Sonntag, 28. Januar 2018

Im Zweifel für den Zweifel: Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Kino Martin McDonaghs „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ ist ein seltsamer, bodenloser Film

Am Ende ist sich keiner mehr sicher. Da sitzen die Hauptfigur Mildred Hayes (Frances McDormand) und der allmählich zur zweiten Hauptfigur gewordene gefeuerte Polizist Jason Dixon (Sam Rockwell) im Auto und bestätigen sich das: Beide sind sie sich nicht sicher, ob das, was sie da gemeinsam vorhaben, eine gute oder richtige oder schlechte oder falsche oder sittliche oder amoralische Sache ist. Die Entscheidung wird vertagt – gewissermaßen in den Abspann hinein. Mit dieser letzten Einstellung geht ein Film zu Ende, der zwei Stunden lang damit befasst war, einen umfassenden Zustand des Zweifels herzustellen und uns, dem Publikum, zu servieren.

Am Anfang waren sich alle noch sicher über das, was sie taten, und darüber, dass es das Richtige sei. Alle, das sind die Bewohner der Kleinstadt Ebbing in Missouri; allen voran Mildred, die zu Beginn mit zielsicherem Westernschritt in eine heruntergekommene Werbeagentur hineinstürmt, um dort mit einem Dollarknäuel drei gigantische Reklametafeln am Ortseingang zu mieten – für ein ganzes Jahr.

Schwarz auf blutrotem Hintergrund ist auf diesen titelgebenden drei Billboards bald Folgendes zu lesen: „Vergewaltigt während des Sterbens / Noch immer keine Verhaftung / Wie kann das sein, Polizeichef Willoughby?“ Und auch wenn jeder im Ort die Trauer und die Wut einer Mutter nachvollziehen kann, deren Tochter vergewaltigt und ermordet worden ist, bekommt Mildred von ihren Mitbürgern wenig Zuspruch für diese Aktion. Sie will dadurch die örtlichen Behörden zwingen, die Ermittlungen im schon Monate zurückliegenden Fall der toten Tochter weiterzutreiben und den Täter zu finden – anstatt nur die Füße auf den Tisch zu legen, was niemand besser beherrscht als Woody Harrelson, der den derart angeprangerten Polizeichef Willoughby spielt.

Willoughby hat Krebs und nicht mehr lange zu leben – und nun bekommt er auf seine letzten Tagen einen vor den Latz geknallt. Auch der Polizeichef ist sich ziemlich sicher über das, was er tut, wenn er bald eine ganze Reihe von Abschiedsbriefen kuvertiert und sich dann – die Kinder noch ein letztes Mal ins Bett gebracht, die Ehefrau noch mal geknutscht – im Pferdestall die Kugel gibt.

mehr:
- Being Trump (Lukas Stern, der Freitag 04/2018)
Quelle: Wikipedia
siehe auch:
- Immer zwischen die Beine, sicherheitshalber (Hanns-Georg Rodek, Welt, 25.01.2018)
- Im Kino: „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“: Auge um Auge, Wort um Wort (Christiane Peitz, Tagesspiegel, 25.01.2018)
- "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri": Ein Städtchen sieht rot ()
- So tickt der Süden (Rupert Koppold, Kontext, 24.01.2018)
- Oscarfavorit "Three Billboards...": Eine Frau voller Feuer und Zorn (Hannah Pilarczyk, SPON, 24.01.2018)
- Oscar-Favorit in der Kritik: Die Frau hat eine Idee (Verena Lueken, FAZ, 24.01.2018)
- "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri": Ein weiblicher John Wayne (Christoph Schröder, ZON, 22.01.2018)
- "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri": Zwischen die Beine (Lars Weisbrod, ZON, 17.01.2018)

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