Freitag, 6. Oktober 2017

G20-Nachbereitung: Pleiten, Pech und Pannen

Jetzt wurde bekannt, dass Behörden in Akten Seiten schwärzten oder gleich ganz entfernten sowie Daten komplett löschten 

Die Nachbereitung der Vorfälle um den G20-Gipfel Anfang Juli 2017 in Hamburg gestalten sich mehr als schwierig. Zwar bildete die Hamburgische Bürgerschaft einen Sonderausschuss, doch in dazu erforderlichen Akten wurde kräftig geschwärzt und z. T. fehlen die meisten Seiten. Die Hamburger Linksfraktion spricht von "Sabotage".

Das Berliner Landeskriminalamt (LKA) löschte gar Daten eines Fotografen vollständig, dem zu Unrecht die Akkreditierung während der Protestwoche entzogen worden war. Das verunmöglicht die Feststellung, ob die Speicherung der Daten überhaupt rechtens war.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Christiane Schneider, staunte nicht schlecht, als sie sich die Akten anschauen wollte: "Ich habe am Montag die Ordner mit den 'Abschlussmeldungen' der BAO Michel sowie Lageinformationen und weiteren unbekannten, weil entnommenen, Dokumenten für die Tage vom 2. bis 9. Juli 2017 studiert. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Im Ordner für den 2. Juli wurden 73 von 88 Seiten entfernt. Im Ordner für den 6. Juli waren es 60 von 87 Seiten, hier wurden außerdem knapp 16 Seiten aus den 'Abschlussmeldungen' geschwärzt, darunter auch die zweieinhalb Seiten zur Demonstration 'Welcome to Hell'", schreibt sie in einer Pressemitteilung. Die Polizeiführung verwehre die Einsicht und mache so den Sonderausschuss lächerlich.

Laut Hamburger Morgenpost räumte Polizeisprecher Ulf Wundrack ein, dass "unter massivem Zeitdruck" vermutlich mehr Stellen als nötig geschwärzt worden sei. Das sei "lächerlich", konterte die LINKEN-Politikerin auf ihrem Facebook-Profil.

»Spätestens seit dem 12. Juli WEISS die Polizei durch den Beschluss der Bürgerschaft, dass ein Sonderausschuss gebildet wird. Die Akten, von denen hier die Rede ist, wurden am Freitag, den 29.9., geliefert, ca. 11 Wochen nach der Beschlussfassung. Mit dem einstimmig beschlossenen Aktenvorlageersuchen hat der Sonderausschuss deutlich gemacht, was genau er u.a. sehen will. Zum Beispiel: 'Einsatzkonzeption und vorbereitende Materialien/Erkenntnisse (Lagebilder, Bedrohungsanalysen, Erkenntnisse auch anderer Behörden wie Bundespolizei, BMI und VS; hierzu wird sich der Senat im Rahmen der Aktenvorlage mit den Verantwortlichen anderer Behörden über die Herausgabe abzustimmen haben), Maßnahmen im Vorfeld.' Soweit ich das bisher beurteilen kann, wurde sowas alles geschwärzt oder entnommen. Und zwar systematisch.
Christiane Schneider
mehr:
- G20-Nachbereitung: Pleiten, Pech und Pannen (Birgit Gärtner, Telepolis, 05.10.2017)

siehe auch:
- Anti-Aufklärung im G20-Sonderausschuss – Mantra vom guten Gipfel (taz, Datum unbekannt)
- Sonderausschuss zu G-20: Schwarzes Papier (taz, Datum unbekannt)
- Geschwärzte G20-Akten: Polizei will nacharbeiten (NDR, 04.10,2017)
- Vertuschung nach G20-Gipfel: Landeskriminalamt soll Akten geschwärzt haben (RTDeutsch, 04.10.2017)
- Sicherheitskonzept riskierte Menschenleben (Blog-Beitrag aus der Freitag-Community, 02.10.2017)
- G20-Krawalle: Sonderausschuss der Bürgerschaft startet die Aufarbeitung (Hamburger Morgenpost, 21.09.2017)
- „Wir haben mehr geschwärzt als notwendig war“ (Denis Fengler, Per Hinrichs, N24, 21.09.2017)
- Warum wir einen PUA brauchen (Max Bryan, Freitag-Community, 19.09.2017???)
- Nachlese zum G20-Gipfel – Wrestling vs. schonungslose Analyse (Post, 18.08.2017)
- Aufräumarbeiten nach dem G20-Gipfel: Was würde geschehen, wenn… (Post, 23.07.2017)

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