Endlich hat Bob Dylan seine Nobelpreisrede abgegeben. Und dann das: Der Barde hat abgeschrieben – aus einer Interpretationshilfe für Schüler. Fraglos ein Geniestreich!
"Elias Canetti did not deliver a Nobel Lecture." Diesen kurzen Satz liest man beiläufig auf der offiziellen Website des Nobelpreiskomitees. Im Fall Dylan ging es anders, denn um seine Rede hat man einen großen medialen Tanz gemacht. Erst fünf Tage vor Ablauf der Frist hat der Barde den von ihm selbst gelesenen Text in Form eines Videos mit Klavierbegleitung in Stockholm abgegeben. Ansonsten, so hat es geheißen, wäre ihm das Preisgeld nicht ausbezahlt worden. Echt jetzt?
Geht man so mit einem Nobelpreisträger um? Setzt man ihm Fristen und zwingt ihn zu einem Vortrag oder einer Vorlesung, die er möglicherweise gar nicht halten will? Vom Verhalten Dylans war das ehrwürdige Komitee schnell genervt. Nachdem der Ausgezeichnete nach Zuerkennung des Preises ein zu lang gedehntes akademisches Viertelstündchen gebraucht hatte, um für die Akademie erreichbar zu sein, richtete ihm eines ihrer Mitglieder, Per Wästberg, via Presseagentur aus: "Wenn er (Dylan) sich in nächster Zeit, sagen wir innerhalb des nächsten Monats, nicht melden würde, dann fände ich das unhöflich und arrogant." Eine Privatmeinung eines einzelnen Jurors, beeilte sich die Akademie klarzustellen.
Kurzes Glück verbreitete sich in den heiligen Hallen, nachdem Dylan seine lecture endlich abgegeben hatte. Sara Danius, die Vorsitzende des Literaturnobelpreiskomitees, sprach von einem "außerordentlichen" und "eloquenten" Text und zeigte sich darüber erfreut, dass das "Abenteuer Dylan" damit zu Ende gehe. Ein bisschen klang das so, als wollte sie einen renitenten Schüler loben.
mehr:
- Bob Dylan: Der Lümmel aus der letzten Reihe (Ein Kommentar von Klaus Kastberger, ZON, 15.06.2017)
siehe auch:
- Endlich: Bob Dylan kriegt den Literaturnobelpreis – »The way we look at the world…« (Post, 13.10.2016)
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