Durch ein peinliches Versehen ist bekanntgeworden, dass die USA im Geheimen rechtliche Schritte gegen Julian Assange angestrengt haben. Der Wikileaks-Chef befindet sich wegen der Publikation von Geheimakten und seiner Kollaboration mit Russland im Visier der Behörden.
Die amerikanischen Justizbehörden haben eine Anklage gegen den Leiter der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, erhoben oder zumindest vorbereitet. Dies geht aus Justizakten hervor, die im August irrtümlich vor Gericht eingereicht worden waren und in der Nacht auf Freitag durch einen Zufall ans Licht kamen. Demnach hat die Bundesstaatsanwaltschaft in Virginia versehentlich die Akten zweier Fälle durcheinandergebracht. Eigentlich zur Geheimhaltung vorgesehene Papiere im Fall Assange leitete sie zusammen mit einer völlig anderen Eingabe an das zuständige Gericht weiter. Der Lapsus wurde von einem in Washington tätigen Wissenschafter entdeckt und über Twitter publik gemacht – mit einem Augenzwinkern: Das Studium von Gerichtsakten sei billiger als ein Zeitungsabonnement, meinte der Justizexperte.
Anklagepunkte unbekannt
Die Umstände der Enthüllung sind skurril, der Hintergrund des Strafverfahrens ist jedoch ernst: Die amerikanische Justiz hat den gebürtigen Australier Assange im Visier, weil er über seine Enthüllungsplattform Hunderttausende von diplomatischen Depeschen sowie geheimen Akten aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak veröffentlicht hat. Diese Dokumente waren Wikileaks vom amerikanischen Soldaten Bradley Manning (heute bekannt unter dem Namen Chelsey Manning) zugespielt worden.
Zudem veröffentlichte die Enthüllungsplattform vor zwei Jahren während des Präsidentschaftswahlkampfs in den USA gestohlene E-Mails der Demokratischen Partei. Diese Dokumente waren laut Erkenntnissen der amerikanischen Justizbehörden von Hackern des russischen Militärgeheimdiensts GRU erbeutet und daraufhin an Wikileaks übermittelt worden. Assange, ein erklärter Gegner der damaligen demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, liess sich auf diese Weise von Moskau einspannen und leistete dem heutigen Präsidenten Donald Trump indirekte Schützenhilfe. Welche konkreten Anklagepunkte Assange zur Last gelegt werden, geht aus den nun durchgesickerten Akten jedoch nicht hervor.
mehr:
- US-Staatsanwalt enthüllt irrtümlich Anklage gegen den Wikileaks-Gründer Julian Assange (Andreas Rüesch, NZZ, 16.11.2018)
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