Freitag, 23. Februar 2018

Deutsche mehrheitlich unzufrieden und ängstlich? – öffentliche und veröffentlichte Meinung

Nach einer Umfrage erleben viele Deutsche einen Kontrollverlust, der durch Nationalismus und Rechtsruck kompensiert wird

Nicht nur der SPD geht es in Deutschland schlecht. Nach einer Umfrage, für die 5000 Wahlberechtigte vom Berliner Politikforschungsinstitut Policy Matters für die Böckler Stiftung im Januar/Februar und April/Mai 2017 befragt wurden, herrscht im Land zunehmend miese Stimmung. Das vor allem in der Mittelschicht und den unteren sozialen Schichten, die abgehängt sind oder fürchten, abgehängt zu werden. Es soll etwa die Hälfte der Gesellschaft betreffen, die von einer "Ambivalenz wirtschaftlicher Stabilität und neuen sozialen und kulturellen Unsicherheiten geprägt" sei.

"Gefühle von Ohnmacht, Frustration und Enttäuschung haben insgesamt zugenommen", sagen Rita Müller-Hilmer, Richard Hilmer und Jérémie Gagné von Policy Matters. Diagnostiziert wird ein "Kontrollverlust". Das könnte mithin auch der Grund sein, warum 2015 während der "Flüchtlingswelle" der "Kontrollverlust" des Staats viele Verunsicherte so geängstigt hat, so dass sie als Ausgleich zur eigenen erlebten oder befürchteten Schwäche oder Ohnmacht einen starken, autoritären Staat erwarten. Und wenn der, verkörpert durch die Regierung und vor allem Angela Merkel, dann auch als schwach erscheint, entsteht Wut.

Für die Studie "Soziale Lebenslagen" wurden mit der Umfrage Werte und Einstellungen zu Staat und Gesellschaft, Politik, Parteien und Gewerkschaften sowie konkrete Lebens- und Arbeitsbedingungen ermittelt. Interessant ist, dass man die Ergebnisse dieser Umfrage mit denjenigen vergleichen kann, die sich bei der ersten derartigen Umfrage 2006 ergeben haben. Danach gab es deutliche Veränderungen in den vergangenen 10 Jahren. So hätten die Tendenzen zur Vereinzelung zugenommen, "während zur Kompensation konservative Haltepunkte wie Nationalstolz und Recht und Ordnung an Bedeutung gewinnen". Es vertieft sich nicht nur die Kluft zwischen Einkommen, sondern auch die zwischen Weltoffenheit und Abschottung.

mehr:
- Trotz Wirtschaftswachstum: Die Menschen in Deutschland sind mehrheitlich unzufrieden und ängstlich (Florian Rötzer, Telepolis, 21.02.2018)

siehe auch:
- Die Machtarroganz des Systems Merkel (Alexander Marguier, Cicero, 03.01.2018)
- Wo wollen wir leben? (Benjamin Knödler, Der Freitag, 26.10.2017)
- Wovon Deutschland lernen kann (Christian Geinitz, FAZ, 24.10.2017)
- Rechtsruck beim Magazin „Cicero“: Ein neuer Ton (Anne Fromm, taz, 02.07.2016)
- Europa driftet nach rechts: Systemfrage Mensch (Post, 05.06.2016)
Unwort des Jahres: Lügenpresse (Post, 24.01.2016)
Krone-Schmalz kritisiert mangelnde Pressefreiheit in Deutschland (Stefan Korinth, Telepolis, 15.10.2015)

Russlandexpertin Gabriele Krone-Schmalz | alpha-Forum | ARD-alpha [43:35]

Veröffentlicht am 06.10.2015
Sie berichtete als erste Frau für die ARD aus Moskau. Seit 2000 ist sie Mitglied des Lenkungsausschusses im "Petersburger Dialog". 2015 erschien ihr Buch "Russland verstehen. Der Kampf um die Ukraine und die Arroganz des Westens"
Bayerischer Rundfunk: http://www.br.de
»[…], dann darf es keine solche Kluft zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung geben, sonst läuft das irgendwann vor die Wand« [ab 21:45]

Die nicht demokratisch gewählten „Volksvertreter“ im NDR-Rundfunkrat: Fiese Finten der ARD (Volker Bräutigam, Neue Rheinische Zeitung, 18.01.2015)
- 5 Thesen zum Misstrauen gegen Medien (Post, 19.12.2014)
- Deutschland hat Merkel verdient oder Wahlkampf im Pädophilie-Gulli (Post, 19.09.2013)
- Rechtsruck in den Niederlanden (FAZ, 10.06.2010)

Fantasia/Zauberlehrling {5:27}

Veröffentlicht am 08.06.2013
LS

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