsche sind Symptom einer Wirtschaftsform, in der Leistung nichts und Kapital alles ist
Mit wem anfangen? Mit Sergey Roldugin, dem Freund des russischen Staatschefs Vladimir Putin? Mit Lionel Messi? Oder doch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko?
Die Antwort auf diese Frage hat schon am Vorabend der Veröffentlichung der "Panama Papers" durch das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) der Schweizer Whistleblower Rudolf Elmer gegeben, bei Anne Will: Es geht hier in Sachen Steuerhinterziehung und Geldwäsche nicht um „die Namen, sondern das System als solches“.
Kritik an der SZ
Das ist noch der einzige Punkt, an dem die etwa vom Portal Meedia geäußerte Kritik am publizistischen Vorgehen der Süddeutschen Zeitung in dieser Causa ein wenig nachvollziehbar erscheint: Ja, bekannte Köpfe und große Namen – gerade der des russischen Präsidenten – machen große Schlagzeilen, bringen Klicks und Verkäufe; die komplexen Faktenzusammenhänge dahinter laufen Gefahr, in der öffentlichen Debatte an Gewicht zu verlieren. Und wenn eines nicht passieren darf, dann ist es das: Die ganze Sache als ein Problem etwa der russischen oder ukrainischen Oligarchie abzutun, noch dazu mit dem erhobenen moralischen Zeigefinger des Westens.
Derlei Verkürzung eignet sich schon allein deshalb nicht, weil die Ursprünge Panamas als Steueroase in seiner Entstehungsgeschichte angelegt sind, wie ein Artikel des Tax Justice Network vor Augen führt: Unter Regie der nach Kontrolle über den Panama-Kanal strebenden USA wurde das Gebiet Anfang des 20. Jahrhunderts von Kolumbien abgetrennt, um als neuer Staat schon bald zur Registrierstelle für Schiffe des Standard-Oil-Konzerns zu werden, der damit US-amerikanischer Steuerpflichten und Regulierungen zu entgehen suchte. Später folgte die Wall Street ins neue Eldorado. Heute ermöglicht es nicht zuletzt die hohe Ungleichheit, Schein-Geschäftsführer aus den armen Stadtvierteln und Gegenden abseits der in Lateinamerika einzigartigen Skyline des Finanzdistrikts der Hauptstadt zu rekrutieren, die dann verantwortlich zeichnen für die von der Kanzlei Mossack Fonseca vermittelten Briefkastenfirmen der Superreichen aus Übersee.
mehr:
- Eine Welt voller Oligarchen (Sebastian Puschner, der Freitag, 04.04.2016)
siehe auch:
- Studie: Ultrareiche der Welt werden noch reicher (Post, 21.11.2014)
- Panama Papers - Was ans Licht muss (Post, 04.04.2016)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen