Replik auf die Replik von Stephan Schleim: Um über das Leib-Seele-Problem reden zu können, muss man sich zunächst darüber einigen, wovon man überhaupt spricht
Ich danke dem geschätzten Kollegen Stephan Schleim für seine klärenden Ergänzungen "Körperist Geist"zu meinem Essay "Denken mit Leib und Seele".
In vielen Punkten sind wir uns bemerkenswert einig. So etwa im Beharren auf einer soliden kritischen Erkenntnistheorie, die Schleim seinen Lesern vor ziemlich genau einem Jahr in Erinnerung rief "[…] der Punkt ist, dass das mit Händen Gefühlte, die Temperatur und sogar auch die Gummibälle uns wiederum nur als Phänomene gegeben sind. […] [S]owohl das psychische Phänomen als auch das biologische Substrat könnten, metaphysisch gesprochen, zwei verschiedene Seiten einer uns unbekannten Substanz sein. Oder um es mit Kant zu sagen: Das 'Ding an sich' können wir nicht erkennen."
Umgekehrt stimme ich ihm zu, dass Sprache im Allgemeinen, und insbesondere die Neigung der deutschen Sprache zum Substantivieren, das Denken auf Irrwege leiten können. Denker wie auch Stilisten deutscher Sprache haben seit langer Zeit propagiert, dass man die Prozesse der Welt, statt in Substantiven, besser in Verben ausdrücken sollte (hier eine sehr elegante Arbeit dazu). Es wäre vielleicht eine zwar schwierige, aber auch lohnende Arbeit, eine Philosophie des Geistes zu entwickeln und dabei auf Substantive (und Substantivierungen) zu verzichten.
Denn gewiss können Substantive Verpackungen ohne Inhalt (oder mit sehr variablem, kaum umgrenztem Inhalt) sein. Mir scheint nur, dass diese Kritik von Stephan Schleim für meinen Artikel nicht sehr relevant ist: Was Schizophrenie ist, ist mir hier ziemlich egal; die Rolle des Ruhezustandsnetzwerks ist auch unabhängig davon beschrieben worden. Dass "Bewusstsein" ein Omnibuswort ist, sage ich selbst. Die Worte "Leib, Seele, Körper, Geist" habe ich nicht in die Diskussion eingeführt, aber sie spielen für die Argumente zu "Qualia" und mentaler Verursachung auch keine Rolle; dort spreche ich, ebenso wie Schleim, wo mentalen und physischen Prozessen.
mehr:
- Geist? Welcher Geist? (Konrad Lehmann, Telepolis, 04.06.2017)
Samstag, 10. Juni 2017
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