Montag, 5. Juni 2017

Am deutschen Wesen… oder Die politisch korrekte Form des Faschismus

72 Jahre haben wir auf diesen Moment gewartet: Nach Energiewende und Flüchtlingswende steht jetzt die Friedenswende und damit die endgültige Heiligsprechung Deutschlands ins Haus. 

Seit Längerem habe ich das Gefühl, in einer Zeitschleife zu leben. Ich bin ein Kind der Siebzigerjahre. Das ist das Jahrzehnt, in dem ich aufwuchs und politisiert wurde, wie das damals hieß. Wie jeder älter werdende Mensch sehe ich mit Unbehagen, dass der Abstand zu dem, was mich bewegte und prägte, wächst. 


Ich hätte mir keine Sorgen machen müssen, dass ich den Anschluss verliere. Alles, was ich aus den Siebzigern kenne, ist wieder da: die Angst vor dem ökologischen Untergang. Das Gefühl, dass einem die Mächtigen nicht die Wahrheit sagen und die Medien einen nur belügen. Die Bezüge zu George Orwell und seiner berühmten Überwachungsdystopie "1984" (wobei ich gestehen muss, dass ich nie auf die Idee gekommen wäre, einen Hänfling wie Heiko Maas in der Rolle des Big Brother zu sehen. Das ist wirklich mal eine überraschende Besetzung!). 

Seit einer Woche ist Deutschland auch wieder Friedensmacht. Nachdem die Bundeskanzlerin in einer Rede vor Parteianhängern Deutschlands sicherheitspolitische Unabhängigkeit erklärte, überschlägt sich das Berliner Establishment mit Vorschlägen, wie man der neuen Feindnation USA am besten beikommt. In der Stunde der Not gibt es keine Parteien mehr, nur noch Patrioten. Wir sollten uns dem amerikanischen Präsidenten "mit allem, was wir vertreten, in den Weg stellen", befand Martin Schulz stellvertretend für die Sozialdemokraten.
mehr:
- Gegen Trump: Wir, die moralische Supermacht (Jan Fleischhauer, SPON)

mein Kommentar:
Na sowas, da werde ich ja richtig durcheinander. Der SPIEGEL-Fleischhauer redet so über die Mächtigen und die Medien? Da richtet ja Trump auch was Gutes an!
Ein Teil von jener Kraft,
Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.
Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär's, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz, das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.
 [Johann Wolfgang von Goethe: Faust: Eine Tragödie - Kapitel 6, Studierzimmer, gefunden beim Projekt Gutenberg]

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