Gestern gegen 14 Uhr MEZ kam es über den Ticker: die schwedische Staatsanwaltschaft habe ihre Voruntersuchungen zum Vergewaltigungsvorwurf gegen Julian Assange ein weiteres Mal eingestellt. Dies war im August 2010, fünf Tage nachdem die Vorwürfe erhoben wurden, zum ersten Mal geschehen, nachdem die schwedische Staatsanwältin Eva Finné mangels Anfangsverdacht nicht ermitteln wollte. Julian Assange hat die Vorwürfe immer bestritten und ausgesagt, der Sex mit den beiden Frauen habe einvernehmlich stattgefunden. Dann hatte die Staatsanwältin Marianne Ny die Ermittlungen weitere fünf Tage später wieder aufgenommen, um sie im Frühjahr 2017 erneut einzustellen.
Julian Assange hatte in der Zwischenzeit Asyl in der ecuadorianischen Botschaft beantragt und im Sommer 2012 erhalten, weil er eine Auslieferung über Schweden an die USA wegen seiner Enthüllungen über diese fürchtete. Nachdem ihm das Asyl am 11. April dieses Jahres entzogen worden war, wurde er von der britischen Polizei aus der Botschaft geschleppt und in das Hochsicherheitsgefängnis in Belmarsh verbracht, wo er seitdem einsitzt, bis zum 22.9. aufgrund einer Haftstrafe wegen Kautionsvergehen im Zusammenhang mit den nie zur Anklage gekommenen Vorwürfen aus Schweden.
Noch am selben Tag stellten die USA, wie von Assange befürchtet, einen Auslieferungsantrag an das Vereinigte Königreich. Dies nachdem die USA und GB jahrelang behauptet hatten, es gäbe kein Verfahren gegen ihn. Deswegen dauert seine Haft auch nach dem 22.9. an. Am 13. Mai kündigten die schwedischen Behörden die Wiederaufnahme des Verfahrens wegen Vergewaltigung auf einer Pressekonferenz an, aber am 3. Juni weigerte sich ein Haftrichter in Uppsala, Assange in Abwesenheit festzunehmen und empfahl den Strafverfolgern, Julian Assange in Belmarsh, auf dem Präsentierteller der Briten, zu befragen. Die ist nie geschehen und stattdessen wurden nach 9 Jahren Zeugen erneut befragt.
Nun stellt die Staatsanwältin Eva-Marie Persson das Verfahren erneut ein, nicht ohne noch nachzutreten und zu sagen, dass die Kläger und Zeugen alle glaubhaft seien, aber nach fast 10 Jahren die Erinnerungen schwinden würden. Sehr verwunderlich, hat sie doch Akten von damals zur Hand, in denen die Aussagen der Beteiligten, inklusive Julian Assange, schwarz auf weiß und frisch nachzulesen wären.
mehr:
- Erstes Verfahren gegen Assange eingestellt, während Londoner Richterin behauptet, nichts zu sagen zu haben … (Moritz Müller, NachDenkSeiten, 20.11.2019)
siehe auch:
- Antwortschreiben des schwedischen Außenministeriums auf das Schreiben von Nils Melzer vom 12.09.2019 (Post, 12.11.2019)
- Causa Assange: Die USA auf dem Weg zur Pax americana (Post, 12.11.2019)
- 9 Jahre lang Vergewaltigungsvorwürfe gegen Julian Assange am Köcheln halten: Alle Achtung! (Post, 05.11.2019)
Ihr Gesicht [das der Richterin Vanessa Baraitser, Anmerkung von mir] zeigte eine Abfolge von Verhöhnung und gebieterischer Gleichgültigkeit; sie sprach Julian mit einer Arroganz an, die mich an einen Bezirksrichter erinnerte, der der Rassen-Klassifizierungsbehörde von Südafrika vorstand. Als Julian um Worte rang, konnte er sich kaum artikulieren, er stolperte selbst über seinen eigenen Namen und sein Geburtsdatum.Ein Leserkommentar zum drei Tage zuvor erschienenen Artikel von Craig Murray bei Consortium News:
Als er die Wahrheit aussprach und als sein Anwalt das Wort ergriff, demonstrierte Baraister Langeweile; als dagegen der Staatsanwalt sprach, war sie aufmerksam. Sie hatte nichts zu tun; alles war nachweislich schon vorher eine ausgemachte Sache. Am Tisch vor uns saß eine Handvoll US-amerikanischer Beamter, deren Anordnungen eine Gehilfin des Staatsanwalts an diesen weitergab; diese junge Frau lief andauernd hin und her und überbrachte die Anweisungen.
Die Richterin sah diesem Skandal kommentarlos zu. Das Ganze erinnerte mich an eine Wochenschau eines Schauprozesses in Stalins Moskau; der Unterschied lag nur darin, dass die sowjetischen Schauprozesse übertragen wurden. Hier jedoch ging der staatliche Rundfunk, die BBC, stillschweigend über den Prozess hinweg, genauso wie die anderen Mainstream-Sender.
Nachdem sie die Tatsachen-Beschreibung von Julians Anwalt ignoriert hatte, wonach die CIA eine spanische Sicherheitsfirma betrieben hatte, die Julian in der ecuadorianischen Botschaft ausgeschnüffelt hat, gähnte sie zwar nicht, aber ihr Desinteresse war genauso prononciert. Sodann verweigerte sie Julians Anwälten mehr Zeit, um sich auf den Prozess vorzubereiten – obwohl man ihrem Klienten im Gefängnis den Empfang rechtlicher Unterlagen und anderer Instrumente, um sich selbst zu verteidigen, verwehrte.
