Dienstag, 1. Mai 2018

Die Eisenbahner-Streiks in Frankreich

Mit Tai Chi gegen die politische Ökonomie der Ordonnances – die Eisenbahner-Streiks in Frankreich

Die „Methode Macron“ beruht auf einer simplen Devise: „Ihr diskutiert, ich entscheide“. Das hat bislang funktioniert – etwa bei der Reform des Arbeitsrechts, bei der die Regierung Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften zu getrennten Verhandlungen einlud und schließlich mit „Verordnungen“ („Ordonnances“) am Parlament vorbei genau das durchsetzte, was sie sich vorgenommen hatte. Das Parlament hatte am Schluss nur noch die Alternative, das Reformpaket abzunicken oder es ganz zu verwerfen. Parlamentarische Debatten oder Änderungsanträge sind in der auf Effizienz umgestellten Regierungsmaschine Macron unter dem Decknamen „Demokratie“ nicht mehr vorgesehen. Jean Baptiste de Montvalon bescheinigte Macron deshalb „Bonapartismus in seiner Art zu regieren“ (Le Monde vom 27. Februar 2018).

Das Regieren mit Verordnungen ist verfassungsrechtlich hoch umstritten, denn der Artikel 38, der die Anwendung regelt, ist für Ausnahmesituationen und Notfälle gedacht. Diese Ansicht vertrat auch Macron vor seiner Wahl zum Präsidenten, als er dem regierenden Premierminister Manuel Valls öffentlich widersprach, als dieser das Arbeitsrecht mittels Verordnungen durchdrückte.

Jetzt hat sich die Regierung von Édouard Philippe vorgenommen, die staatliche Eisenbahngesellschaft SNCF zu sanieren, d.h. teilweise zu privatisieren und das 1920 erkämpfte beamtenähnliche Eisenbahnerstatut zu liberalisieren, d.h. abzuschaffen. Das bisherige Statut sieht für 140.000 SNCF-Beamte Sonderregelungen für das Pensionsalter und eine faktische Unkündbarkeit vor. Zudem sieht es Kompensationen für Sonderbelastungen des Eisenbahnpersonals (Nacht- und Sonntagsdienste, Ortswechsel) vor, die gemeinhin als „Privilegien“ denunziert werden. Die Reform soll die SNCF auf die Öffnung der Bahninfrastruktur für private Anbieter vorbereiten. Aber die beiden Hauptprobleme der Staatsbahn – der durch Sparprogramme herbeigeführte Investitionsstau und der Schuldenberg von 55 Milliarden Euro mit einer jährlichen Zinslast von rund einer Milliarde – löst das Reformvorhaben nicht. Das Projekt stieß sofort auf den geschlossenen Widerstand der vier bei der SNCF vertretenen Gewerkschaften (CGT, CFDT, FO und SUD Rail).


mehr:
- Ni Macron, ni Privatisation (Rudolf Walther, Links-Netz, April 2018)


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