Ihr heftigster Schlag in die Magengrube bestand dann in der Ankündigung, dass die nächste Anhörung im abgelegenen Woolwich stattfinden würde, welches an das Belmarsh-Gefängnis angrenzt und das nur über wenige Plätze für die Öffentlichkeit [nachdem, was ich herausfinden konnte, vier oder fünf, Anmerkung von mir] verfügt. Da kann man die Angelegenheit in Abgeschiedenheit abhandeln und so einem Geheimprozess möglichst nahekommen. Hat sich das in der Heimat der Magna Carta zugetragen? Ja, aber wer hätte das ahnen können?
[Moritz Müller, Julian Assange: „Was können wir sonst noch tun?“, NachDenkSeiten, 31.10.2019]
»I was in court and every word of this by Craig Murray is the truth. I add that when the judge told a distressed Assange that future hearings would be at Belmarsh ‘so that you won’t have so far to travel’ it was one of the most chilling things I’ve seen.«
»Ich war im Gerichtssaal, und jedes Wort von Craig Murray darüber entspricht der Wahrheit. Ich füge hinzu: Als der Richter einem beunruhigten Assange mitteilte, künftige Anhörungen würden in Belmarsh stattfinden, ‘so dass Sie nicht so weit reisen müssen’; dies eine der kältesten Ausagen war, die ich mitbekommen habe.«
[Leserkommentar John Rees, Oct 22, 2019 (@JohnWRees) zu: Craig Murray, Assange Displayed Signs of Torture in Courtroom Farce, Consortium News, 22.10.2019 – Google-Übersetzer]
- Julian Assange: Das kollektive Medien-Schweigen zur Folter oder Das Abwürgen der Meinungsfreiheit (Post, 31.10.2019)
Im Jahr 2015 haben wir in vier Ländern einen Antrag auf Zugang zu den Unterlagen gemäß dem Freedom of Information Act gestellt: Australien, das Land, in dem Assange geboren wurde; England, wo er seit 2010 ist, nachdem er explosive geheime Dokumente über die US-Regierung veröffentlicht hat; die Vereinigten Staaten, in denen er für die WikiLeaks-Veröffentlichungen angeklagt ist; Schweden, wo er in einer Vergewaltigungsuntersuchung endete, die am 20. August 2010 eröffnet wurde, am 25. August 2010 schloss, am 1. September 2010 wieder öffnete, am 19. Mai 2017 wieder schloss und schließlich am 13. Mai 2019 und danach wieder öffnete ist noch im Gange und befindet sich nach neun Jahren in der Vorstufe.
Unser Versuch, auf die Dokumente zuzugreifen, wurde in jeder Gerichtsbarkeit behindert und stark verzögert. Die wenigen Dokumente, die wir bisher erhalten haben, haben es uns jedoch ermöglicht, wichtige Informationen zu ermitteln. Sie liefern unbestreitbare Beweise für die Rolle des Vereinigten Königreichs bei der Schaffung des rechtlichen und diplomatischen Sumpfes, der Julian Assange seit 2010 willkürlich in Haft gehalten hat, wie von der Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierung der Vereinten Nationen (UNWGAD) eingerichtet. Tatsächlich war es die britische Staatsanwaltschaft, die die schwedischen Staatsanwälte von der einzigen gerichtlichen Strategie abhielt, die die schwedische Vergewaltigungsuntersuchung schnell hätte zum Abschluss bringen können: Assange in London zu befragen, anstatt ihn nach Stockholm auszuliefern. Es war die Kronstaatsanwaltschaft, die 2013 die schwedischen Staatsanwälte davon abzubringen versuchte, den Fall fallen zu lassen. Schließlich schrieb die Kronstaatsanwaltschaft an ihren schwedischen Amtskollegen: "Bitte denken Sie nicht, dass der Fall nur als ein anderer behandelt wird Auslieferungsantrag "gestellt und wichtige Dokumente vernichtet, obwohl der Fall noch andauert und sehr kontrovers ist.
Als wir versuchten, Licht in diese Tatsachen zu bringen, um zu verstehen, warum die britischen Behörden so gehandelt haben und warum der Fall Assange nicht "nur ein weiteres Auslieferungsersuchen" war, stießen wir so sehr auf eine echte Gummimauer, dass wir dazu gezwungen wurden verklagen Sie den Crown Prosecution Service.
Unser erstes Rechtsmittel an das Londoner First Tier Tribunal wurde abgelehnt : Der Richter stellte fest, dass die Presse kein Recht auf Zugang zu den Unterlagen hat, da die britischen Behörden die Vertraulichkeit des Auslieferungsprozesses stärker wägen als das öffentliche Interesse der Presse kennt.
Richter Edward Mitchell hat heute unser Rechtsmittel beim Upper Tribunal zurückgewiesen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht klar, wer in der Lage sein wird, Transparenz und Kontrolle in den Fall Assange zu bringen, da dies der Presse nicht gestattet ist.
[Stefania Maurizi, la Repubblica, 14.09.2019 – Google-Übersetzer – Original]
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